Der Präsident
Ordnungshüter mussten gelegentlich lügen, wie jeder andere auch. Diese Gewissheit machte es aber nicht leichter für ihn, vor allem, da er jemanden belog, den er auf Anhieb gemocht hatte und nunmehr aufrichtig bemitleidete.
KAPITEL 18 Noch in jener Nacht rief Kate an. Frank wollte keine Zeit verlieren. Die Stimme auf dem Anrufbeantworter überraschte sie; zum ersten Mal seit Jahren hörte sie diesen Klang. Ruhig, selbstbewusst, gemessen, wie die geübten Schritte eines Infanteristen. Als die Stimme erklang, begann sie tatsächlich zu zittern und musste all ihre Willenskraft aufbieten, um die einfachen Worte aufzusagen, die ihn ködern sollten. Sie durfte nicht vergessen, wie gerissen er sein konnte. Sie wolle ihn sehen, sagte sie, mit ihm sprechen. So bald wie möglich.
Dann überlegte sie, ob sein verschlagener, alter Verstand die Falle riechen würde; als sie jedoch daran zurückdachte, wie sie sich zum letzten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden waren, erkannte sie, dass er niemals damit rechnen würde. Niemals würde er dem kleinen Mädchen, das ihm seine größten Geheimnisse anvertraut hatte, eine solche Heimtücke zutrauen. Das musste selbst sie ihm zugestehen.
Kaum eine Stunde später klingelte das Telefon. Als sie die Hand danach ausstreckte, wünschte sie inbrünstig, sie hätte Franks Bitte niemals zugestimmt. Es war eine Sache, in einem Restaurant zu sitzen und einen Plan auszuhecken, um einen mutmaßlichen Mörder zu schnappen. Sich tatsächlich an einer Hinterlist zu beteiligen, die ausschließlich dazu gedacht war, den Vater an die Behörden auszuliefern, war etwas ganz anderes.
»Katie.« Sie bemerkte das leichte Beben der Stimme. Ein Hauch Ungläubigkeit schwang darin mit.
»Hallo, Dad.« Dankbar nahm sie zur Kenntnis, dass die Worte wie von selbst kamen. Im Augenblick schien sie unfähig, selbst den einfachsten Gedanken auszudrücken.
Ihre Wohnung war nicht gut. Das verstand er. Zu klein, zu persönlich. Sein Haus kam aus offensichtlichen Gründen nicht in Frage, das wusste sie. Er schlug vor, sie könnten sich auf neutralem Boden treffen. Natürlich ging das. Sie wollte mit ihm reden, er war mehr als bereit zuzuhören. Er sehnte sich danach zuzuhören.
Eine Zeit wurde vereinbart, morgen, vier Uhr, in einem kleinen Café in der Nähe ihres Büros. Um diese Zeit würde es menschenleer und ruhig sein; sie könnten sich Zeit lassen. Luther sagte zu. Kate war überzeugt, dass selbst der Tod ihn nur schwer würde aufhalten können.
Nachdem sie aufgelegt hatte, rief sie Frank an und nannte ihm Zeit und Ort. Während sie der eigenen Stimme lauschte, wurde ihr allmählich klar, was sie soeben getan hatte. Sie spürte, dass ihr plötzlich alles aus der Hand glitt, und sie nichts dagegen tun konnte. Kate knallte den Hörer auf die Gabel und brach in Tränen aus.
Frank hatte den Hörer einen Augenblick länger am Ohr gehalten und wünschte nun, er hätte es nicht getan. Er schrie ins Telefon, doch sie hörte ihn nicht mehr. Nicht dass es irgendetwas geändert hätte. Sie handelte richtig. Es gab nichts, dessen sie sich schämen oder gar schuldig fühlen musste. Wie ein Streichholz im Sturm verlosch der Augenblick der Freude darüber, dass er seinem Fang ein Stück näher gerückt war, als er endlich aufgab und den Hörer auflegte.
Seine Frage war somit beantwortet. Sie liebte ihn immer noch. Seth Frank, der Kriminalbeamte, empfand den Gedanken zwar als unangenehm, konnte aber damit leben. Seth Frank, dem Vater von drei Kindern, trieb der Gedanke Tränen in die Augen, und mit einem Mal mochte er seine Arbeit nicht mehr besonders.
Burton legte den Hörer auf. Frank hatte Wort gehalten und wollte den Agenten dabei sein lassen, wenn die Falle zuschnappte.
Minuten später saß Burton in Russells Büro.
»Ich will gar nicht wissen, wie Sie es machen.« Russell wirkte besorgt.
Innerlich lächelte Burton. Sie wurde zimperlich, genau wie er es vorhergesehen hatte. Die Stabschefin wollte die Arbeit erledigt wissen, ohne sich dabei die hübschen Hände schmutzig zu machen.
»Sie müssen lediglich dafür sorgen, dass der Präsident erfährt, wo es stattfindet. Außerdem müssen Sie unbedingt dafür sorgen, dass er es Sullivan vorher erzählt. Das muss er tun.«
Russell sah verwirrt drein. »Wieso?«
»Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf. Denken Sie daran, tun Sie nur, was ich sage.« Bevor Russell über ihn herfallen konnte, verließ er den Raum.
»Ist die Polizei sicher, dass
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