Der Planet des Todes
…“
„Das Rohr?“
„Ja, zerrissen, vernichtet von einer Katastrophe, vielleicht von einem Beben.“
„Vernichtet?“ wiederholte ich betroffen. Ich stand inmitten der chaotisch aufgetürmten Felsstücke, in denen sich die Umrisse des Tunnels verloren. Erst als ich einige Schritte zurücktrat, sah ich diese Umrisse wieder. Sie tauchten als ungleichmäßige, unterbrochene, ovale Linie zwischen den kantigen Bruchstücken auf.
Arsenjew trat zu uns.
„Das Rohr, dessen Spur wir entlanggeflogen sind, reißt irgendwo in der Kraterwand ab. Dort“, er zeigte nach hinten, „ist es völlig taub – tot. Nicht die geringste Strommenge durchfließt es. Was wir während unseres Fluges hörten, die akustische Spur, war nichts anderes als das elektrische Echo unserer Apparate, das von seiner Metallhülle zurückgeworfen wurde. Dieser Teil hier“, er wies auf die Steinbarrikade, „ist tätig. Wollen Sie es hören?“
Er reichte mir das Kabel und richtete gleichzeitig den Apparat gegen den Tunneleingang.
„Das ist doch …“
Arsenjew unterbrach mich rasch. „Bitte, sprechen Sie nicht zu Ende!“ Dann gab er Soltyk das Kabel, damit auch er die Töne, die aus der Tiefe drangen, hören konnte. „Nun, woran erinnert es?“
„An Röhren unter Strom!“ riefen wir wie aus einem Munde. Eine Weile schauten wir uns schweigend an. Der Schein des Reflektors warf unsere Schatten an das Felsgewölbe – wie die Silhouetten gebeugt dastehender Riesen mit dreieckigen Köpfen. Auf den Helmen spielte das Licht.
„Ja“, bestätigte der Astronom, „es ist die gleiche Resonanz, wie sie Kathodenröhren von sich geben, wenn sie unter Strom stehen.“ „Weshalb sollten denn hier Kathodenröhren sein und wo überhaupt? Im Rohr?“ Arsenjew zuckte die Schultern. Ich kniete nieder und hob einige der flachen Steine hoch, die unter unseren Füßen lagen. Die Schicht darunter war mit dunklem Schlamm bedeckt. Als ich ihn berührte, gerieten die Finger in eine ekelhafte klebrige Masse. Ich wollte rasch die Hand zurückziehen, stieß jedoch auf einen runden, harten Gegenstand. Bald darauf holte ich unter den Steinen etwas hervor, was auf den ersten Blick wie ein abgebrochener Ast aussah, genaugenommen aber mit einem Ast nicht viel gemein hatte. Es war ein kurzer, ziemlich dicker Zylinder, der sich in drei dünnere teilte, die sich wiederum mehrfach teilten und so in Bündeln von dünnen, steifen Ruten ausliefen. Das Ganze wog etwa fünfzehn Kilogramm und war ungefähr ein Meter lang. Der dickste Zylinder zeigte an der Grundfläche eine Reihe konzentrischer Ringe, die abwechselnd aus grauem und gelbem Metall bestanden. „Es sieht aus wie eine Aluminiumweide“, sagte ich. „Nicht wahr, Professor?“
Arsenjew betrachtete den Fund sehr aufmerksam, nahm jede Abzweigung einzeln zwischen die Finger und näherte sie, übrigens ohne jedes Resultat, dem Meßgerät. Dann blickte er sich um.
„Wir werden weiter über der Schlucht fliegen und der Spur des Rohres folgen.“
„Dieser Magnetit wird verteufelt stören“, wandte ich ein.
„Das schadet nichts. Das Rohr meldet sich ja von jetzt an selbst.“
Wir kehrten zum Hubschrauber zurück. Dort blieb Arsenjew stehen, überlegte einen Augenblick und stieg auf einen der Felsblöcke. „Wartet, ich muß noch etwas untersuchen.“
Er schaltete den Apparat ein und umschritt den Landeplatz. „Das Rohr liegt hier dicht an der Oberfläche … Dieser freie Platz … Irgend etwas stimmt nicht … Wenn man nur wüßte, was. Ich verstehe nicht …“, murmelte er vor sich hin.
„Professor“, fragte ihn plötzlich Rainer, „was meinen Sie, kann dieser Abgrund dort, über den wir geflogen sind, tatsächlich ein erloschener Vulkan sein?“
„Nach den Felsen zu urteilen, würde ich auf der Erde antworten, ,ausgeschlossen‘; auch ein tektonisches Beben ergibt ein völlig anderes Bild. Hier jedoch kann ich nur sagen: Ich weiß es nicht.“
„Warum tritt aber dieses Rohr zutage? Sollte das ein Zufall sein?“ „Ich glaube zu verstehen, um was es Ihnen geht“, sagte Soltyk. „Das Rohr müßte Ihrer Meinung nach tiefer liegen, nicht wahr?“
„Wenn ich als Ingenieur eine so gewaltige Energieleitung zu bauen hätte, würde ich sie mindestens sechs Meter tief legen.“
„Das habe ich eigentlich nicht gemeint“, erwiderte Arsenjew, „aber diese Tatsache ist wirklich auffallend und der Überlegung wert … das ist wirklich auffallend …“, wiederholte er. „Es drängt sich einem
Weitere Kostenlose Bücher