Der Preis des Verrats (German Edition)
Schießplatz?“
Caitlyn schaute an ihm vorbei aus dem Fenster. Der Nachmittag hielt dichten Nebel bereit, der auf Regen hindeutete, aber bislang war es nicht mehr gewesen als ein leichtes Nieseln.
„Der Schießplatz ist im Wald. Wir können dorthin reiten“, sagte sie zu ihm. „Die Anlage ist nichts Besonderes, verglichen mit dem, was du wahrscheinlich gewohnt bist, aber es gibt ein paar Zielscheiben, die vom früheren Besitzer zurückgelassen wurden.“
„Du solltest dir eine Jacke holen. Und eine Pistole.“
Während ihre Pferde nebeneinanderher trabten, spielte Caitlyn den Reiseführer und zeigte Reid die sehenswürdigen Dinge ihres Anwesens auf dem Weg zum Schießstand. Sie zeigte ihm die hoch aufragende Eiche mit den ausladenden Ästen, die weit über hundert Jahre alt war, und das Wasserrad. Früher war es Teil einer funktionierenden Getreidemühle gewesen, jetzt stand es halb begraben im rauschenden Bach. Im Laufe der Zeit hatte das Wasser die Speichen des Rades blank geschliffen. Die Luft um sie herum war klamm und kalt, und wenn sie sprachen, bildete ihr Atem kleine Wolken. Reid schien sich wohlzufühlen auf dem muskulösen Falben, den Caitlyn für ihn ausgesucht hatte. Er hielt die Zügel locker in seinen kräftigen Händen und passte sich spielend dem leichten Galopp des Pferdes an. Caitlyns eigenes Pferd, eine grau gescheckte junge Stute namens Camilla, war temperamentvoller als das andere Tier, aber Caitlyn hielt es mit fester Hand im Zaum.
Sie erreichten die Lichtung, wo der Schießplatz lag. Eine Reihe dünner Metallscheiben hingen nebeneinander an einemlängs gespannten Draht. Dahinter waren große Erdhügel aufgeschüttet worden.
„Es ist nichts Besonderes“, sagte Caitlyn, als sie absaß. „Das FBI hat sicher bessere Anlagen zu bieten.“
„Frische Luft ist mir lieber.“ Reid war ebenfalls vom Pferd geklettert und spähte zu den Zielscheiben hinüber, die ungefähr vierzig Meter entfernt waren. „Kommst du oft hier heraus?“
Caitlyn beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen. „Bis vor Kurzem so gut wie nie. Aber nach dem, was mit Aggie passiert ist, und nach dem Einbruch in meinem Haus dachte ich, es wäre Zeit für eine Auffrischung.“
Sie brachten die Pferde so weit wie möglich vom Schießbereich fort und pflockten sie an. Die junge Stute schnaubte und schüttelte den Kopf. Caitlyn streichelte ihr Maul, sprach leise auf das Tier ein und brachte es zur Ruhe.
„Du hast mir das zahme gegeben, nicht wahr?“
Sie grinste. „Du bist ein besserer Reiter, als ich dachte.“
Er zog seine Waffe aus der Satteltasche. „ Hiermit bin ich wesentlich besser.“
Sie wechselten sich beim Schießen ab, und der Knall der Schüsse hallte wie Donner von den Berghängen zurück. Das herbstliche Laub um sie herum bildete eine Kakofonie aus leuchtenden Farben, kräftiges Orange stieß auf Ocker und Goldbraun. Die Luft duftete nach feuchter Erde. Caitlyn hielt ihren kurzläufigen Revolver sicherheitshalber auf den Boden gerichtet und beobachtete Reids Haltung, als er auf die Scheibe zielte und feuerte. Die Kugeln durchschlugen die Platten mit scharfem Knall. Plötzlich zog sich Caitlyn der Magen zusammen. Ihre Gedanken wanderten in der Zeit zurück, bis zu diesem Tag vor zwei Jahren, als Reid in einem kalten, verfallenen Fabrikgebäude am Ufer des Potomac stand.
„Hast du irgendwann mal auf einen Menschen geschossen, abgesehen von Joshua?“, fragte sie leise.
Reid schaute sie nicht an, stattdessen lud er noch einmal durch. „Ich habe auf einen Verdächtigen, der Agent Tierneymit einem Messer angegriffen hatte, geschossen und ihn dabei getötet. Das war vor vier Jahren.“
Er zielte wieder und traf die Scheibe genau in der Mitte. Caitlyn wandte sich einem leichteren Thema zu. „Na ja, die Beurlaubung vom Dienst scheint deiner Treffsicherheit nicht geschadet zu haben.“
„Du bist dran“, erklärte Reid. Er steckte die Glock ins Holster, das er an seiner Jeans befestigt hatte. „Zeig mir, was du draufhast.“
Caitlyn bewegte sich vorwärts und konzentrierte sich darauf, den Abzug ohne Ruck zu bedienen. Sie traf die Scheibe beim ersten Versuch, verfehlte sie aber beim zweiten.
„Halte deine Hüften parallel zur Zielscheibe“, wies Reid sie an. Er stand hinter ihr, streifte mit seinem Körper ihren Rücken, umfasste sanft ihre Taille, um ihre Haltung zu korrigieren.
Caitlyn feuerte wieder und traf daneben.
„Du hast vorhin besser geschossen.“
Sie senkte die Waffe und drehte sich
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