Der Preis des Verrats (German Edition)
ausgewertet werden und dass er sie innerhalb einiger Arbeitstage erhalten würde. Er hatte versucht, an der Miene der Arzthelferin irgendetwas abzulesen, doch ihr Gesichtsausdruck war unerschütterlich und gleichmütig geblieben, geradezu nichtssagend.
Sie hatte jedoch seinen Blick gemieden, und das bereitete ihm Sorgen.
16. KAPITEL
Ein trostloses Grau durchdrang den Samstag, den Caitlyn für Hausarbeiten vorgesehen hatte. Sie hatte diverse Kartons mit alten Kleidern zu einer Kirche in Middleburg gebracht, wo man Spenden annahm, dann war sie Lebensmittel einkaufen gegangen, um ihren Kühlschrank und die Speisekammer aufzufüllen. Am späten Nachmittag war sie mit dem Hausputz fertig und machte es sich mit einer Tasse Tee und einem Buch auf der Couch gemütlich, da klingelte es an der Tür.
Caitlyn spähte durch das Facettenglas in der Eingangstür und war überrascht. Sie schaltete die Alarmanlage aus und glättete ihr Haar, bevor sie die Tür öffnete. Reid stand draußen. In Jeans und einem dunklen T-Shirt unter der Lederjacke.
„Ich dachte, ich sollte mal nach dir sehen.“ Sein Blick aus grauen Augen war besorgt.
Sie legte den Kopf leicht zur Seite. „Du hättest auch einfach anrufen können.“
„Das habe ich sogar. Du bist nicht drangegangen und ich habe mir ein bisschen Sorgen gemacht.“
„Oh.“ Caitlyn fuhr mit ihren Händen über ihre Oberarme.
Sie trug einen dicken Pullover mit Zopfmuster und ein Paar schwarze Reithosen. „Ich war vorhin außer Haus und habe Einkäufe erledigt. Mein Handy lag zum Laden in der Küche.“
„Du solltest wirklich nicht das Haus ohne dein Handy verlassen, besonders wenn man bedenkt, was in letzter Zeit passiert ist.“
„Du hast recht“, räumte sie kleinlaut ein. Sie öffnete die Tür ein Stück weiter, um ihn hereinzulassen.
„Ich habe auch im Reitstall angerufen.“ Er folgte ihr nach drinnen. „Der Anrufbeantworter sagte, ab drei wäre geschlossen. Als ich dich nicht erreichen konnte, beschloss ich, hier herauszufahren.“
Caitlyn behagte der Gedanke nicht, dass sie ihm irgendwelchen Ärger bereitet hatte – denn das hatte sie in letzter Zeit bestimmtoft genug getan. „Es tut mir wirklich leid. Ich bin sicher, du hast an einem Samstag Besseres zu tun. Aber wo du schon mal hier bist, ich habe gerade Tee gekocht. Möchtest du eine Tasse?“
Reid nickte. „Das wäre großartig. Danke.“
Sie ließ ihn im Wohnzimmer zurück, immer noch ein wenig verblüfft wegen seines Besuchs. Sicher, wenn er so auf ihr Wohlergehen bedacht war, hätte er auch einfach das Middleburg Police Department kontaktieren und darum bitten können, dass sie einen Streifenwagen zu einer Sicherheitskontrolle hier herausschickten. Irgendetwas anderes lag ihm auf der Seele, befand Caitlyn. Es war deutlich erkennbar, sie sah es in der Anspannung um seine Augen und in dem harten Zug um seinen Mund.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, mit einer Porzellanteekanne und einer zweiten Tasse, stand er vor einer Gruppe silbergerahmter Fotos auf dem Bücherregal. Es waren Bilder von Caitlyn mit ihren Eltern, in glücklicheren Zeiten. Die Bilder, auf denen auch Joshua zu sehen war, hatte sie schon vor langer Zeit in einen Karton auf dem Dachboden verbannt. Sie konnte es nicht ertragen, dass sein Gesicht sie jeden Tag anstarrte.
„Wo wurde das aufgenommen?“, fragte Reid. Der Schnappschuss zeigte Caitlyn mit ihrem Vater, beide hielten ein Gewehr in der Hand. Sie standen Seite an Seite auf einem Grasfeld, über ihnen ein strahlend blauer Himmel.
„Nur ein paar Meilen die Straße hinunter, genau genommen. Ein Freund unserer Familie hatte da draußen ein Sommerhaus, und mein Vater nahm Joshua und mich immer mit zum Tontaubenschießen. Ich habe mir nie etwas aus der Jagd gemacht, aber ich fand es aufregend, diese Tonscheiben zu treffen.“
Caitlyn betrachtete sein Profil, als er das Foto zurückstellte. „Reid, ist alles in Ordnung?“
Er nickte, aber sein Gesicht wirkte verschlossen. „Hast du außer Jagdgewehren noch irgendetwas in dem Waffenschrank oben?“
„Da sind auch ein paar Faustfeuerwaffen. Warum?“
„Ich war auf dem Weg zum Schießplatz, als ich dich zu erreichen versuchte – meine Dienstwaffe liegt im Auto.“ Reid ließ die Hände in die Taschen gleiten. „Bald werde ich wieder im Dienst sein. Ich muss meine Waffentauglichkeit noch einmal neu unter Beweis stellen, und meine Prüfung ist am Donnerstag. Du hattest mal erwähnt, es gäbe auf deinem Anwesen einen
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