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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wasserüberfluteten Felsen an. Nur unter größter Anstrengung gelang es uns, einige flache Steine herbeizuschleppen und in der Felsnische aufzustellen, so daß wir uns wenigstens setzen konnten. Unablässig peitschte der Regen an unsere Helme und floß über die Glasscheibe. Aneinandergekauert blieben wir sitzen. Stunde auf Stunde verrann, das Unwetter ließ nicht nach. Wohl hörte der Hagel auf, aber dafür begannen glänzende Schneeflocken herabzuwirbeln. Regungslos hockten wir da. Ruhige, tiefe Atemzüge verrieten, daß meine Gefährten eingeschlafen waren. Nur ich selbst, so müde ich war, vermochte keinen Schlaf zu finden. Ich sah natürlich ein, daß es notwendig war, Kraft für den weiteren Weg zu sammeln, und drückte deshalb auch die Augenlider zu, um mich von dem Heulen und Brausen des Sturmes abzuschließen. Unter der dichten Decke der Finsternis aber drehte sich pausenlos vor meinem inneren Auge das Spinnrad der heutigen Erlebnisse und Eindrücke. Ich sah wieder den wabernden schwarzen Brei vor mir, dann wälzte sich der Rauch des in Flammen aufgehenden Hubschraubers aus der Schlucht, die geheimnisvolle Grotte tauchte auf. Dann wieder zog die Berglandschaft mit ihren schroffen, gezackten Gipfeln und den nebelerfüllten Tälern vorüber, mit dem Himmel, der grün war wie dickes Glas und in dem eine riesige Sonne flammte. Die Muskeln zuckten vor Übermüdung. Der Felsen strömte durchdringende Kälte aus. Aber ich traute mich nicht, die elektrische Heizung einzuschalten, denn die Batterie, die auch das Radio speiste, mußte geschont werden. Ich konnte nicht einschlafen.
    Ich lauschte den tiefen Atemzügen der anderen und bemühte mich, die letzten Ereignisse sorgfältig zu durchdenken. War die Katastrophe wirklich nur ein Zufall? Vielleicht waren wir beobachtet, von unheimlichen, unbegreiflichen Mächten umlauert, während wir glaubten, frei nach unserem Willen zu handeln. Ich war nicht imstande, alle diese Geschehnisse in einem geschlossenen, klaren Bild zu vereinigen. Wenn die Bewohner der Venus tatsächlich metallene Geschöpfe waren, was bedeutete dann dieser Strom von schwarzem Protoplasma? Und die Grotte? War das vielleicht ein Friedhof? Auf welche Weise war jener ungeheure Krater entstanden? Warum war das Rohr in zwei Teile zerrissen?
    Dann muß ich wohl eingeschlafen sein. Es war ein bleierner Schlaf, der an Bewußtlosigkeit grenzte. Als ich die Augen öffnete, waren mir sämtliche Knochen erstarrt. Die Uhr zeigte die sechste Stunde an. In meiner Heimat auf der Erde war um diese Zeit das Morgendämmern schon zum hellichten Tag geworden, hier aber herrschte eine solche Finsternis, daß ich nicht einmal unterscheiden konnte, wo das Metall des Helmes in das Glas des kleinen Fensters überging. Der blasse, tagsüber kaum sichtbare Radarschirm erfüllte das Innere des Helmes mit seinem grünlichen, phosphoreszierendem Licht. Das Heulen des Windes war schwächer geworden. Auch der Regen hatte aufgehört. Vorsichtig, um die Gefährten nicht zu wecken, rappelte ich mich auf. Der Stoff der Kombination war von einer feinen Eiskruste bedeckt, die bei jeder Bewegung wie Glas absplitterte. Ich schaltete für einen Augenblick den Reflektor ein und sah drei regungslose, zusammengekrümmte Gestalten unter dem Felsen hocken. Träge zog ein dünner Nebel, vom kühlen Lufthauch aufgestöbert, vorüber.
    Ich begann, mich kräftig zu bewegen, und schlug mit den Händen gegen Schulter und Schenkel. Der Lärm, den ich dabei machte, weckte Soltyk. Nach einer Weile waren alle munter geworden, standen auf und klagten über die Kälte.
    Wir traten unseren Weitermarsch an. Über die Ebene fegten eisige Windstöße, die durch sämtliche Isolationsschichten unserer Skaphander drangen. Die schwache Eisschicht auf den Pfützen barst knisternd unter unseren Sohlen, manchmal wich der Grund platschend auseinander, und wir versanken in sumpfigen Boden. Einmal drehte ich mich um und ließ das Licht des Reflektors über die hinter mir stampfenden Gestalten gleiten; ich sah durch die nässebeschlagenen Scheiben der Helme in entzündete Augen, in Gesichter, die von zwei Tage alten Bartstoppeln bedeckt waren. Noch als die Dämmerung einbrach, am Rande der Schlucht, hatten wir die Radiosignale der Rakete gehört. In dem magnetischen Gewitter waren sie verstummt. Erst jetzt vernahmen wir sie wieder, und so war es uns möglich, trotz der Dunkelheit die Richtung einzuhalten und weiterzugehen ohne Furcht, uns zu verirren. Indessen verlangsamte

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