Der Preis des Lebens
näher kamen. Das Trio stachelte seine Pferde lautstark an, obgleich die Furcht vor den Wölfen der beste Antrieb für die Tiere sein musste.
Wambarc achtete nicht weiter auf das Dreigespann und seine lautlosen Verfolger, sondern konzentrierte sich ganz auf die rotäugigen Schatten im Nebel vor ihm. Diese sanken nun nacheinander ebenfalls herab und verharrten gut auf Hüfthöhe.
Der Herr stehe uns bei , dachte Wambarc, obwohl seine Berührungen mit dem Glauben an den Einen sonst eher auf die gelegentliche Plünderung einer abgelegenen Waldkapelle oder einer kleinen Dorfkirche hinausliefen.
Dann waren sein waffenstarrender Haufen und er unter den Wölfen. Ein Wirbelsturm aus wildem Knurren schlug ihnen entgegen. Gewaltige Kiefer schnappten nach Menschenbeinen und Pferdehälsen, während zottige Leiber Rösser und Reiter ansprangen und von messerscharfen Zähnen und langen Klauen Gebrauch gemacht wurde.
Neben sich sah Wambarc einen seiner Männer aus dem Sattel kippen, nachdem ein großer Wolf ihn von der Seite angesprungen und mit seinem Gewicht aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Kaum dass die Schultern des Söldners den Boden berührten, stürzten sich auch schon zwei weitere Schatten laut knurrend auf ihn und zerfetzen sowohl den Mann, als auch sein angsterfüllt kreischendes Reittier.
Wambarc hackte derweil nach einem Werwolf, der einem anderen seiner Untergebenen auf den Rücken gesprungen war. Die scharfe Klinge des Hauptmanns bohrte sich gierig in das stinkende, zottelige Fell und fügte der Bestie eine tiefe Wunde zu, die ihr Rückgrad entblößte. Der Wolf heulte schmerzerfüllt auf, ließ von seinem Opfer ab, fiel und blieb reglos am Boden liegen, ehe eine Nebelschwade seinen Kadaver verschluckte. Unermüdlich teilte Wambarc weiter zu beiden Seiten Schwerthiebe aus, teils gezielt, teils blind, da die Werwesen überall im Nebel zu sein schienen und mal hier, mal da völlig unversehens aus dem wabernden Grau auftauchten.
Und allerorts den Tod brachten.
Die markerschütternden Schreie sterbender Männer, das schrille Kreischen zum Tode geweihter Pferde und das Knurren, Bellen und Jaulen der Werwölfe zerrissen die nebelige Nacht.
Wie schnell die Jäger zur Beute geworden sind , überlegte Wambarc mit kaltem Entsetzen und spähte in den Nebel, da das Kampfgeschehen sich ein wenig von ihm entfernt hatte.
Die Schwaden um ihn herum waren mit einem Mal so dicht, dass er sie mit dem Schwert hätte in Scheiben schneiden können. Plötzlich sah der schwer atmende Wambarc die dunkle Silhouette eines reiterlosen Pferdes wenige Meter entfernt, vor der noch ein anderer, deutlich massigerer Schatten auf zwei Beinen aufragte. Das herrenlose Pferd bäumte sich auf und trat mit den Vorderhufen nach dem breitschultrigen Schatten. Wambarc sah, wie die Hufe den Wolf direkt vor die Brust trafen; er hörte ein klagendes Jaulen, das in einem unglaublich menschlich klingenden Seufzer endete.
Der Söldnerhauptmann nickte zufrieden, als der dunkle Umriss des Wolfs zusammensackte und im Nebel verschwand.
Da ließ ein unheilvolles Knurren zu seiner Rechten Wambarc mit erhobenem, blutgetränkten Schwert herumfahren.
Zwei rot glühende Schlitze näherten sich ihm dicht über dem Boden, nicht mehr als eine verwaschene Kontur mit Augen wie Kohlenbecken, die durch feuchtes Gras und dichten Nebel kroch. Ein unheimlicher Anblick.
Wambarc hatte alle Mühe, sein Pferd zumindest so weit im Zaum zu halten, dass es ihn nicht abwarf und durchging.
Angespannt erwartete er den Wolf.
»Komm her« , flüsterte der Hauptmann heiser und umfasste das Heft seines Schwertes fester.
Nicht ganz drei Schritt vor Wambarc verharrte der Wolf jedoch urplötzlich an Ort und Stelle, ja zog sich sogar wieder ein ganzes Stück in das wabernde Grau zurück.
»Worauf wartest du?«, fragte Wambarc angespannt.
Das rote Glühen verkam zu einem blassen Glimmen, als der Werwolf sich noch weiter in die Schwaden zurückzog.
»Verflucht, was soll das?!«
Wambarc blickte dem Wolf verstört hinterher, bis auch das letzte schwache rötliche Glimmen vom Nebel verschluckt wurde.
Zu spät bemerkte der Hauptmann, wie sich seine Nackenhaare aufstellten und ihm ein Schauer über den Rücken rann.
Als er sich im Sattel umdrehte, war der zweite Werwolf, der sich von hinten an ihn angeschlichen hatte, bereits in der Luft. Wambarc spürte einen gewaltigen Druck auf dem Oberkörper, als der Wolf auf ihm landete. Er roch den fauligen Atem der Bestie und hörte, wie sich die Kiefer mit einem
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