Der Preis der Liebe
Begegnung zu erwähnen! Welch Triumph für Rosalind!
Dank seiner Abwesenheit war es ihr jetzt auch möglich, Mr. Knighton auszuhorchen, ohne dass ihr Mr. Brennan dabei in die Quere kam. Oder gar Papa.
Sie wartete, bis Mr. Knighton neben ihr und Juliet gegenüber von ihr Platz genommen hatten. Während die Bediensteten Platten mit Weißbrot, Würstchen und Rühreiern auf den Tisch stellten, griff sie nach der Teekanne und fing mit der Befragung an. „Ich nehme an, Ihre Firma ist ziemlich groß, nicht wahr?“
„O ja, sehr groß sogar.“ Er lehnte sich zurück, damit sie ihm Tee einschenken konnte. „Allein im Londoner Büro der Knighton Handelsgesellschaft sind dreißig Leute beschäftigt.“
„Dreißig! Das ist wirklich enorm. Sie müssen uns erzählen, wie es Ihnen gelungen ist, ein solch beeindruckendes Unternehmen aufzubauen!“ Gespannt nippte sie an ihrem Tee. Ob er wohl antworten konnte, ohne die unrühmlichen Anfänge seiner Gesellschaft zur Sprache zu bringen?
„Das ist eine viel zu langweilige Geschichte für so reizende junge Damen.“ Er guckte zur Tür. „Wo ist übrigens Ihre Schwester heute Morgen?“
Rosalind war nicht bereit, das Thema zu wechseln. „Helena ist bei Papa. Nun, was also die Gründung Ihrer Firma betrifft...“ „Bereitet sie ihn auf meinen Besuch vor?“ unterbrach er hartnäckig. „Heißt das, dass ich Ihren Vater nach dem Frühstück treffen kann?“
Rosalind stutzte. „Sie haben Papa noch gar nicht gesehen?“ Sie wandte sich an ihre Schwester. „Juliet, warum war Mr. Knighton noch nicht bei Papa?“
Juliet wurde rot. „Weil Papa sich gestern Abend nicht wohl fühlte, weißt du nicht mehr?“
„Es ging ihm eigentlich wie immer, als ich ..." Juliet trat ihr unter dem Tisch heimlich gegen das Schienbein. „Ach so, ja ... Stimmt, Papa fühlte sich nicht wohl.“ Schon wieder hatte sie vergessen, dass sie eingesperrt gewesen war - und das nur wegen dieses schrecklichen Beraters. Der Mann hatte eine Wirkung auf sie, die überaus ärgerlich war.
Juliet nahm den Deckel von einer der Platten ab. „Mr. Knighton, Sie müssen unbedingt die Rühreier probieren. Sie sind eine Spezialität unserer Köchin.“
Es entspann sich ein Gespräch über die Köchin und ihre Künste, des Weiteren über die Küche im Allgemeinen bis hin zu der Frage, woher sie ihre Kohlen zum Heizen bezogen. Rosalind verfolgte die Unterhaltung voller Ungeduld, weil sie es kaum erwarten konnte, wieder auf die Firma zu sprechen zu kommen. In der Zwischenzeit nutzte sie die Gelegenheit, Mr. Knighton genauer zu beobachten.
Er war ganz anders, als sie sich vorgestellt hatte. Ihm fehlte Mr. Brennans Arroganz und aufreizende Selbstsicherheit. Mr. Knighton wirkte genauso nervös wie Juliet und schien fest entschlossen, freundlich zu sein. Er war höflich und charmant. Seine Tischmanieren musste man jedoch als ein wenig ungeschliffen bezeichnen - er aß Unmengen und hantierte etwas ungeschickt mit dem Besteck -, aber ansonsten war er durchaus liebenswürdig. Trotzdem wollte sie sich von seiner offensichtlichen Gutmütigkeit nicht einlullen lassen. Sie wartete auf den richtigen Moment, dann kam sie auf ihr ursprüngliches Thema zurück, dieses Mal jedoch um einiges direkter.
„Mr. Knighton, stimmt es, dass Sie einst Waren verkauft haben, die von Schmugglern nach England gebracht worden sind?“
„Rosalind!“ stieß Juliet empört hervor.
„Aber wir plaudern doch nur! “ Rosalind sah ihren Cousin herausfordernd an. „Es macht Ihnen doch nichts aus, darüber zu sprechen, oder? Man redet ja allenthalben davon, dass Sie deswegen so erfolgreich geworden sind, weil Sie französischen Brandy und Seide verkauft haben, die während des Krieges illegal ins Land gebracht wurden. Ich erwähne damit also nichts Neues, nicht wahr?“
Mr. Knighton schien um Worte verlegen, und Juliet stammelte gerade eine Entschuldigung, als von der Tür her eine Stimme ertönte.
„Greifen Sie mal wieder wie gewöhnlich Ihre Gäste an, Lady Rosalind?“
Innerlich aufstöhnend drehte sie sich um. Sie hätte eigentlich ahnen müssen, dass Auftritte im denkbar unpassenden Moment zu seinen zahlreichen anderen schlechten Angewohnheiten zählten. „Guten Morgen, Mr. Brennan. Wir haben uns eben über die Anfänge der Knighton Handelsgesellschaft unterhalten. “ „Das habe ich gehört.“ Aufreizend gelassen schlenderte er ins Zimmer. „Ich bin erleichtert, dass Sie nicht nur mir allein kriminelle Aktivitäten unterstellen,
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