Der Planet des Todes
irgendeine Fata Morgana“, sagte ich schließlich, glaubte aber selbst nicht recht an meine Worte. Dann begann ich hinabzusteigen. Wir folgten dem Kabel, mit dem sämtliche Oszillographen untereinander verbunden waren, und mußten dabei über große Haufen von Felstrümmern klettern. Bei jedem Apparat machten wir halt; ich nahm die belichtete Filmrolle heraus, und Oswatitsch legte eine neue aus dem Vorrat ein, den er im Rucksack trug. In einer knappen Stunde gingen wir neun Apparate ab. Der Weg zum zehnten führte über eine Bodenerhebung. Zur Linken schimmerte die weiße Kugel über die Kieselspitzen, zur Rechten war der Steinrücken muldenartig vertieft. In dieser Senke lagen Felsbrocken angehäuft. Es sah wie ein verlassener Steinbruch aus. Auf einmal blieb ich stehen. In einer Entfernung von vielleicht hundert Metern saß jemand auf einem großen Stein. Es war eine reglose, dunkle, untersetzte Gestalt. Oswatitsch hatte einen Vorsprung von etwa zwanzig Schritten. Ich rief ihn an. Er blickte hinunter und blieb ebenfalls stehen; ohne lange zu überlegen, kletterte ich hinunter und lief über die Steinhaufen auf die Gestalt zu. Als ich mich so weit genähert hatte, daß ich sie genau erkennen konnte, mußte ich feststellen, daß es überhaupt kein lebendes Wesen war. Ein großes, langes, unregelmäßiges Felsstück lehnte an der Steinplatte. Die glasigen, bräunlichen Bruchflächen glänzten hell im auftreffenden Licht. Ich wunderte mich nun selbst, wieso mir dieser Felsbrocken als menschenähnliche Gestalt erscheinen konnte. Nur von oben gesehen, war er einem gebeugt dasitzenden Körper etwas ähnlich.
„Es ist ein Lavablock!“ rief ich. Oswatitsch schaute zu mir herunter. Er hatte mich sicher nicht verstanden; denn die Störungen waren erheblich stärker geworden. Ich gab ihm also mit der Hand ein Zeichen, daß ich mich getäuscht hätte. Er drehte sich um und ging weiter. Dicht in der Nähe lugte die Spitze des Zeltes, das den zehnten Oszillographen barg, über die kleine Steinpyramide.
„Warte!“ rief ich Oswatitsch nach und lief eilends den Abhang hinauf. Aber er wartete nicht auf mich, ging weiter … Plötzlich dehnte sich der ganze Raum vor mir, kroch gleichzeitig in sich zusammen, und es war, als erblickte ich ein Spiegelbild auf einer blanken Blechtafel, die jemand unerwartet umbog. Dann flimmerte und wogte alles vor meinen Augen und kehrte in seinen früheren Zustand zurück. Ich stand wie versteinert. Oswatitsch war verschwunden. Vor Sekunden noch hatte ich seine Schultern, seinen Helm gesehen. Er war gerade auf eine große, silbrig glänzende Steinplatte getreten, war noch ein oder zwei Schritte weitergegangen und – verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Ich faßte mich und lief, so rasch ich konnte, auf die Steinplatte zu. „Oswatitsch!“ schrie ich. „Oswatitsch!“ Es kam keine Antwort.
Ich kletterte über die Felstrümmer und bemühte mich, die silbrige Steinplatte nicht aus den Augen zu verlieren. Endlich hatte ich sie erreicht. Die Oberfläche der breiten, nach meiner Seite hingeneigten Tafel war wie mit Reif bedeckt; deshalb blinkte sie so. Es waren lauter kleine, funkelnde Kristalle. An einer Stelle entdeckte ich einen langen, weißlichen Riß. Der Stein war ziemlich weich. Ein Schuhnagel hatte diese Spur hinterlassen. Ich dachte zuerst, daß Oswatitsch auf die andere Seite hinübergesprungen sei. Drüben befand sich eine helle Nische, die von zwei aneinanderlehnenden Felsbrocken gebildet wurde. Ihr Boden war mit feinem Kies bedeckt. Auch einige pechschwarze Steine von der Größe eines Brotes lagen darin.
„Oswatitsch!“ rief ich verhalten.
Ich hatte ihn doch noch vor einer Minute gesehen, als er hier auf dieser Platte stand. Geradeaus war er nicht weitergegangen; aber er konnte sich auch nicht in der Nische verbergen. Der Weg führte auf einen hohen Felsen, ich hätte den Gefährten also auf jeden Fall sehen müssen. Nicht für eine Sekunde hatte ich diese Stelle aus den Augen gelassen. Und trotzdem war er nicht da. Ratlos blickte ich mich um. Wo sollte ich ihn suchen? Ich lief zwischen den Felstrümmern umher, rief seinen Namen. Doch nur das Knattern elektrischer Entladungen antwortete mir. Ich kehrte auf den Gipfel der Bodenerhebung zurück, um von dort aus eine Rakete abzuschießen. Als ich die Leuchtpistole hob, bemerkte ich, daß auch die weiße Kugel wieder verschwunden war – genau wie vor einer Stunde. Die Öffnung der tiefen Schlucht zwischen den Hängen
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