Der Preis der Ewigkeit
vor?“, verlangte meine Mutter leise zu erfahren, doch ich blieb standhaft. Wenn ich sie ansähe, die Besorgnis in ihren Augen erkannte, wenn ich zuließe, dass die Verwirrung in ihrem Ton meine Entschlossenheit ins Wanken brachte … Ich wusste nicht, was ich dann tun würde. Und dieses Risiko konnte ich nicht eingehen.
„Er hat uns eine Liste der Götter geschickt, die sich auf Calliopes Seite geschlagen haben“, erklärte ich und hielt Walter die Schriftrolle entgegen, doch er rührte keinen Finger, um sie zu nehmen. „Als Zeichen seiner guten Absichten.“
„Da bin ich mir sicher“, meinte Walter drohend. „Und sobald er uns zahm und friedlich hat und bekommt, worauf auch immer er aus ist, wird er uns in den Rücken fallen und von Neuem versuchen, den Rat zu vernichten. Das werde ich nicht zulassen.“
„Er wird den Rat so oder so vernichten“, fuhr ich ihn an. „Wir haben nicht die Macht, siegreich aus einem Kampf mit ihm hervorzugehen. Vielleicht könnt ihr den Krieg noch über zehn Jahre hinziehen, aber letzten Endes werdet ihr verlieren. Die Menschheit wird vernichtet sein und Kronos wird uns alle töten. Es ist unausweichlich. Was kann es also schaden, mit ihm zu verhandeln? Er ist bereit, eine Vereinbarung zu treffen. Bedeutet das denn gar nichts?“
„Nicht wenn du von uns verlangst, mit einem Titanen zu verhandeln“, beharrte Walter entschlossen, doch es war mir egal. Er benahm sich völlig irrational. In Tausenden von Jahren, in denen er ausnahmslos seinen Willen gekriegt hatte, war er zu einem Fels geworden, unbeweglich und unempfänglich für andere Meinungen. „Kronos verhandelt nicht. Sein ultimatives Ziel wird immer unsere Vernichtung sein, und er wird nicht aufgeben, bis er es erreicht hat. Ich weiß, dass das alles neu für dich ist, Kate, aber das ist keine Entschuldigung für deine Unwissenheit.“
„Walter“, warf meine Mutter schneidend ein. „Das reicht. Kate hat gar nicht so unrecht. Vielleicht wäre es klug von uns, wenigstens in Erwägung zu ziehen …“
„Vater hat recht“, fiel ihr Dylan ins Wort und stand auf. Die dunklen Ringe unter seinen Augen konnten nicht über den erschreckenden Enthusiasmus hinwegtäuschen, der in seinem Blick funkelte. „Es hat keinen Sinn, sich an Verhandlungen mit Kronos zu versuchen. Er wird es bloß als Schwäche auslegen, und wir dürfen nicht zulassen, dass er irgendwelche Schlupflöcher in unserer Verteidigung entdeckt, die er für seine Zwecke ausnutzen könnte.“
Bei der Art, wie er mich dabei ansah, bekam ich eine Gänsehaut. „Und damit meinst du wohl mich“, schleuderte ich ihm entgegen. „Du hältst mich für eine Last.“
„Bisher hast du uns jedenfalls nicht genützt“, behauptete Dylan. „Wenn überhaupt, hast du alles nur schlimmer gemacht. Kronos hat Athen erst angegriffen, als du geflohen bist …“
„Sie hat ihn für uns abgelenkt und uns mehr Zeit verschafft“, fuhr James ihn an.
„… und es scheint deine Lieblingsbeschäftigung zu sein, den Rat abzulenken und darauf zu bestehen, Dinge zu versuchen, von denen wir wissen, dass sie nicht funktionieren können …“
„Sie ist diejenige, von der die Idee kam, im Parthenon nach Hinweisen zu suchen.“
„… und zum krönenden Abschluss ist Henry deinetwegen fast umgekommen …“
„Er hat selbst entschieden, die Befreiung ohne Verstärkung anzugehen.“
„Es reicht“, ergriff nun Henry leise das Wort, doch es war zu spät. Dylan hätte mir genauso gut in den Magen boxen können.
„Ich weiß“, brachte ich erstickt hervor. „Ich weiß das, okay? Ich versuche doch nur, alles in Ordnung zu bringen. Ich will nicht, dass sieben Milliarden Menschen nur wegen meiner Dummheit sterben. Ich will keinen von euch verlieren. Und ich versuche …“
„Vielleicht solltest du das mit dem Versuchen einfach mal lassen“, schlug Dylan vor und zwei Throne weiter erhob sich Irene.
„Das reicht “, warnte sie in einem gefährlich ruhigen Ton, der dem ihres Vaters ähnelte. Unseres Vaters. „Es ist nicht verwerflich, nach anderen Wegen als der Schlacht zu suchen. Wer sich aus bloßer Freude am Nervenkitzel in den Kampf stürzt, ist ein Narr, vor allem wenn er dabei unschuldige Leben in Gefahr bringt.“
„Nennst du mich einen Narren, Tochter?“, fragte Walter drohend. Irenes Hand zuckte, doch sie gab nicht nach. Ich hätte sie küssen können.
„Nein, Vater. Ich weise nur darauf hin, dass du mehrere Möglichkeiten hast. Wir wissen nicht einmal, was
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