Der Planet des Todes
Laufens vernahm ich ein eigentümliches Zischen. Ich sah zu Boden: Die Schuhsohlen rauchten. Der Felsen erwärmte sich, als brennte ein unsichtbares Feuer unter ihm. Ich zauderte. Was sollte ich machen? Zurücklaufen und die beiden holen? Ich blickte mich um.
Es wurde immer dunkler; denn der Wind trieb dichte Dampfwolken vom See herüber. Sein stoßweiser Atem war heiß, wie wenn er aus einem Ofen käme. Aber ich mußte diese verdammten Filme zur Rakete bringen. Und so lief ich weiter, setzte von Stein zu Stein, erreichte schließlich außer Atem, schweißüberströmt das Motorboot, sprang mit einem solchen Satz hinein, daß es ins Schaukeln kam und Wasser schöpfte. Mit Höchstgeschwindigkeit raste ich zur Rakete hinüber.
Auf dem Oberdeck des „Kosmokrator“ ging ein Mann auf und ab, die Hände auf den Rücken gelegt. Der verrückte Gedanke durchfuhr mich, daß es Oswatitsch sei. Ich schwang mich auf die Treppe und war in Nu oben. Dort stand Arsenjew. Die Jupiterlampe umgab unsere Silhouetten mit einem funkelnden Strahlenkranz und warf große, verwehende Schatten in den Nebel. „Wo sind die anderen?“ fragte er. „Sie sind am Ufer geblieben. – Oswatitsch ist verschwunden.“
„Was heißt verschwunden?“ fragte Arsenjew ärgerlich. „Ist er irgendwo hineingefallen?“
„Nein, das nicht. Er ist einfach verschwunden, Ich habe ihn noch gesehen, wie er auf einem großen Felsblock ganz in der Nähe des zehnten Apparates stand. Die Luft flimmerte auf einmal, und als ich zu ihm hinlaufen wollte, war er nicht mehr da. Es gab aber dort keine Spalten. Es ist eine ganz glatte Fläche, und die Senke zwischen den Felsen ist auch nicht sehr tief.“
„Und die weiße Kugel?“
„Was …?“
„Ich fragte, ob Sie die weiße Kugel gesehen haben!“
„Nein. Die ist auch verschwunden.“
„So“, sagte der Astronom. Er schwieg eine Weile, dann hob er den Kopf. „Haben Sie die Filme?“
„Ja, Professor …“, ich konnte nicht mehr an mich halten, „Professor! Wir müssen zum Ufer fahren. Sie verbrennen dort! Als ich zurückkehrte, wurde der Felsen immer heißer, ich …“
„Lao Tsu ist drüben?“
„Ja. Soltyk auch!“
„Bringen Sie, bitte, die Filme zum Marax.“
„Und unsere Gefährten?“
„Die werden sich schon zu helfen wissen.“
„Ich könnte doch gleich …“
„Am Ufer liegt das zweite Motorboot. Sie werden dort nicht gebraucht. Bitte, gehen Sie.“
Ich stieg die eisernen Sprossen hinab. Nachdem die komprimierte Luft die giftige Venusatmosphäre aus der Schleuse gepreßt hatte, begab ich mich im Skaphander, ohne erst den Helm abzunehmen, zur Kabine des Marax. Ich blieb an der Tür stehen und sah zu, wie Chandrasekar die Filmrollen auf eine lange waagerechte Achse schob, die Enden jeder Rolle in einen Spalt des Pultes steckte und einige Schalter bediente. Die Filme wickelten sich rasch ab und verschwanden in der Tiefe des Apparates. Chandrasekar berührte mehrere Tasten. Die Leuchtschirme glimmten einer nach dem andern wie riesige, funkelnde Augen auf, rote und blaue Kontrollampen blinkten und strahlten bald ein so starkes Licht aus, daß es das grünliche Flimmern der Leuchtschirme überdeckte. Singendes Brausen erfüllte die Kabine. Über die Schirme zuckten grüne Blitze, immer wieder war das kurze Klicken von Kontakten zu hören. Die Zeiger der Meßinstrumente schlugen bis an die Uberlastungsgrenze aus; aber der Mathematiker drückte noch immer neue Tasten herunter. Manchmal brummte laut, von einem Stromstoß getroffen, ein Transformator oder zischte hinter der Wand an den Schalterklemmen ein Lichtbogen. Eine Weile stand Chandrasekar regungslos mit gesenktem Kopf vor dem Marax und sah mit zusammengekniffenen Augen in die flackernden, sprühenden Lichter, dann trat er beiseite. Noch einmal überblickte er prüfend die Schirme, dann wandte er sich mir zu.
„Nun muß der Marax zeigen, was er kann. Ist Ihnen klar, um was es geht? Die Gravitationsfelder entstehen durch die Überlagerung einzelner Stromimpulse. Bei Anwendung der Fourieranalyse müssen die Dutzende von Milliarden Schwingungen, die die Oszillographen auf den Filmen verzeichneten …“
Ich hatte genug. „Lassen Sie mich damit zufrieden!“ rief ich. „Oswatitsch ist verschwunden.“
Chandrasekar zuckte zusammen. „Was? Was ist geschehen?“
Ich schilderte noch einmal den ganzen Verlauf. Während Chandrasekar zuhörte, beobachtete er unablässig die Leuchtschirme. Unwillkürlich folgte ich seinem Blick. Die
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