Der Preis des Verrats (German Edition)
und zerschlagen von dem Überfall.
„Geht es ihr manchmal noch schlechter?“, fragte er.
„Heute hat sie immerhin gesprochen. Manchmal antwortet sie überhaupt nicht. Dann starrt sie einfach durch einen durch, als ob sie eine Million Meilen weit weg wäre.“
„Erinnert sie sich jemals daran, wer du bist?“
Caitlyn schüttelte den Kopf. „Nein.“
Reid blieb stehen und berührte ihren Arm durch die Schlinge. „Es tut mir leid, Caitlyn. Ich weiß, ich hatte bei dem, was ihr passiert ist, die Hand im Spiel.“
„Es ist nicht deine Schuld. Du hast deine Arbeit gemacht“, antwortete sie freimütig.
Der Wind an diesem Nachmittag war frisch, und Caitlyn fröstelte ein wenig. Reid zog seine Lederjacke aus und legte sie ihr um die Schultern. Die Jacke strömte immer noch die Wärme seines Körpers aus, und Caitlyn erlaubte sich für einen Moment, in dieser Wärme Trost zu finden. Nach einem Besuch bei ihrer Mutter fühlte sie sich jedes Mal niedergeschlagen und bedrückt. Sie starrte über das Gelände des Pflegeheims, sah, wie die Blätter im Herbstwind raschelten. Dann blickte sie hinauf in den leicht bewölkten Nachmittagshimmel.
„Wie geht es dir?“, fragte Reid, während sie weiter in Richtung seines Wagens gingen. Offenbar hatte er ihre Stimmung erspürt.
„Schlecht. Mein Kopf tut immer noch ein wenig weh.“
Caitlyn wusste, dass das Band aus der Überwachungskamera des Krankenhauses nicht viel über ihren Angreifer verraten hatte – zumindest nicht mehr, als sie selbst in der Dunkelheit hatte ausmachen können. Er war noch immer eine gesichtslose Gefahr, eine ständige Bedrohung. Bei dem Überfall war alles so schnell gegangen und sie hatte alles falsch gemacht. Sie hatte sich nicht genug gewehrt, hatte noch nicht einmal Anstalten gemacht, ihm die Maske vom Kopf zu reißen.
Sie hatte Glück, dass sie noch am Leben war.
„Fährst du mich zurück zu meinem Auto?“, fragte Caitlyn, als Reid ihr in seinen Geländewagen half. Er hatte sie zu der Vinings Care Facility gefahren, damit sie ihre Mutter besuchenkonnte, deshalb war ihr Auto in der Parkgarage des Krankenhauses geblieben. Ihr krampfte sich der Magen zusammen bei dem Gedanken, an den Ort zurückkehren zu müssen, wo sich der Angriff ereignet hatte.
„Nein, wir fahren jetzt zu meinem Apartment.“
Seine Ankündigung überraschte Caitlyn nicht wirklich. Reid hatte ihr klar seine Meinung gesagt. Er fand, sie sollte nicht eher nach Hause zurückkehren, bis er irgendeine Bewachungsmöglichkeit organisiert hatte.
„Was soll ich machen? Die Nacht dort verbringen?“
„Eine Nacht. Vielleicht zwei. Und es ist nicht das erste Mal, dass wir unter demselben Dach schlafen.“
„Ich könnte auch in ein Hotel gehen.“
Er blickte sie prüfend an. „Du bist nicht in bester Verfassung, Caitlyn. Ich versuche immer noch herauszufinden, wie du den Arzt dazu gebracht hast, jetzt schon deine Entlassungspapiere zu unterschreiben. Ich bezweifle, dass du im Moment überhaupt Auto fahren kannst mit deiner Hand, ganz zu schweigen davon, wie du dich anziehen oder waschen willst.“
Als er über sie hinweggriff, den Sicherheitsgurt über ihre Brust zog und die Schnalle schloss, war er ihr auf einmal unglaublich nah. Reid roch sauber, ein maskuliner Seifenduft, und Caitlyn wurde sich plötzlich bewusst, wie zerzaust und unordentlich sie aussehen musste. Reid richtete sich wieder auf, stand draußen neben dem Auto und stützte sich mit einer Hand auf das Dach des Geländewagens.
„Ich würde mit dir heute Abend zurück nach Middleburg fahren, aber morgen findet meine Prüfung auf Waffentauglichkeit statt, die ich noch einmal ablegen muss. Es ist sinnvoller, wenn du bei mir bleibst, anstatt andersherum.“
Caitlyn blieb stumm, ihr wollte kein Gegenargument einfallen. Auch Manny war nicht auf Rambling Rose, denn sie hatte darauf bestanden, dass er sich eine Woche freinahm, um seine Tochter Maria zu besuchen. Abgesehen von den Tagelöhnern wäre sie völlig allein auf der Farm. Sie könnte die Treadwellsanrufen, aber nach dem seltsamen Vorfall mit Rob im Flur vor ihrem Badezimmer war sie nicht sicher, ob sie sich damit wohlfühlen würde, in deren Haus zu übernachten. Robs Nummer war seitdem drei Mal auf ihrem Handy-Display aufgetaucht, aber er hatte ihr keine Nachricht hinterlassen. Sie hatte den Anruf auch nicht angenommen. Wieder überlegte sie, ob sie sein Angebot falsch verstanden hatte. Vielleicht wollte er ihr wirklich nur helfen und hatte
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