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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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unwillkürlich die Annahme auf, daß sich das Gelände erst verändert hat, nachdem die Rohrleitung bereits gelegt worden war. Wißt ihr was? Gehen wir doch bis hinter diese große Biegung. Vielleicht läßt sich von dort aus mehr erkennen.“
    Wir stiegen einige Hundert Schritte abwärts, über schwärzliches Gestein. Ich war schneller als die anderen und stand als erster in dem Felsenschlund, zu dem sich die Schlucht verengte. Etwas tiefer, in einer Entfernung von vielleicht zweihundert Metern, erblickte ich eine Öffnung, die von den letzten Felsen der Schlucht dunkel umrahmt war. Dahinter lag im hellen Tageslicht ein weiter Talkessel, in dessen Mitte sich ein großer See ausbreitete. Keine Welle kräuselte seine düstergraue Oberfläche, die von dünnen Nebelschleiern verhüllt war. Von allen Seiten liefen Schutthalden am Ufer zusammen und umgaben wie ein ungeheurer steiler Trichter den See. Zwischen Steilwänden und Geröll ragten Gruppen unregelmäßig geformter Felsnadeln empor. Auf der rechten Seite zeichnete sich ein kleiner weißer Kreis leuchtend gegen den dunklen Hintergrund der zerrissenen Felsen ab. Jemand trat so nahe an mich heran, daß er meine Schultern berührte; aber ich achtete nicht darauf. Fast gleichzeitig mit dem Gefährten, es war Arsenjew, setzte ich den Feldstecher an die Augen. Ich kniff ein paarmal die Lider zusammen, weil ich mich zu täuschen glaubte. Aber nein, die Schärfe des Glases war völlig einwandfrei. Dort drüben blinkte tatsächlich eine weiße Kugel. Sie hob sich unglaublich scharf von dem Gewirr der Felstrümmer ab. „Könnten Sie dort unten landen?“ fragte der Astronom.
    Ich antwortete nicht sofort, sondern prüfte erst mit dem Feldstecher das Gelände. Überall türmten sich Gesteinsbrocken mit scharfen Kanten aufeinander, überall schoben sich unendliche Geröllhalden mit ihren grauen Zungen bis zum Ufer hinab. An manchen Stellen hingen die Felsblöcke in einer so unmöglichen Weise übereinander, daß sie das Gleichgewicht zu verlieren und herabzustürzen schienen, sobald man nur den Blick von ihnen abwandte.
    „Eine Landung wäre gefährlich“, erklärte ich schließlich. „Wenn diese Blöcke ins Rutschen kämen, würde sich die Maschine überschlagen, und dabei könnte sich zumindest der Propeller verbiegen. Es ist wohl besser, wir steigen hinunter. Es sind nicht mehr als drei Kilometer.“
    „Ich weiß nicht, ob wir nicht lieber zur Rakete zurückkehren sollten“, sagte Arsenjew. „Schade, daß wir unser Schwimmergestell nicht mit haben, dann könnten wir auf dem See niedergehen.“
    Er dachte an die aufblasbaren Gummikugeln, auf denen der Hubschrauber wassern konnte. Wir hatten sie in der Rakete gelassen, um die Maschine nicht zu überlasten.
    „Professor, jetzt wollen wir zurückkehren?“ rief ich. „Jetzt, wo wir der Lösung des Rätsels so nahe sind?“
    „Wie mir scheint, sind wir der Lösung des Rätsels durchaus nicht so nahe.“ Die Gefährten standen neben uns auf einer Gesteinsschwelle und betrachteten durch ihre Gläser die Trümmerwüste. Arsenjew richtete den Induktionsapparat gegen den Boden und horchte die nächste Umgebung ab.
    „Es sieht so aus, als ob das Rohr tatsächlich auf die Kugel zuläuft“, meinte er. „Aber der Empfang ist schlecht, dieser verfluchte Magnetit …“ Hohe Halden von Eisenerz wälzten sich aus der Schlucht, bedeckten die Abhänge, verengten sich weiter unten zu einem Keil und gingen in Geröll über, das genauso hell war wie das des ganzen Talkessels. Arsenjew warf den Apparat wieder über den Rücken und befestigte ihn an dem breiten Schulterriemen. „Nun gut, gehen wir weiter. Sie führen, Pilot.“
    Je tiefer wir über das Geröll hinabstiegen, um so unwirtlicher wurde die Gegend. Die Gesteinsbrocken rollten unter den Füßen fort und rissen andere mit sich. Als ich mich umwandte, sah ich den Hubschrauber nicht mehr. Die dunkle Schlucht verbarg ihn bereits.
    Je größer das Gefälle des Hanges wurde, um so schwerer fiel das Klettern. Bei jeder Berührung rutschten die Steine hinab. Unvermittelt glitt eine ganze Schicht mit wachsender Geschwindigkeit unter mir weg; ich konnte gerade noch zur rechten Zeit seitwärts auf eine Steinplatte springen. Dieser ermüdende Marsch zog sich immer mehr in die Länge. Wir hatten bereits die untere Grenze des Magnetits überquert. Die Oberfläche des Geröllfeldes flimmerte vor unseren Augen und schien zu schwanken, eine Erscheinung, die durch unzählige funkelnde,

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