Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
aufgenommen wurde, die ihn angezeigt hatte. Alles, was die Frau sagte, wiederholte der Offizier, damit der Protokollant es zu Papier bringen konnte. Nicht ganz eine Stunde später kam der Polizist, der Lucianos und Alzimaras Haus durchsucht hatte, zurück und sagte, die Frau sei tatsächlich umgebracht worden, mit einem Schuss in den Kopf.
»Und der Mann der armen Frau?«, fragte der Offizier.
»Nachbarn haben beobachtet, wie er das Haus verließ, aber er ist immer noch nicht zurück«, antwortete der Polizist.
In dieser Nacht sollte Júlio zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben gefoltert werden. Immer noch an die Gitterstäbe der Zelle gefesselt bekam er Fußtritte, Fausthiebe und Stockschläge vom Polizeioffizier und seinen Untergebenen. Ein Fausthieb riss ihm die Oberlippe auf und hinterließ den bitteren Geschmack von Blut in seinem Mund. Estevão Gomes sagte, erst wenn er alles gestehe, würden die Prügel aufhören. Doch Júlio behauptete weiter, er sei unschuldig. Lieber wollte er sterben, als gestehen, dass er die Frau umgebracht hatte. Als die Sonne aufging, hörten sie endlich auf.
»Wir kommen später wieder, dann unterhalten wir uns weiter«, sagte der Offizier mit breitem Grinsen.
Júlio wollte ihm antworten, aber er hatte keine Kraft mehr dazu. Sein Rücken und sein Bauch brannten vor Schmerz. Seine Oberlippe hörte nicht auf zu bluten. Seine Beine waren von dem stundenlangen Stehen taub, sein Körper war völlig zerschunden. Er glaubte zu träumen, als er plötzlich die Stimme seiner Frau hörte. Er war in einem Schwebezustand, die Augen geschlossen, die Ellenbogen, so gut es ging, auf die Gitter gestützt, den Kopf in den Handflächen verborgen. Doch ihre Stimme würde er jederzeit und überall erkennen. Er hörte, wie die Frau mit dem Polizeioffizier redete, verstand aber nicht, was sie sprachen. Er versuchte, ihren Namen zu rufen, erhielt aber keine Antwort. Er rief noch zwei, drei Mal, bis ein Polizist kam, und sagte, er solle Ruhe geben.
»Wenn Ihre Frau mit dem Offizier geredet hat, kommt sie zu Ihnen«, sagte er.
»Ich will meine Frau jetzt sehen«, sagte Júlio entschieden.
»Und seit wann haben Sie hier was zu sagen? Wenn Sie uns hier weiter auf den Sack gehen, schickt der Chef Ihre Frau wieder nach Hause, ohne, dass Sie mit ihr sprechen konnten. Also halten Sie besser die Klappe.«
Er fühlte sich elend. Für ihn konnte es keine größere Demütigung geben, als dass sie ihn so sah. Gefangen, verprügelt, die Kleidung zerrissen. Sie redeten kaum zehn Minuten miteinander. Seine Frau sagte, der Mann, der ihn angeheuert hatte, habe sie von der Festnahme informiert. Gleich nachdem die Männer Júlio geschnappt hatten, war Luciano zu ihr gefahren und hatte alles erzählt. Er hatte auch gesagt, dass der Polizeioffizier bekannt dafür war, dass er sich bestechen und so manchen Verbrecher wieder laufen ließ. Da es sich hier um etwas sehr Ernstes handelte – einen Mord –, müsste man ihm schon etwas mehr bieten. Luciano selbst war auf die Idee gekommen, ihm Júlios Motorrad anzubieten. Sie hatte ihm schließlich die Schlüssel und die Papiere übergeben für das Versprechen, dass ihr Mann noch am selben Abend nach Hause käme.
»Bist du verrückt geworden?«, schimpfte Júlio.
»Du bringst Leute um, und ich soll verrückt sein?«, antwortete sie.
»Dieser Scheißbulle bekommt mein Motorrad und lässt mich am Ende nicht laufen. Diese Verbrecher werden mich umbringen.«
»Das werden sie nicht.«
»Woher willst du das wissen?«
»Glaubst du, ich bin blöd? Blöd bist du selbst. Schau doch, in was für eine Lage du uns gebracht hast.«
»Woher willst du wissen, dass die Polizei mich laufen lässt?«
»Bevor ich ihm den Schlüssel gegeben habe, habe ich eine Garantie verlangt, und er hat mir das Protokoll gegeben«, sagte sie und zog das Papier aus der Tasche ihrer kurzen Hose.
»Na und?«
»Der Offizier sagt, dieses Dokument ist alles, was sie gegen dich in der Hand haben. Ohne das Protokoll gibt es keinen Beweis. Und da du abhauen wirst, wird niemand den Tod der armen Frau, die du umgebracht hast, mit dir in Verbindung bringen. Verstanden?«
»Das stimmt. Ich weiß nur nicht, ob es funktioniert.«
Außerdem habe Luciano auf der Polizei ausgesagt, dass Júlio tatsächlich sein Freund sei, sagte sie, und dass er deswegen niemals Alzimara getötet haben könne. Auch für Luciano war dies die beste Art, sich aus der Affäre zu ziehen, denn wenn Júlio im Gefängnis blieb, war die
Weitere Kostenlose Bücher