Der Präsident
Gerichtsmediziner an. Dann stand er auf, um zu gehen.
»Nein. Glaube ich nicht.«
KAPITEL 10 Bill Burton saß in der Unterkunft des Secret Service im Weißen Haus. Langsam legte er die Zeitung hin, die dritte, die er an diesem Morgen las. In jeder fanden sich Folgeberichte über den Mord an Christine Sullivan. Die Fakten glichen praktisch denen aus den ersten Berichten. Offensichtlich gab es keine wesentlichen Fortschritte.
Er hatte mit Varney und Johnson gesprochen. Bei einer Grillparty bei sich zu Hause. Nur er, Collin und die beiden Kollegen. Der Kerl war im Tresorraum gewesen und hatte den Präsidenten und die Frau gesehen. Er war herausgekommen, hatte den Präsidenten niedergeschlagen, die Frau getötet und war trotz aller Bemühungen Burtons und Collins entwischt. Die Geschichte passte zwar nicht ganz zum tatsächlichen Ablauf der Ereignisse jener Nacht, doch beide Agenten schenkten Burtons Version uneingeschränkt Glauben. Außerdem zeigten sich beide wütend und entrüstet, dass jemand Hand an den Mann legte, den zu beschützen sie geschworen hatten. Der Verbrecher sollte seine gerechte Strafe erhalten. Von ihnen würde niemand erfahren, dass der Präsident in den Vorfall verwickelt war.
Nachdem sie gegangen waren, hatte Burton sich wieder auf die Terrasse gesetzt und noch ein Bier getrunken. Sie hatten ja keine Ahnung. Er leider schon. Sein ganzes Leben lang war Bill Burton ein aufrichtiger Mensch gewesen und konnte sich mit der neuen Rolle als Lügner ganz und gar nicht anfreunden.
Burton schlürfte die zweite Tasse Kaffee und sah auf die Uhr. Er goss sich eine weitere Tasse ein und schaute sich um.
Immer schon hatte er von diesem Posten geträumt. Er war Mitglied einer Elitetruppe, die den bedeutendsten Menschen auf Erden beschützte. Die Größe der Verantwortung, die Fähigkeit und das Wissen eines Agenten des Secret Service, die enge Kameradschaft. Jederzeit mit der Erwartung zu leben, das eigene Leben für das eines anderen zu opfern, zum Wohle der Allgemeinheit. Allein diese Gewissheit zeugte von einer höchst edlen Gesinnung in einer zunehmend tugendloseren Welt. All das hatte dafür gesorgt, dass Agent William James Burton jeden Morgen mit einem Lächeln im Gesicht aufgewacht war und nachts ruhig geschlafen hatte. Nun war das Gefühl verschwunden. Er hatte nur seine Arbeit getan, und das Gefühl war verschwunden. Kopfschüttelnd steckte er sich eine Zigarette an.
Er saß auf einem Pulverfass. Sie alle. Je eindringlicher Gloria Russell ihm versicherte, alles käme in Ordnung, desto weniger glaubte er daran.
Der Wagen war ein völliger Reinfall gewesen. Äußerst diskrete Nachforschungen hatten direkt zum Verwahrungsparkplatz für sichergestellte Fahrzeuge in Washington geführt. Es war zu riskant, weiter daran zu rühren. Russell war stinksauer gewesen. Sollte sie. Sie gab vor, alles unter Kontrolle zu haben. Von wegen.
Burton faltete die Zeitung wieder zusammen und legte sie ordentlich für den nächsten Agenten zurück.
Zum Teufel mit Russell! Je mehr Burton darüber nachdachte, desto ärgerlicher wurde er. Aber es war zu spät, um noch etwas zu ändern. Sie alle steckten bis zum Hals in der Sache drin. Er fasste an die linke Seite seines Jacketts. Die zementgefüllte 357er lag gemeinsam mit Collins 9mm am Grund des Severn River, an der abgelegensten Stelle, die sie finden konnten. Die meisten hätten das wahrscheinlich für übertriebene Vorsicht gehalten, doch für Burton gab es keine übertriebene Vorsicht. Die Polizei hatte eine nutzlose Kugel und würde die zweite niemals finden. Selbst wenn, der Lauf seiner Magnum wäre blitzsauber. Burton machte sich keine Sorgen darüber, dass ihn die ballistische Abteilung der Bezirkspolizei von Virginia zu Fall bringen konnte.
Dennoch würde es früher oder später geschehen. Irgendwo, irgendwie, würde der Mann an die Öffentlichkeit treten und der ganzen Welt erzählen, was sich zugetragen hatte. Es war nur eine Frage der Zeit. Der Präsident der Vereinigten Staaten war ein Ehebrecher. Seine Bettgefährtin für die Nacht hatte er so brutal verprügelt, dass sie ihn umbringen wollte, und die Agenten Burton und Collin hatten sie töten müssen.
Und dann hatten sie alles vertuscht. Das ließ Burton jedes Mal zusammenzucken, wenn er in den Spiegel blickte. Die Vertuschung. Sie hatten gelogen. Durch ihr Schweigen hatten sie gelogen. Aber hatte er das nicht die ganze Zeit über getan? Bei all den nächtlichen Stelldicheins? Wenn er morgens die
Weitere Kostenlose Bücher