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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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sein sollten, und dann konnte es ja kaum falsch sein.
    Als sich die Menge um ihn allmählich zerstreute, nahm sie die Kinder an die Hand und ging zu ihm. Sie kannte ihn so gut.
    Sie sah, daß all das, was ihn während des Gottesdienstes erfüllt hatte, nun langsam zusammensank und sich statt dessen Müdigkeit in seinen Augen zeigte.
    »Komm, wir fahren nach Hause, Jacob.«
    »Noch nicht, Marita. Da ist erst noch etwas, das ich tun muß.«
    »Nichts, was du nicht morgen machen kannst. Ich nehme dich jetzt mit nach Hause, dann kannst du dich ausruhen, ich sehe doch, daß du müde bist.«
    Er lächelte und nahm ihre Hand. »Wie immer hast du recht, meine kluge Frau. Ich will nur im Büro meine Sachen holen, dann fahren wir.«
    Sie waren unterwegs zum Haus, als zwei Männer auf sie zuhielten. Erst sahen sie nicht, wer es war, weil ihnen die Sonne direkt in die Augen schien, aber als sie näher gekommen waren, ließ Jacob ein genervtes Stöhnen hören.
    »Was wollt ihr denn jetzt schon wieder?«
    Marita schaute verwundert von Jacob zu den Männern, bis sie durch Jacobs Ton begriff, daß es Polizisten sein mußten. Sie warf ihnen einen giftigen Blick zu. Die waren es, die Jacob und seiner Familie in letzter Zeit so viel Ärger bereitet hatten.
    »Wir möchten ein bißchen mit dir reden, Jacob.«
    »Was, in aller Welt, kann es noch geben, das ich nicht schon gestern gesagt habe?« Er seufzte. »Nun ja, es ist wohl das beste, es hinter sich zu bringen. Wir gehen in mein Büro.«
    Die Polizisten rührten sich nicht. Sie blickten betreten auf die Kinder, und Marita schwante nichts Gutes. Instinktiv zog sie die Kleinen an sich.
    »Nicht hier. Wir möchten mit dir auf dem Polizeirevier reden.«
    Der jüngere der Polizisten sprach. Der ältere stand ein wenig abseits und schaute Jacob voller Ernst an. Die Angst schlug ihr die Klauen ins Herz. Es waren wahrhaftig die Mächte des Bösen, die sich näherten, genau wie Jacob in seiner Predigt gesagt hatte.
     
    9
     
    Sommer 1979
    Sie wußte, daß das andere Mädchen sie verlassen halte. Aus ihrer Ecke hörte sie, wie es den letzten Seufzer in die Dunkelheit ausstieß, und sie betete fieberhaft zu Gott, er möge ihre Kameradin in der Not bei sich aufnehmen. In gewisser Weist empfand sie Neid. Weil die andere nun dem Leiden entkam.
    Das Mädchen war schon hier gewesen, als sie in diese Hölle geraten war. Der Schrecken hatte sie zuerst gelähmt, aber die Arme des Mädchens um ihren Leib und deren warmer Körper neben ihrem hatten eine seltsame Geborgenheit vermittelt. Zugleich war die andere nicht immer nett gewesen. Der Kampf ums Überleben hatte sie beide zusammen-, aber auch auseinandergetrieben. Sie selbst hatte die Hoffnung bewahrt. Das hatte die andere nicht, und sie wußte, daß sie das Mädchen manchmal dafür haßte. Aber wie hätte sie denn die Hoffnung aufgeben können? Ihr Leben lang hatte sie gelernt, daß sich auch die unmöglichsten Situationen lösen ließen, und warum sollte das diesmal anders sein? Sie sah die Gesichter ihrer Eltern vor sich und fühlte sich sicher in der Gewißheit, daß die beiden sie bald finden würden.
    Die andere tat ihr leid. Sie hatte überhaupt nichts besessen. Sie hatte gewußt, wer das Mädchen war, sobald sie ihren warmen Körper in der Finsternis gespürt hatte. Dort oben im Leben hatten sie jedoch nie miteinander geredet, und wie auf eine stillschweigende Vereinbarung hin nannten sie sich hier nicht beim Namen. Das erinnerte allzusehr an die Normalität, als daß sie es ertragen hätten. Aber das Mädchen hatte von ihrer Tochter gesprochen. Da war das einzige Mal Leben in ihrer Stimme gewesen.
    Die Hände zu falten, um für diejenige zu beten, die jetzt nicht mehr da war, hatte sie fast übermenschliche Anstrengung gekostet. Ihre Glieder gehorchten ihr nicht mehr, aber indem sie ihre letzten Kräfte zusammengenommen hatte, war es ihr mit purer Willenskraft gelungen, ihre widerspenstigen Hände zu einer Haltung zusammenzubringen, die an ein Gebet erinnerte.
    Geduldig lag sie mit ihrem Schmerz in der Dunkelheit und wartete. Jetzt war es nur noch eine Zeitfrage, bis Vater und Mutter sie finden würden. Schon bald …
     
    Gereizt sagte Jacob: »Ja, ich komme mit aufs Revier. Aber dann hat mit dieser Sache hier Schluß zu sein! Habt ihr gehört!«
    Aus dem Augenwinkel sah Marita, wie sich Kennedy näherte. Sie hatte ihn nie gemocht. Er hatte etwas Unangenehmes im Blick, das sich mit Verehrung mischte, wenn er Jacob ansah. Aber Jacob hatte

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