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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sei.
    „Beachten Sie nur das rhythmische Erlöschen!“
    Die Umdrehungen der Kompaßnadel waren noch schneller geworden. Nach einigen Sekunden änderte sie jedoch die Drehrichtung, und dieses Überspringen von der einen in die andere war von einem Erlöschen des gespenstischen Dämmerlichtes begleitet. Hoch droben zogen die Wolken. Sie waren so hell, daß man sie durch den Nebel sehen konnte. Es herrschte eine beklemmende Stille. Sie schien nichts Gutes zu bedeuten. Arsenjew hatte sein Gespräch mit Rainer unterbrochen. Wir machten halt. Das Licht wurde schwächer. Es sah aus, als zerstreute es sich herabsinkend über den Boden, während die höheren Schichten der Atmosphäre immer mehr in das Dunkel rückten.
    Die Luft um uns verharrte weiter in schweigender Bewegungslosigkeit. Aus den höchsten Höhen aber drang ein anfangs sehr, sehr weit entferntes Brausen, das in ein tiefes Brummen überging.
    „Ich fürchte, wir werden in die Schlucht zurückkehren müssen“, sagte Arsenjew.
    Wir standen noch da, unschlüssig, was wir tun sollten, da zerriß ein Heulen die Luft, als käme ein Flugzeug im Sturzflug herunter. Der Nebel geriet in Bewegung, wogte durcheinander, begann zu fließen. Die letzten Herde elektrischer Entladungen erloschen. Mitten aus der Finsternis traf uns ein jäher, gewaltiger Windstoß, der uns fast zu Boden warf. Wir hielten uns gegenseitig an den Händen gepackt. Jemand schaltete seinen Reflektor ein. In dem Lichtkegel sahen wir, daß sich der Nebel nicht mehr ballte, sondern wie Ströme trüben Wassers, die aus einer geöffneten Schleuse schießen, vorbeijagte.
    Keiner von uns sprach ein Wort. Wir kehrten um und liefen, von furchtbaren Böen gehetzt, stolpernd, stürzend und mühsam wieder emportaumelnd, zurück zur Schlucht. Durchdringend pfiff der Sturm in den Antennen der Helme. Die Luft, die hart wie ein geblähtes Tuch geworden war, schlug an unsere Schultern und knatterte in den Falten unserer Kombinationen. Ich weiß nicht, wie lange wir so weitergerast sind, weiter, bis vor uns in der Finsternis der Schemen einer Wolke auftauchte, die, an einer Stelle verharrend, mit schwindelerregender Geschwindigkeit um sich selbst kreiste. Es war ein Wirbel von verdichtetem Nebel, der zwischen den Rändern der Schlucht entstanden war. Je tiefer wir hinabstiegen, um so schwächer wurde der Sturm. Seine unsichtbaren Wutausbrüche über der Felsschlucht knatterten wie ein Segel, das plötzlich Wind fängt. Mühsam tasteten wir uns bis zu einem Felsüberhang. Der Nebel wallte wie siedendes Wasser. Über uns auf der Ebene, die nun in Finsternis getaucht lag, ertönte durchdringendes Heulen, Winseln, Krähen und Gelächter, als kämpften dort Rudel von Hyänen und Schakalen miteinander. Dann war auf einmal alles von grellweißem Licht überstrahlt, als hätte glühendes Quecksilber den Nebel verdrängt. Ein heftiger Donner folgte. Es dröhnte, als wäre eine schwere Falltür über uns zugeschlagen worden. Gleichzeitig spürte ich ein leichtes Trommeln auf meinen Händen und Armen. Schräg vorbeihuschende Tropfen blitzten im Scheinwerferlicht auf. Regen!
    Das Trommeln verstärkte sich. Der Wind dort oben heulte nun ohrenbetäubend und warf den Regen in ganzen Wogen gegen den Felsen. Wir lehnten uns an die Wand, so dicht wir nur konnten. Von den Helmen und Skaphandern strömte das Wasser hernieder. Um uns herum bildeten sich große Pfützen, die aufschäumten, wenn Regen und Wind hineinfuhren. Plötzlich klang rasender Trommelwirbel von den Felsen, und da hörte ich auch schon helle Schläge gegen meinen Helm: Hagel, Hagelkörner, groß wie Bohnen, knallten an den Helm und blendeten uns, wenn sie von der Scheibe absprangen.
    „Kommt hierherI“ rief Arsenjew.
    Tatsächlich. Einige Schritte weiter war eine flache Nische in der Wand. Dort waren wir vor dem Hagel einigermaßen sicher. Das Wasser, das über die Felshänge herabstürzte, rauschte immer lauter. Im Lichtkreis des Scheinwerfers, den der Astronom an seiner Brust befestigt hatte, glänzte der Boden von zersplittertem Eis.
    Der Felsen schützte uns zwar von der Seite und von oben. Ich spürte jedoch an den Beinen die Splitter der zerplatzenden Eiskörner, die wie Hunderte kleiner Nadeln stachen. Durch das ununterbrochene Heulen des Orkans dröhnte ein über das andere Mal der Donner. Grelle Blitze erhellten die Regenströme und den Nebel, der sich in wahnsinniger Flucht zusammenballte und wieder auseinanderflatterte. Gleißendes Licht strahlte die

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