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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Endres
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gewöhnt sich an alles.«
Die junge Frau, die dem Dialog hinter ihrer knusprigen Kaninchenkeule hervor bis hierhin schweigend gefolgt war, lächelte schwach. »Ihr seid schon ziemlich lange zusammen, was?«
Visco stutzte. »Woran erkennst du das?«
»Ihr streitet euch wie ein altes Ehepaar.«
»Oh.« Der Vampir verzog das Gesicht. »Na danke .«
»Ich meine ...«
»Ich weiß , wie du es gemeint hast.« Visco erwiderte ihr Lächeln und zwinkerte. »Und Lorn versteht das auch. Immerhin ist er in jedem Gasthaus von hier bis Dremhaven für seinen großartigen Sinn für Humor bekannt.«
Lorn schenkte Visco einen eisigen Blick.
Narija zog unterdessen prüfend die Luft ein.
»Was tun wir eigentlich, wenn sich ein Wolf oder ein Bär durch den Bratengeruch eingeladen fühlt?« Sie schielte nervös in Richtung des Höhleneingangs, vor dem sich der wabernde Nebel wie ein zähflüssiger grauer Vorhang bewegte.
»Wir schicken Lorn nach draußen.« Visco leckte sich unbekümmert die Finger ab, die im Feuerschein fettig glänzten. »Der erklärt dem Bären dann in Brummsprache, dass wir eine geschlossene Gesellschaft sind.«
Narija grinste. Langsam gewöhnte sie sich nicht nur an den mürrischen Krieger mit den feinen Narben im Gesicht, sondern auch an dessen charakterliches Gegenstück, den blassen Mann mit dem charmanten Lächeln – das nun zum Glück auch wieder eine ebenmäßige Zahnreihe zur Schau stellte. So sah Visco DeRául gar nicht mal schlecht aus ...
Für einen Vampir, erinnerte sich Narija sofort und erschrak über das Bedauern, das sie bei diesem Gedanken verspürte.
»Wann brechen wir morgen auf?«, fragte sie schnell und bemühte sich, dabei so belanglos wie möglich zu klingen.
»Sobald Prinzessin ausgeschlafen hat.« Lorn sah die junge Frau über die Flammen hinweg so finster an, dass Narija den Blick abwandte und verlegen ins Feuer starrte.
»Ich kann sehr früh aufstehen, wenn es sein muss ...«
»Nicht früh genug«, knurrte Lorn.
»Vielleicht solltest du jetzt trotzdem schlafen gehen«, begann Visco, wurde aber von Lorn unterbrochen.
»Ja. Für ein Bauernmädchen hast du heute wirklich genug Abenteuer und Aufregungen gehabt ...«
Narija starrte den Jagam entgeistert an. Sie musste an ihre Furcht denken, an ihre Schmerzen und an das Schicksal, dem sie nur mit knapper Not entkommen war. Das alles wollte dieser narbige Mistkerl als Abenteuer abtun ? Tränen bahnten sich einen Weg über ihre geschwollenen Wangen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Ungelenk stand sie auf und rannte schluchzend in die Nacht.
Visco sah ihr alarmiert nach; dann zuckte sein Blick in Lorns Richtung, der unbeteiligt in die Flammen stierte. »Ich hoffe, dass du dir deiner Wirkung auf Frauen bewusst bist, Jagam «, zischte der Vampir gallig und erhob sich in einer fließenden Bewegung, um Narija mit schnellen Schritten nachzugehen. Der Nebel verschluckte auch ihn bereits nach wenigen Metern.
Lorn starrte weiter in die Flammen.
»Das bin ich, Scharfzahn, das bin ich«, erklärte der Nachtjäger dem Feuer nach einer Weile leise und griff nach der letzten Kaninchenkeule.
*
    Nachdem die Söldner zu ihrem Hauptmann aufgeschlossen hatten, ritten Wambarc und seine Männer in eng geschlossener Formation auf die roten Augenpaare im Nebel zu.
Drei von Wambarcs Leuten – darunter der junge Tilbur – hatten weniger Willenskraft als ihr Anführer und der Rest der Kriegerschar. Sie rissen ihre Rösser kurz vor dem Zusammenprall mit dem Wolfsrudel brutal herum. Dicht über die Hälse ihrer Pferde gebeugt, galoppierten die drei davon und versuchten, in Richtung Waldrand zu entkommen.
Daraufhin sanken aus der Schattenreihe im Nebel vier der glühenden Augenpaare nach unten und eilten den Flüchtenden wie lautlose Kuriere des Todes hinterher.
Wambarc, der an der Spitze seiner zu einem schmalen Dreieck ausgefächerten Truppe ritt, sah je zwei riesige Schatten links und rechts an ihrer kompakten Phalanx vorbeihuschen. Ein strenger Moschusgeruch stieg ihm in die Nase, als die Wölfe kurz auf gleicher Höhe waren. Sein Pferd wieherte schrill und wollte zur Seite ausbrechen, sodass Wambarc Mühe hatte, das panische Tier unter Kontrolle zu halten.
Kräftige Läufe trugen die Wölfe derweil geschwind durch das Grau. Die Entfernung zu den flüchtigen Söldnern schmolz rasch dahin. Tilbur und die anderen beiden blickten immer wieder über die Schulter zurück – nur um zu sehen, dass ihr Vorsprung mit jedem Hufschlag geringer wurde und die roten Augen immer

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