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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klester Cavalcanti
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Blick hinein und sagte:
    »Sie sitzen am Tresen und trinken Bier. Es dauert bestimmt nicht mehr lange.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Júlio.
    »Zwei Tische sind frei. Wenn sie länger bleiben wollten, hätten sie sich an einen Tisch gesetzt.«
    Cícero behielt recht. Eine Viertelstunde später kamen die beiden Männer heraus, verabschiedeten sich voneinander und gingen ihrer Wege.
    Zuvor hatte Cícero Júlio angewiesen, zu Aníbals Haus zu gehen.
    »Warum?«
    »Wenn er sich dir nähert, verwickle ihn in ein Gespräch«, sagte Cícero.
    »Aber was soll ich sagen?«
    »Was weiß ich, irgendwas. Frag ihn einfach etwas, damit er stehen bleibt und mit dir spricht. Denk dir was aus. Du bist schlau genug, dir wird schon was einfallen.«
    In Imperatriz wurde es dunkel. Júlio starrte die Straße hinunter und dachte angestrengt darüber nach, wie er Aníbal stoppen konnte, ohne ihn die Gefahr wittern zu lassen, aber es wollte ihm einfach nichts einfallen. Schließlich bog Aníbal um die Ecke und kam auf ihn zu. Er wusste noch immer nicht, wie er ihn ansprechen sollte. Fünfzig Meter hinter Aníbal tauchte Cícero auf. Mit jedem Schritt des Mannes wurde Júlio nervöser. Als er auf etwa fünfzehn Meter herangekommen war, ging Júlio auf ihn zu und fragte:
    »Wissen Sie, wo ich Cola kaufen kann?« Júlio sah ihm nicht in die Augen.
    »Wie bitte? Sprich langsam, Junge«, sagte Aníbal.
    »Ich möchte eine Cola kaufen. Können Sie mir sagen, wo?«
    »Na klar, gleich da hinten ist eine Bar. Du musst nur rechts um die Ecke…«
    Ein trockenes Krachen unterbrach die Unterhaltung. Júlio starrte auf den harten Lehmboden der Straße und sah Aníbal vor seinen Füßen zusammenbrechen, der Nacken des Mannes war blutüberströmt. Verschreckt tat er einen Schritt zurück. Cícero zerrte ihn mit sich und sie rannten davon. Zwei Straßen weiter bogen sie links ab und blieben stehen. Cícero zog sein kariertes Hemd aus, sodass er nur noch im weißen Unterhemd dastand, dann befahl er Júlio, ebenfalls Hemd und Hut auszuziehen. Sie stiegen aufs Fahrrad. Cícero trat ruhig in die Pedale, als wäre nichts geschehen, und war erstaunlich gelassen. Júlio aber wurde das Bild von dem Mann nicht los, der blutüberströmt vor seinen Füßen gelegen hatte. Wie konnte der Onkel nur so unbeschwert bleiben, nachdem er eben einem Menschen das Leben genommen hatte? Das war zuviel der Gefühlskälte. Oder war es Mut? Júlio hielt sich am Sattel fest und beobachtete das Treiben auf den staubigen Straßen. All diese Menschen hatten bestimmt keine Ahnung, was es hieß, jemanden umzubringen. In ihrem gewöhnlichen Leben war für so viel Risiko und Aufregung gar kein Platz. Ungewollt überkam ihn Stolz, Teil dieser aufregenden Geschichte gewesen zu sein. Nach einem langen Tag auf der Spur von Aníbal hatten er und der Onkel den Auftrag erfolgreich erledigt. Und noch wichtiger war, dass sie keine Aufmerksamkeit erregt hatten. Cícero fragte ihn, wie er Aníbal dazu gebracht hatte, auf der Straße stehen zu bleiben.
    »Ich habe ihn gefragt, ob er wüsste, wo ich eine Cola kaufen könnte.«
    »Wunderbar, Julão. Du bist viel klüger, als ich dachte.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Selbstverständlich, die Geschichte mit der Cola war prima. Du bist für diese Art von Arbeit geboren. Du hast Talent.«
    Es gefiel Júlio nicht, wie der Onkel ihn zum geborenen Mörder erklärte, aber die Vorstellung, ein besonderes Talent zu haben, fühlte sich trotzdem gut an.
    Er übernachtete beim Onkel, sie aßen Reis mit Spiegelei und unterhielten sich bis spät in die Nacht. Als Júlio schlafen ging, hatte ihn der Onkel überzeugt, Berufsmörder zu werden. Die Argumente schienen ihm plausibel. Als Pistoleiro würde er reisen, neue Orte kennenlernen, aufregende Geschichten erleben und noch dazu gut verdienen. Für die Ermordung Aníbals zum Beispiel hatte Cícero fünfhundert Cruzeiros verlangt. An nur einem Tag verdiente er mehr als die Hälfte von dem, was Júlio in drei Monaten am Araguaia zusammengespart hatte. Das Hinrichtungsgeschäft mochte eine verflixte Sache sein, aber der Lohn schien das immerhin auszugleichen. Sogar Júlios Angst, verhaftet zu werden, wischte der Onkel beiseite, er wüsste, dass die Polizei sich in diesen Gegenden nicht mit den Pistoleiros anlegen würde. Als er kurz vor dem Einschlafen in seiner Hängematte lag, war sich Júlio sicher, dass die Welt der Pistoleiros seine Zukunft sein würde.
    Am nächsten Morgen sah er den Onkel in der Küche

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