Der Preis der Ewigkeit
Umarmung zu erwidern. Er konnte sagen, es täte ihm leid, so viel er wollte, aber wir wussten beide, dass es nicht stimmte. Zu Mitleid war er gar nicht fähig. „Ich war mir sicher, Rhea würde ihm helfen.“
„Wir – wir waren zu spät“, log ich schluchzend und ließ den Tränen freien Lauf. „Bis wir bei ihr waren …“ Das war so nah an der Wahrheit, dass es mir nicht schwerfiel, mir auszumalen, wie es sich angefühlt hätte, Henry tatsächlich zu verlieren. Hätte Rhea ihn nicht geheilt, wäre er jetzt tot. Da war ich mir sicher.
So standen wir mehrere Minuten lang da. Kronos machte die üblichen Gesten, um einen geliebten Menschen zu trösten; beruhigende Worte, eine sanfte Berührung, das Versprechen, alles würde gut werden, während ich schluchzend an seiner Schulter lag. Doch ich weinte nicht über Henrys angeblichen Tod und Kronos liebte mich nicht wirklich. Wie hatte ich je auch nur ansatzweise glauben können, er wäre Henry?
„Was hat Ava versprochen, für Calliope zu tun?“, fragte ich schließlich, als ich mich ein wenig beruhigt hatte. „Hat sie etwas getan, um ihn sterben zu lassen?“
Kronos zuckte mit den Schultern und lockerte seine Umarmung. „Ich bin mir sicher, das hat sie nicht, auch wenn ich nicht im Traum behaupten würde, ich wüsste, was sie vorhat.“
Er log, doch es gab nichts, womit ich es hätte beweisen können. „Bist du Calliope gegenüber wirklich loyal?“, fragte ich leise. „Ich dachte, du wolltest mich.“
„Das will ich doch auch“, erwiderte er. „Ich bin niemandem außer dir gegenüber loyal. Natürlich erzähle ich ihr, was ich muss, damit sie zufrieden ist, aber ich lebe für dein Lächeln.“
Blödsinn. Ich hickste und löste mich von ihm, auch wenn er mich nicht ganz losließ. „Hör auf, Leute umzubringen. Bitte. Niemand sollte mehr wegen eines bescheuerten Kriegs sterben müssen.“
Kronos hielt inne, als würde er darüber nachdenken. Ich hielt den Atem an. „Nichts täte ich lieber, als dir deinen Wunsch zu erfüllen, meine Liebe, aber dir muss doch bewusst sein, dass mir das nicht möglich ist. Was erwartest du von mir? Dass ich mich widerstandslos in den Tartaros zurückziehe?“
„Natürlich nicht“, murmelte ich und wischte mir mit dem Ärmel die Augen. So viel zu dieser Idee. Aus dem Nichts zauberte Kronos ein Taschentuch herbei, das ich nur nahm, weil es mich auch nicht weiterbringen würde, es abzulehnen. „Warum muss es überhaupt einen Krieg geben? Warum können wir nicht alle miteinander existieren, ohne dass noch jemand sterben muss?“
Er lächelte und wirkte regelrecht amüsiert. „Weil der Rat, meine liebe Kate, nicht aufhören wird, bis ich von Neuem eingesperrt bin, und das kann ich nicht gestatten.“
„Was, wenn sie versprechen, das nicht zu tun?“, fragte ich. „Was, wenn jede Seite verspricht, niemanden mehr zu töten beziehungsweise zu versuchen, dich zurück in die Unterwelt zu schicken?“
„Wenn es so einfach wäre, hätten wir bereits vor Äonen eine Lösung gefunden. Leider ist es das nicht. Darauf wird Zeus sich niemals einlassen.“
„Der ist so ein sturer Esel“, stieß ich wütend hervor und Kronos lachte leise.
„Du hast ja so recht, meine Liebe. Sicher verstehst du, dass ich nicht aufhören kann, solange er über das Himmelreich herrscht.“
„Aber was wäre, wenn er und der Rest des Rats versprechen, nicht mehr anzugreifen?“, schlug ich vor und klammerte mich an diesen letzten Strohhalm wilder Hoffnung. „Wenn ich Walter – Zeus – dazu bringen könnte, dich in Frieden zu lassen, solange du niemandem mehr Schaden zufügst?“
Kronos hob die Schultern. „Wenn du in der Lage bist, das Unmögliche zu vollbringen, könnte ich einen Waffenstillstand in Erwägung ziehen, auch wenn ich da mit Sicherheit nicht für meine Tochter sprechen kann.“
Ohne Kronos war Calliope gegen die anderen Ratsmitglieder so gut wie machtlos. „Jemand hat mir mal gesagt, alles ist möglich, wenn du es nur versuchst“, sagte ich leise. „Wenn Zeus zustimmt, ziehst du dich zurück und lässt den Rat Calliope gefangen nehmen?“
„Ja“, versprach Kronos. „Sie ist mir nicht länger von Nutzen. Du bist alles, was ich brauche.“
Mein gesamter Körper wurde taub. Geschickt schlang Kronos mir die Arme um die Taille und zog mich sanft zurück an seine Brust, ohne mir eine Wahl zu lassen. Er erwartete, dass ich seine Königin werden würde, genau wie ich es versprochen hatte.
Natürlich erwartete er das. Er
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