Der Präsident
er brauchte.
Ringsum war es stockfinster, und dichte Sträucher, für Luther und seinesgleichen so wichtig wie die Luft zum Atmen, reihten sich entlang der mit Kopfsteinen gepflasterten Auffahrt wie Raupenkokons am Ast eines Baumes. Er überprüfte jedes Fenster des Hauses. Alle waren dunkel, alles ruhig. Er hatte die Wagenkolonne beobachtet, mit der die Bewohner des Hauses vor zwei Tagen Richtung Süden gefahren waren. Sorgfältig hatte er sowohl die Bewohner als auch das Personal gezählt, um sicherzugehen, dass keiner mehr übrig blieb. Und das nächste Anwesen lag eine gute Meile entfernt.
Tief atmete er ein. Luther hatte alles vorausgeplant, Tatsache aber war, dass man in diesem Beruf niemals mit allem rechnen konnte.
Er lockerte den Griff um seinen Rucksack und erhob sich. In langen, zügigen Schritten überquerte er den Rasen. Zehn Sekunden später stand er vor der robusten Holztür mit verstärktem Stahlrahmen, mit einem Schloss, das auf der Hitliste der einbruchssicheren Schlösser ganz oben stand. Nichts davon bereitete Luther auch nur die geringsten Sorgen.
Er holte eine Nachbildung des Schlüssels der Eingangstür aus der Jackentasche und steckte ihn ins Schlüsselloch, ohne ihn jedoch herumzudrehen.
Abermals lauschte er einige Sekunden. Dann nahm er den Rucksack ab und wechselte die Schuhe, damit er keine Dreckspuren hinterließ. Er zog den batteriebetriebenen Schraubendreher hervor, der ihm den Schaltkreis, den es zu überlisten galt, zehnmal schneller offenlegen konnte, als es von Hand möglich war.
Der nächste Ausrüstungsgegenstand, den er vorsichtig aus dem Rucksack holte, wog genau hundertsiebzig Gramm, war etwas größer als ein Taschenrechner und – neben seiner Tochter – die beste Investition seines Lebens. Das kleine Gerät mit Spitznamen »WIT« hatte Luther bei den letzten drei Einsätzen geholfen, ohne ihn auch nur einmal im Stich zu lassen.
Die fünf Zahlen, aus denen sich der Sicherheitscode dieses Hauses zusammensetzte, waren Luther bereits zugetragen worden und in seinem Computer programmiert. Die richtige Abfolge war ihm noch ein Rätsel, doch dieses Hindernis würde kurzerhand von seinem Kumpel aus Metall, Draht und Mikrochip beseitigt werden müssen, wenn er das ohrenbetäubende Schrillen vermeiden wollte, das sofort an allen vier Ecken dieser knapp tausend Quadratmeter großen Festung aus den Lautsprechern ertönen würde. Danach würde der namenlose Computer, mit dem Luther in wenigen Augenblicken in den Clinch gehen musste, einen Anruf bei der Polizei tätigen. Außerdem verfügte das Haus über druckempfindliche Fenster und Bodenplatten, des Weiteren über manipulationssichere Türmagneten. All das war bedeutungslos, wenn Luther diesen einen Kampf gewann.
Während er auf den Schlüssel in der Tür starrte, hakte er WIT mit einer geübten Bewegung in den Werkzeuggurt, so dass er locker an seiner Seite hing. Dann streifte er sich ein Paar Plastikhandschuhe mit einer zusätzlichen Gummischicht an Fingerspitzen und Handballen über. Beweise zu hinterlassen war nicht sein Stil.
Tief durchatmend wappnete sich Luther gegen das nächste Geräusch, das er hören würde, nämlich den tiefen Ton der Alarmanlage, der den Eindringling vor einem verhängnisvollen Schicksal warnte, sollte die korrekte Antwort nicht innerhalb der vorgesehenen Zeit – und keine Zehntelsekunde später – eingegeben werden.
Der Schlüssel ließ sich widerstandslos im Schloss drehen. Dann stemmte Luther sich gegen die Tür.
Sogleich setzte ein Summton ein. Jetzt ging es um Sekunden. Rasch schlüpfte er in das riesige Foyer und wandte sich nach rechts, dem Schaltkasten zu.
Der automatische Schraubendreher drehte sich geräuschlos, die sechs Schrauben fielen in Luthers Hand und verschwanden in einer Tragetasche am Gürtel. Mondlicht drang durch das Fenster neben der Tür und schien auf dünne Drähte, die von WIT herabbaumelten. Dann fand Luther, nachdem er kurz das Innere des Kastens untersucht hatte wie ein Chirurg die Brusthöhle seines Patienten, die richtige Stelle, steckte dort die Litzen an und schaltete seinen Kumpel ein.
Aus der Eingangshalle starrte ein roter Schlitz auf Luther herab. Der Infrarotmelder hatte bereits auf seine Wärmeenergie angesprochen. Während die Sekunden verstrichen, wartete er geduldig darauf, dass ihm das »Gehirn« der Alarmanlage mitteilte, ob es sich bei dem Eindringling um Freund oder Feind handelte.
Schneller, als das Auge folgen konnte, flimmerten die Zahlen
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