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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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kleine Quarzkristalle hervorgerufen wurde.
    „Bleiben Sie einen Augenblick stehen“, bat Arsenjew; diesmal richtete er den Apparat senkrecht gegen den Boden.
    „Das Rohr ist nicht weit von uns entfernt, aber …“, er beendete den Satz nicht, sondern trat an mich heran und reichte mir das Kabel. Ich schloß es an und zuckte zusammen – so stark war das gleichmäßige Dröhnen. Arsenjew blickte den Hang hinauf, den wir hinuntergestiegen waren, als wollte er die Entfernung schätzen, die uns von der Schlucht trennte. Dann schritt er weiter. Allmählich näherten wir uns der weißen Kugel. Ihre Größe war schwer abzuschätzen. Auf der linken Seite ragten vier Felsnadeln hinter ihr empor, auf der rechten stand dicht aneinandergedrängt eine Gruppe spitzer Obeliske, die von verwitterten Bruchstücken umgeben waren. Zwischen uns und der Kugel lag dunkel und still, von geröllübersäten Hängen eingeschlossen, eine schmale Bucht. Das andere Ufer war von zerschmetterten Steinblöcken und drohend glänzenden, senkrecht aufgerichteten Felsplatten bedeckt.
    Plötzlich blieb der Astronom stehen. „Die weiße Kugel sendet …“, sagte er dumpf. Der Induktionsapparat war nun überflüssig; denn das tiefe Brummen des Radioempfängers im Innern des Helms wurde ständig lauter. Ich eilte hinter Arsenjew her. Er sprang über die Felstrümmer, erreichte als erster die Bucht und ging, ohne zu zögern, ins Wasser. Er sackte unter, tauchte aber sofort auf; das Wasser reichte ihm bis unter die Achseln. Rasch halfen wir einander beim Erklimmen der schrägen Felsplatten des jenseitigen Ufers. Von dort aus sahen wir wieder die weiße Kugel. Sie warf leichte Schatten auf das Geröllfeld. Ein Abhang führte zu geborstenen Felsnadeln. Hinter der letzten lag ein ebener Platz, der mit Bruchstücken von Gestein und feinem Schotter bedeckt war. Von dort aus konnte man schon nicht mehr die ganze Kugel überblicken. Sie stand wie eine gewölbte, glatte Mauer vor uns. Wir traten heran. Ich berührte die weiße Wand mit den Fingerspitzen. Mein Herz schlug dabei laut und schnell. Ich hob den Kopf – riesenhaft und unbeweglich ragte die Kugel über mir auf. Ich lehnte mich mit den Schultern an ihre Wand. Der Hubschrauber war nicht zu sehen. In der Ferne, hinter dem Abhang und seinem Geröllfeld, das wir überquert hatten, gähnte zwischen den auseinandertretenden Felsen die Öffnung der Schlucht.
    „Das Dröhnen wird immer stärker“, sagte Rainer. „Wäre es nicht ratsamer, diesen Ort zu verlassen?“
    Arsenjew blickte auf den Strahlungsmesser. „Es ist keinerlei Strahlung vorhanden. Ich glaube aber, daß …“ Mitten im Satz brach er ab. In dem dunklen Tor der Schlucht flammte ein Blitz auf. Lang anhaltend rollte ein Donner. Noch einmal blitzte und donnerte es, dann quollen aus dem Schlund dichte Rauchwolken und wälzten sich träge über das Geröll hinab. Niemand von uns sprach ein Wort. Wir standen wie versteinert und starrten auf den qualmenden Ausgang der Schlucht.
    Schließlich warf der Astronom den Apparat über die Schultern und schaute jeden einzelnen von uns schweigend an. „Ich glaube, wir werden heute außerhalb der Rakete übernachten“, sagte er und schritt auf die Bucht zu.
    Für den Rückweg brauchten wir fast zwei Stunden. Mit pochendem Herzen, atemlos, schweißüberströmt, fast laufend gelangten wir in die Schlucht, die uns mit dumpfem Schweigen empfing; es war hier bedeutend kälter als unten im Talkessel. Einer nach dem andern erklommen wir die Felsblöcke, kletterten über wacklige Steinplatten, sprangen von Stein zu Stein, bis der Landeplatz vor uns lag.
    Der Felsen war rußbedeckt. Verkohlte Fetzen, Konstruktionsteile, an denen noch glimmende Tropfen geschmolzenen Metalls hafteten … Vor meinem Schuh glänzte etwas Silbernes. Es war ein Teil des Fahrgestells mit einer Halteschraube – zerfetzt wie ein Stück Papier.
    Arsenjew warf kaum einen Blick auf dieses Bild der Verwüstung. Er stellte den Induktionsapparat auf den Boden und horchte längere Zeit „Das haben wir nun von unserer Dummheit“, sagte er endlich, nahm den Apparat auf, drehte sich um und ging zurück. Wortlos stiegen wir über das abschüssige Geröll zu Tal. Nur unsere Schritte und das Geräusch der hinabkollernden Steine unterbrachen die Stille.
    In der Nähe des Ausganges der Schlucht trat Arsenjew an eine große Steinplatte heran, die auf den Kanten einiger Felsbrocken auflag und so einen natürlichen Tisch bildete.
    „Fünfzehn Minuten

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