Der Preis des Verrats (German Edition)
Bewegungen fachmännisch aus der Flasche.
„Sieht nach einem guten Tropfen aus.“ Er goss etwas Wein in die beiden Kelchgläser, die Caitlyn auf den Tisch gestellt hatte.
„Ist es auch. Ich habe einige schöne Weine von Weingütern aus der Umgegend, aber dieser hier stammt aus der Sammlung meines Vaters. Im Haus in Georgetown hatten wir einen Weinkeller. Ich habe die besten Flaschen mitgebracht – es hat ja keinen Sinn, einen guten Wein zu vergeuden.“
Sie wurde still, und Reid fragte sich, ob sie wieder an Bliss dachte und was in dem Haus ihrer Familie am Tag zuvor geschehen war. Als er aus der Stadt zurückgekehrt und mithilfe des Schlüssels und des Codes für die Alarmanlage, den Caitlyn ihm gegeben hatte, ins Haus gelangt war, war sie bereits nach oben gegangen, um zu duschen. Aber der Fernseher im Wohnzimmer lief, sie hatte einen Nachrichtensender eingeschaltet. Offensichtlich war sie auf der Suche nach neuesten Informationen über die Entführung ihrer Freundin gewesen.
Caitlyn nahm das Glas entgegen, das Reid ihr reichte. Verlegen strich sie sich mit einer Hand durch das feuchte Haar. „Du hast sicher genug davon, mich so zu sehen. Mit nassem Haar und ohne Make-up.“
„Ich finde, du siehst perfekt aus.“
In dem gedämpften Licht des Esszimmers schienen ihre Augen moosgrün und goldgefleckt, und ihre Haut schimmerte wie Porzellan. Reid kostete seinen Wein. Er war kein Kenner, aber selbst er bewunderte die samtige Textur und den leicht pfeffrigenGeschmack. Er zog einen Stuhl für Caitlyn hervor, und sie setzten sich an den Esstisch.
Während sie aßen, lenkte Reid ihre Unterhaltung von den Ermittlungen fort. Stattdessen sprachen sie über das Reittherapieprogramm und den Anbau von Biogemüse, den Caitlyn von Frühjahr bis Herbst betrieb. Offenbar war der Verkauf der Produkte – ebenso wie das hormonfreie Rindfleisch und Geflügel – an einige gehobene Restaurants hier im ländlichen Northern Virginia zu einem recht einträglichen Nebengeschäft geworden.
„Ich glaube, ich war hungriger, als ich dachte“, gestand Caitlyn, als sie ihren Teller mit Linguine, den Reid ihr aufgefüllt hatte, leer gegessen hatte. „Oder vielleicht ist es, weil ich Gesellschaft habe. Ich bin sehr dankbar, dass ich heute Abend nicht allein bin.“
Reid streckte die Hand über den Tisch, seine Finger umschlossen leicht die ihren. Er wollte die Traurigkeit lindern, die er in ihren Augen sah. Nach einer kleinen Weile zog sie sanft ihre Hand zurück.
„Möchtest du noch etwas Wein?“
„Danke, aber ich verzichte lieber.“ Auch wenn er offiziell nicht arbeitete, wollte er wachsam bleiben. „Du solltest aber noch welchen trinken.“
Er nahm die Flasche zur Hand und füllte Caitlyns Glas nach. In einem anderen Leben hätten sie einander wahrscheinlich niemals kennengelernt, das wurde ihm in diesem Moment klar. Sie hatte zur politischen Elite von D. C. gehört, zu den Mächtigen und den Strippenziehern, während Reid in mancherlei Hinsicht Staatsdiener war, dessen Beruf darin bestand, zu dienen und zu schützen.
„Woran denkst du gerade?“, fragte sie.
„Nur, dass es doch etwas Gutes gibt bei all der Tragik, nämlich dich wiedergesehen zu haben.“ Reid hatte das Bedürfnis, ehrlich mit ihr zu sein. „Ich habe dich nie vergessen, Caitlyn. Weder deine Schönheit noch deinen Mut. Du hast mich damals sehr beeindruckt.“
Sie senkte den Kopf und spielte mit ihrer Gabel am Tellerrand herum, bevor sie sprach.
„Ich habe mich zu dir hingezogen gefühlt während der Ermittlungen vor zwei Jahren“, gestand sie. „Ich hatte einen Verlobten, aber ich empfand trotzdem etwas …“
Sie starrte in die blutrote Flüssigkeit in ihrem Glas, mied seinen Blick. „Ich frage mich manchmal, ob ich dir nur deshalb nachgegeben habe – und Beweise gegen Joshua gesucht habe –, wegen dieser Anziehung.“
„Caitlyn“, raunte er, wartete, bis sie ihren Blick zu ihm hob. „Ich denke, du hättest trotzdem das Richtige getan. Du bist ein guter Mensch. Ich habe es gesehen. Und ich sehe es jetzt .“
Ihre Lippen öffneten sich leicht, und sie schaute ihn aus sanften Augen an. Der Kronleuchter aus geschmiedeter Bronze über dem Esstisch warf einen goldenen Glanz auf ihr Haar. Nachdem er die letzten Tage mit ihr verbracht hatte, glaubte Reid, er hätte sich an ihre Anwesenheit fast gewöhnt. Aber in diesem Augenblick war er wieder vollkommen von ihr verzaubert. Nach einigen Sekunden schob sie langsam ihren Stuhl zurück. „Ich
Weitere Kostenlose Bücher