Der Prediger von Fjällbacka
bereden.«
Im Anschluß an seine Worte trat er einfach durch die Tür und zog sie hinter sich zu. Aus reiner Verblüffung war Solveig zurückgewichen und ließ ihn ins Haus kommen. Martin mobilisierte all seine diplomatischen Fähigkeiten und erklärte ihr die Situation genau. Nach einiger Zeit nahmen ihre Proteste ab, und ein paar Minuten später konnte Martin die Tür öffnen und die anderen hereinlassen.
»Solveig, wir müssen auch die Jungs holen. Wo sind sie?«
Sie lachte. »Die verstecken sich bestimmt hinterm Haus, bis klar ist, weshalb ihr gekommen seid. Die haben eure Visagen bestimmt satt, genau wie ich.« Sie lachte und öffnete ein verdrecktes Fenster.
»Johan, Robert, schert euch her. Die Bullen sind wieder da!«
Es raschelte in den Büschen, und dann kamen Johan und Robert ins Haus getrottet. Abwartend musterten sie die Gesellschaft, die sich in der Küche zusammengedrängt hatte.
»Was ist los?«
»Jetzt wollen sie auch noch Blut von uns«, konstatierte Solveig kalt.
»Scheiße, seid ihr noch ganz dicht? Mein Blut kriegt ihr jedenfalls nicht!«
»Robert, mach jetzt keinen Zoff«, sagte Solveig müde. »Ich und dieser Polizeibeamte haben miteinander geredet, und ich habe gesagt, daß wir kein Theater machen werden. Also setzt euch jetzt hin und haltet die Klappe. Je schneller wir sie wieder los sind, um so besser.«
Zu Martins Erleichterung schienen sie ihr zu gehorchen. Mürrisch gestatteten sie, daß Jacobsson eine Spritze herausholte und ihnen beiden Blut abnahm. Nachdem auch Solveig erledigt war, verstaute er die sorgsam beschrifteten Behältnisse in seiner kleinen Box und verkündete, daß seine Arbeit jetzt beendet sei.
»Wozu braucht ihr das?« fragte Johan, mehr aus Neugier.
Martin gab ihm dieselbe Antwort, die Gabriel erhalten hatte. Dann drehte er sich zu dem jüngeren der zwei Uddevalla-Polizisten um und sagte: »Hol noch die Blutprobe ab, die sich in Tanumshede befindet, und kümmere dich darum, daß alles auf der Stelle nach Göteborg gelangt.«
Der junge Mann, der auf dem Gutshof ein bißchen zuviel mit Linda geflirtet hatte, nickte. »Ich erledige das. Zwei Leute sind noch aus Uddevalla unterwegs, um euch …«, er verstummte und blickte ein bißchen unsicher auf Solveig und ihre Söhne, die dem Dialog aufmerksam lauschten, »ja, bei eurem anderen Vorhaben zu assistieren. Sie treffen euch .«, eine zweite verlegene Pause folgte, »an dem anderen Ort.«
»Gut«, erwiderte Martin und drehte sich zu Solveig um. »Dann auch vielen Dank.«
Einen Augenblick erwog er, ihnen von Johannes zu erzählen, aber er wagte es nicht, Patriks ausdrücklicher Anweisung zuwiderzuhandeln. Patrik wollte nicht, daß sie es schon jetzt erfuhren, und da mußte er sich fügen.
Vor dem Haus blieb er einen Moment stehen. Wenn man von dem Verfall des Häuschens, den Autowracks und dem anderen Krempel absah, der hier draußen herumstand, so wohnten sie überirdisch schön. Er hoffte nur, sie selbst waren zuweilen imstande, den Blick von ihrem eigenen Elend zu heben und die Schönheit um sich herum wahrzunehmen. Aber er hegte große Zweifel.
»Na dann, auf nach Västergärden«, sagte Martin und ging entschlossen auf den Wagen zu. Eine Aufgabe war erledigt, eine andere wartete. Er fragte sich, wie es wohl bei Patrik und Gösta lief.
»Was glaubst du selber, warum du hier bist?« fragte Patrik. Gösta und er saßen Jacob in dem kleinen Vernehmungszimmer gegenüber.
Jacob betrachtete sie ungerührt, mit gefalteten, auf dem Tisch ruhenden Händen. »Wie soll ich das wissen? Nichts, was ihr gegen meine Familie unternommen habt, hatte irgendeine Logik, also vermute ich mal, jetzt wird es genauso sein.«
»Du meinst also in vollem Ernst, daß die Polizei ihre wichtigste Aufgabe darin sieht, deine Familie zu schikanieren? Welches Motiv sollten wir dafür haben?« Patrik beugte sich neugierig vor.
Von neuem erwiderte Jacob völlig ruhig: »Bosheit und Tücke brauchen kein Motiv. Aber was weiß ich, vielleicht habt ihr gemerkt, daß ihr bei Johannes einen Schnitzer gemacht habt, und versucht die Sache jetzt irgendwie vor euch selbst zu rechtfertigen.«
»Wie meinst du das?« fragte Patrik.
»Ich meine nur, daß ihr vielleicht glaubt, wenn ihr uns heute für etwas drankriegen könnt, dann müßt ihr auch damals bei Johannes recht gehabt haben«, erwiderte Jacob.
»Du findest das nicht etwas weit hergeholt?«
»Was soll man sonst denken? Ich weiß nur, daß ihr euch wie Zecken an uns festgesaugt habt
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