Der Preis des Verrats (German Edition)
irgendjemand hatte einen Kranz aus Gänseblümchen auf das Gatter gelegt. Die Blumen lagen schon eine Weile dort und waren mittlerweile schlaff und verwelkt. „Ich habe auch noch zwei, die nicht im Therapieprogramm eingesetzt werden. Sie sind etwas zu temperamentvoll.“
„Es sind deine eigenen.“
Sie nickte. „Eines davon habe ich an dem Tag geritten, als wir auf dem Schießstand geübt haben.“
Plötzlich schoss ihr ein Bild durch den Kopf, von Reid, wie er sie im Regen in den Armen hielt und küsste.
„Reid“, begann sie unsicher. „Du solltest heute Abend nach D. C. zurückfahren. Vielleicht kannst du helfen, Bliss wiederzufinden. Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn du stattdessen hier bist und auf mich aufpasst.“
„Ein halbes Dutzend FBI-Agenten und eine Taskforce der Polizei sind für die Entführung deiner Freundin abkommandiert worden“, sagte er zu ihr. „Ich halte via Handy Kontakt zu Agent Tierney. Das Beste, was ich im Moment tun kann, ist, irgendeine notdürftige Bewachung für dich hier draußen zu organisieren, bevor ich wieder in den aktiven Dienst zurückkehre. Ich werde nachher mit Chief Malcolm sprechen, um zu sehen, ob er ein Team erübrigen kann, das abends vor deinem Haus Wache schiebt.“
Caitlyn holte kurz Luft. „Okay.“
„Du vertraust Manny Ruiz.“
Es war eine Feststellung – keine Frage, das merkte sie. „Ja.“
„Ich werde mich mit ihm mal unterhalten, wenn er Sonntag zurückkommt. Bevor ich wegfahre.“
Sie beobachtete, wie er zu einer der Boxen ging, in der das Pferd stand, das er neulich geritten hatte. Er rief es beim Namen herbei, lächelte, als das Tier auf der Suche nach Leckerchen seine Hände und Taschen anstupste. Reid streichelte den langen Hals des Tieres.
„Ganz ruhig, mein Mädchen“, sagte er leise. „Ich habe nichts für dich, aber ich werde sehen, was ich auftreiben kann.“
Er ist wirklich ein aufregender Mann, dachte Caitlyn, während sie beobachtete, wie behutsam und fürsorglich Reid mit dem Pferd umging. Der Moment, wie er seinen Kopf vor Schmerzen umklammert hielt, war ihr in der Erinnerung haften geblieben. Ob er wieder krank geworden war? Es fiel ihr schwer, dieser Möglichkeit ins Auge zu sehen. Caitlyn sprach ein stilles Gebet, er möge ihr die Wahrheit sagen und es gäbe für sie wirklich keinen Grund zur Besorgnis. Aber insgeheim gab sie zu, dass er im Moment völlig gesund wirkte, trotz allem, was in der letzten Nacht geschehen war.
„Da ist ein Anruf für Sie, señorita“ , sagte einer der Stallburschen, ein Hispano von Anfang zwanzig, als er mit einem schweren Ledersattel über der Schulter an ihr vorbeiging.
„Danke, Pablo. Wissen Sie, wer es ist?“
„Nein, Ma’am.“
Caitlyn vermutete, der Anruf käme von einem Reporter. Es würde nicht lange dauern, ihm zu sagen: „Kein Kommentar.“ Sie sah wieder zu Reid hinüber, der jetzt in ein Gespräch mit einem der Reittherapeuten vertieft war. Sie verließ die Box und ging an dem Heulager vorbei die Stallgasse hinunter zu ihrem Büro. Eine Notiz war an der Tür befestigt und sie nahm sie herunter. Eine Nachricht von Rob Treadwell. Er teilte ihr mit, dass er vorbeigekommen war. Sie seufzte innerlich und fragte sich, wie lange die Notiz dort schon gehangen hatte. Dann trat sie ins Büro. Leitung zwei blinkte beharrlich am Telefon auf ihrem Schreibtisch.
„Caitlyn Cahill.“
„Hallo, Caity.“ Bei dem unerwarteten Klang von Joshuas Stimme zuckte sie jäh zusammen. „Wann kommst du mich besuchen? Ich dachte, du möchtest, dass ich dir eine neue Karte zeichne.“
Der sarkastische Tonfall sagte ihr, dass es der andere Joshua war, mit dem sie sprach. Der Joshua, der den Jungen, den sieeinmal gekannt hatte, fast vollständig überschattete. Caitlyn musste sich mit aller Macht zusammenreißen, um nicht den Hörer zurück auf die Gabel zu knallen. Sie schluckte ihre Abscheu hinunter. „I…Ich werde bald wiederkommen. Ich verspreche es dir.“
„Dieses Wochenende?“
„Nein. Das geht nicht.“
„Können wir dann jetzt ein bisschen reden?“
Sie schloss ihre Augen. „Ich glaube nicht …“
„Ich vermisse dich, Caity“, bettelte er. „Gib mir fünf Minuten. Wenn du mich dann besuchen kommst, werde ich dir zwei Leichen statt einer schenken. Zwei für den Preis von einer.“ Er lachte. „Das klingt nach einem guten Deal, oder nicht?“
Caitlyn hoffte halb, Reid würde in ihr Büro kommen, ihr den Hörer abnehmen und Joshua sagen, er solle sich zum Teufel
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