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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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wahrscheinlich Harry Söderman, einen berüchtigten schwedischen Kriminalisten, der schließlich Polizeichef von Tanger geworden war und der sich damals erboten hatte, Hitler zu erschießen, um den zweiten Weltkrieg zu beenden.
    Wieder schnarrte es im Hintergrund, und Malm drehte den Hörer um und brummte etwas, das Martin Beck nicht verstand. Dann sagte Malm sehr laut: »Man wird uns auslachen. Der Mörder erzählt den Zeitungen seine Lebensgeschichte. Bald wird er ein Buch darüber schreiben, wie er die Reichsmordkommission an der Nase herumgeführt hat. Wir haben schon Arger genug.«
    Mindestens mit dem letzten Satz hatte er vollkommen recht. Die Polizei hatte Ärger.
    Die Schwierigkeiten hatten im großen und ganzen im Jahre 1965 begonnen, als die Polizei aufhörte, Sache der Gemeinden zu sein, und der staatlichen Zentralgewalt unterstellt wurde. Seitdem hatte sie sich zu einem Staat im Staate entwickelt, verabscheut von der Bevölkerung. Neue Untersuchungen hatten auch ergeben, daß die Meinung der Polizisten über die Mitbürger haßerfüllter und erschreckend reaktionär geworden war. Jeder dritte Polizist war zum Beispiel der Meinung, daß Gewaltanwendung gegen Kinder schon von den ersten Lebensjahren an notwendig sei und daß strenge Strafen und physische Mißhandlungen die einzig wirksame Methode wären, um die heranwachsende Jugend zu formen. Neun von zehn Polizisten fanden, daß Personen, die beschuldigt wurden, ein Verbrechen begangen zu haben, zu milde behandelt*wurden und daß die häufig willkürlichen Strafen der Gerichte unzureichend wären.
    Während der acht Jahre seit der Reorganisation war der Etat für die Polizei mehr als verdoppelt worden, und die neuen Gesetze, die zum nicht geringen Teil auf eigenen Wunsch der Ordnungsmacht zustande gekommen waren, gaben dem Polizeibeamten das Recht, jeden x-beliebigen ohne nähere Begründung festzunehmen. Es reichte, wenn der Polizist nachträglich behauptete, daß der Betreffende in irgendeiner Form eine Gefahr für die allgemeine Sicherheit und Ordnung darstellte.
    All dies hatte zur Folge, daß die Polizei größere Machtbefugnisse bekommen hatte als jemals früher in der Geschichte des Landes. Und es bedeutete, daß Schweden die teuerste Ordnungsmacht auf der ganzen Welt unterhielt. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl, das heißt die Steuerzahler, ‘kostete jeder schwedische Polizist 165 Kronen im Jahr. In den USA veranschlagte man die entsprechende Zahl auf 75 Kronen. Verglichen mit den anderen skandinavischen Ländern war die Differenz grotesk. In Norwegen und Dänemark war darüber hinaus die Polizei vergleichsweise populär.
    Trotzdem stiegen die Verbrechenszahlen weiter, und es wurde mehr und mehr Gewalt angewandt. Niemand in der Reichspolizeileitung schien fähig zu sein, die einfache Wahrheit zu begreifen, daß Gewalt Gegengewalt erzeugt und daß es in Wirklichkeit die Polizei selbst gewesen war, die zuerst zugeschlagen hatte.
    Richtig unangenehm wurde diese Überlegung erst, wenn man wußte, daß niemand innerhalb der höheren Polizeileitung dies begreifen wollte. Dort hatte man ganz andere Pläne.
    Insoweit hatte Malm also recht. Die Bevölkerung wurde müde. Und begriff eigentlich nicht, warum ein schwedischer Steuerzahler im Durchschnitt mehr wie dreimal soviel für einen Polizisten zahlen sollte wie im Nachbarland Finnland.
    »Bist du noch da?« fragte Malm.
    »Ja. Ich bin hier.«
    »Du mußt Bengtsson festnehmen und zusehen, daß du einen Haftbefehl bekommst.«
    »Es gibt keine Beweise.«
    »Solche Kleinigkeiten lassen sich doch hinterher in Ordnung bringen.«
    »Da bin ich nicht so sicher.«
    »Wenn wir diese mißglückte Geschichte vor einem Jahr in der Bergsgatan vergessen, dann ist deine Aufklärungsquote bemerkenswert hoch. Außerdem scheint der Fall klipp und klar zu sein.« Martin Beck lachte leise vor sich hin. Er hatte den Mord in der Bergsgatan aufgeklärt, aber die im übrigen wenig zufriedenstellende Arbeit der Polizei hatte dazu geführt, daß der Verbrecher statt dessen wegen eines anderen Mordes, den er in Wirklichkeit nicht begangen hatte, verurteilt worden war. Die ganze Geschichte hatte für Martin Beck zur Folge gehabt, daß ihm erspart blieb, sich um die Stelle des Bürochefs zu bewerben, die er keinesfalls haben wollte. Nun bekleidete statt dessen Malm diesen Posten.
    Lachte er?
    Die Stimme war deutlich zu hören. Offenbar verlor der oberste Boss hinter Malms Rücken jetzt langsam die Lust, was nicht eben selten

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