Der Polizistenmörder
Hat er noch etwas anderes in der Tüte? Aber was?
Er dachte darüber einige Sekunden scharf nach und fragte dann: »Herrgott?«
»Ja?«
»Hast du eine Taschenlampe in der Tüte?«
»Genau! Die braucht man, wenn man auf dem Lande wohnt. Wenn die Nacht pechschwarz ist, dann kann man hier nicht die Hand vor Augen sehen.«
Bengtsson legte den Spaten beiseite und kam auf sie zu.
»Hej, Folke«, begrüßte ihn Nöjd.
»Tag.«
»Jetzt ist es soweit. Du mußt mitkommen.«
»Aha.«
Er war doch nicht ganz gelassen, denn er blickte sich um in der zunehmenden Dämmerung und bemerkte: »Schrecklich viele Leute hier.«
»Ja, das ist eine große Schweinerei. Sollen wir hineingehen?«
»Natürlich.«
»Wir haben es nicht eilig. Du ziehst dich am besten um und packst ein paar Sachen ein. Was du so brauchst. Kannst eine Tüte von mir leihen, wenn du keine hast.«
»Danke, aber ich habe eine Aktentasche.«
Nöjd zog die Stiefel aus und die Schuhe an. Dann sagte er: »Laß dir Zeit.
Martin und ich können uns hier hinsetzen und eine Weile Schere, Papier und Stein spielen.«
Martin Beck kannte dieses edle Spiel nicht, bei dem man nichts anderes als seine Hand braucht.
Er lernte es in eineinhalb Minuten.
Zwei gespreizte Finger sind Schere. Offene Handfläche ist Papier. Faust ist Stein. Schere schneidet Papier. Papier wickelt Stein ein. Stein zertrümmert Schere.
»Elf zu drei für mich«, erklärte Nöjd nach einer Weile. »Du hast ein zu schnelles Reaktionsvermögen. Darum verlierst du. Man muß es genau gleichzeitig machen.«
Und du bist zu schlagfertig, dachte Martin Beck.
Außerdem verlor er stets. Bei allen Spielen, angefangen beim Schach bis zum Knobeln mit Streichhölzern.
Kurze Zeit später schien Folke Bengtsson fertig zu sein. Zum erstenmal sah er ein wenig unruhig aus.
»Was hast du auf dem Herzen, Folke?« fragte Nöjd.
»Die Fische müssen gefüttert werden. Und die Hühner brauchen Futter. Das Aquarium muß hin und wieder saubergemacht werden.«
»Darum kümmere ich mich. Ehrenwort!«
Nöjd lächelte verlegen und fuhr fort: »Eine andere Sache wird dir wahrscheinlich Kummer machen. Morgen kommen ein paar Mann her und wühlen den Garten um.«
»Warum?«
»Die sollen wohl nach der Leiche suchen.«
»Schade um diese Astern«, sagte Folke Bengtsson lakonisch.
»Wir wollen versuchen, vorsichtig zu arbeiten. Mach dir keine Sorgen.«
»Sie, Herr Kommissar, werden mich wohl verhören?«
»Ja«, antwortete Martin Beck. »Aber nicht heute. Wahrscheinlich auch morgen noch nicht. Es sei denn, die Polizei in Trelleborg will gleich anfangen. Aber das glaube ich nicht.«
»Okidoki«, sagte Nöjd. »Wir fahren zuerst zu mir nach Anderslöv. Trinken eine Tasse Tee und essen ein Butterbrot. Aber du willst vielleicht lieber Kaffee trinken?«
»Ja, danke.«
»Können wir aus dem Lokal holen. Die haben auch warme Zimtschnekken da. Bist du fertig?«
»Ja.«
Folke Bengtsson überlegte. Dann fragte er: »Wie sollen wir es mit den Eiern machen?«
»Wird erledigt«, beruhigte Nöjd und lachte, »wieder großes Ehrenwort.«
»Danke. Du bist ein guter Mensch, Herrgott.« Nöjd sah freudig überrascht aus.
»Man tut, was man kann.«
»Bin ich jetzt verhaftet?«
»Noch nicht richtig. Wir nehmen dich mit zu mir nach Hause und unterhalten uns eine Weile. Nachher kommen die von Trelleborg rauf, in etwa einer halben Stunde. Nehmen dich mit dorthin. Theoretisch sagt man, daß du festgenommen wirst, aber so feierlich sieht das nicht aus. Wir kommen mit dir nach Trelleborg. Dort wirst du verhaftet. Danach wird wohl eine ganze Zeit nichts passieren.«
Folke Bengtsson wirkte gleichgültig, als sie sein Haus verließen.
Er schloß die Haustür ab und gab Nöjd den Schlüssel.
»Willst du den an dich nehmen, falls es länger dauert? Du willst dich ja auch um die Fische kümmern.«
Nöjd steckte den Schlüssel in die Tasche.
Es war schon dunkel, als sie im Kreuzfeuer zahlreicher Blitzlichtgeräte in den Streifenwagen einstiegen.
Auf dem Weg in den Ort schwiegen alle drei.
Nöjd holte Kaffee und warme Blätterteigstücke aus der Cafeteria neben dem Konsumgeschäft. Er selbst trank Tee.
Kollberg hatte sich wieder seinem Schachproblem gewidmet. Er blickte Folke Bengtsson nicht einmal an, als sie ins Zimmer traten.
Martin Beck schwieg ebenfalls. Sie waren in eine Situation versetzt worden, die keinem von ihnen behagte, und ihre Möglichkeiten, diesen Fall nach eigenem Gutdünken zu bearbeiten, waren nun stark
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