Der Preis des Verrats (German Edition)
worden war. Reid war bereits im oberen Stock gewesen, um seine Sachen zu packen, und seine Reisetasche stand jetzt im Wohnzimmer. Der Blick seiner schiefergrauen Augen war besorgt. „Ich weiß, die Nachricht von Bliss Harper hat dich ziemlich schwer getroffen.“
Caitlyn schlang die Arme um ihren Körper. Sie war entschlossen, ihre Gefühle für sich zu behalten. „Du wirst in der Stadt gebraucht. Ich bin einfach dankbar für die Zeit, die du hier mit mir verbracht hast.“
„Dass Manny ein paar Tage früher zurückgekommen ist, war ein gutes Timing“, sagte Reid, während er seine Reisetasche aufnahm, sich den Riemen über die Schulter hängte und auf Caitlyn zuging. „Er und seine Tochter werden abends bei dir bleiben. Außerdem wird eine Polizeistreife das Anwesen nachts mehrere Male überprüfen.“
Sie nickte und dachte daran, dass Manny und Maria in ihrem Haus zumindest mehr Platz haben würden als in dem beengten Apartment über dem Stall.
„Das ist wichtig, Caitlyn. Ich möchte nicht, dass du alleine vor die Tür gehst. Du bleibst hier oder nimmst jemanden mit. Und definitiv keine weiteren Ausflüge allein in den Wald. Versprich es mir.“
„Ich verspreche es“, willigte sie ein, dann stellte sie die Frage, die ihr auf dem Herzen lag. „Wurde Bliss’ Familie schon benachrichtigt?“
„Der Vorfall hat es noch nicht in die Nachrichten geschafft, was vermutlich heißt, dass sie noch dabei sind, die nächsten Angehörigen zu benachrichtigen. Erst dann werden sie die Identität des Opfers veröffentlichen.“
Caitlyn senkte den Kopf. Sie dachte an Bliss’ Mutter und ihren Vater, ihre zwei Geschwister. Wie viele Pyjamapartys und Geburtstagsfeiern hatte Caitlyn in ihrer Kindheit im Haus der Harpers erlebt? Sie und Bliss waren während der Sommermonate Zimmergenossinnen im Reitcamp gewesen. Sie hatten zusammen Ballettaufführungen besucht. Jetzt war sie … fort.
„Das ist nicht deine Schuld“, erinnerte er sie.
Sie wollte ihm glauben, konnte es aber nicht. „Ich werde zu der Beerdigung gehen, Reid. Nächste Woche komme ich nach D. C. zurück.“
Er runzelte die Stirn. „Ich denke, es wäre besser, du würdest das nicht tun.“
Sie verstand seine Bedenken. Das Begräbnis würde ein Medienspektakel werden, und wenn die Schwester des echten Capital Killers dabei war, würde das nur Öl ins Feuer gießen. Und was noch schlimmer war, sie wusste nicht, wie die Harper-Familie reagieren würde, wenn sie ihr begegneten. William Harper war ein sehr angesehener Richter am Obersten Gerichtshof. Er und seine Frau waren enge Freunde von Caitlyns Eltern gewesen, aber sie zählten auch zu denen, die nach Joshuas Festnahme die Verbindung zu ihrer Familie abgebrochen hatten. Nur Bliss hatte den Kontakt zu Caitlyn aufrechterhalten, und das hatte sie nun dafür bekommen.
Selbst wenn Reid ihr sagte, sie solle sich nicht selbst die Schuld für diese Tragödie geben, sie fürchtete, die Harper-Familie würde es ganz bestimmt tun. Trotzdem, sie musste dorthin, für Bliss. Um sich zu verabschieden.
„Ich muss hingehen“, sagte sie. „Du verstehst das, nicht wahr?“
Schließlich nickte er knapp. „Sobald der Termin für die Beerdigung feststeht, werden wir entsprechende Vorkehrungen treffen.“
Caitlyn zog sich das Herz zusammen. Es schien ihr, als ob die Welt sich zu schnell bewegte und mit jeder verstreichenden Stunde verrückter wurde.
Reid näherte sich der Tür. Sie konnte das würdevolle Ticken der Standuhr in der Diele hinter ihm hören.
„Stell die Alarmanlage an und öffne nur für Manny und seine Tochter. Sie werden vor Einbruch der Dunkelheit hier sein.“ Er blickte sie unverwandt an. „Pass auf dich auf, Caitlyn.“
Die Leuchtstoffröhren im Konferenzraum überschatteten Mitchs stumpfe Züge. In den letzten fünfundvierzig Minuten hatte er die Mitglieder der gemeinsamen Taskforce von D. C. Police und FBI über die neuesten Details der Ermittlungen unterrichtet.Mehr als zwanzig Polizisten waren für die Freitagabendbesprechung einberufen worden. Reid lehnte am anderen Ende des Raums gegen die Wand neben dem Fenster, die Arme hatte er über der Brust verschränkt. An einer Tafel hinter Mitch und dem Chef der VCU, Special Agent in Charge Johnston, hingen stark vergrößerte Fotos der vier getöteten Frauen, unter ihnen auch Bliss Harper. Daneben war ein unscharfes Schwarz-Weiß-Bild des Lieferwagens gepinnt, das zeigte, wie das Fahrzeug die Krankenhausparkgarage nach dem Überfall auf
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