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Der Preis des Verrats (German Edition)

Der Preis des Verrats (German Edition)

Titel: Der Preis des Verrats (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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Herbstfarben über ihrem Kopf zu versinken. Sonnenlicht drang durch das orange und goldene Blätterdach und übersäte die Erde unter ihr mit lichten Tupfen. Caitlyn schmiegte sich enger an das Pferd, bis ihr Körper beinahe mit ihm verschmolz. Sie trieb Sampson an, schneller zu laufen, presste die Schenkel in seine Flanken. Joshua, Bliss, die Webcam – all das schien in ihrem Kopf herumzuwirbeln. Enttäuschung und ein hilfloser Zorn nagten an ihr.
    Unweit eines Bachbetts, ungefähr hundert Meter vor ihnen, lag ein halb umgestürzter Baum quer über einer niedrigen Steinmauer. Er musste bei dem Regen vor ein paar Tagen umgeknickt sein, war aber noch nicht von anderen Reitern gemeldet worden. Einige Sekunden lang überlegte Caitlyn, was sie tun sollte – zurückfallen in einen leichten Galopp, den Pfad verlassen und das Hindernis umreiten oder mit Sampson über den gefallenen Baum springen.
    Sampson war ein versierter Springer. Und sie auch. Aber der nur halb umgeknickte Baum lag in einem steilen, eigentümlichen Winkel über dem Mäuerchen, und das Bachufer schien schlammig und glitschig zu sein. Trotzdem überkam Caitlyn plötzlich ein ungewöhnlicher Leichtsinn. Die Gier nach Geschwindigkeit. Sie trieb Sampson weiter an, und sie setzten ihren wahnsinnigen Galopp fort. Als sie sich jedoch dem Baumstamm näherten, merkte Caitlyn, dass seine Neigung sogar noch steiler war, als sie zuerst gedacht hatte. Eine Vorahnung beschlich sie.
    Dennoch ritt sie weiter.
    Reid beobachtete Caitlyns Vorgehen. Er hatte sich eines der Pferde aus dem Stall geliehen und die Abkürzung über den Anfängerpfad genommen. Irgendwie hatte er geahnt, wohin sie wollte. Beinahe hätte er nach ihr gerufen, aber ihr Name erstarb auf seinen Lippen. Er fürchtete, es könnte tödlich enden, wenn er sie ablenkte.
    Er war kein erfahrener Reiter, aber selbst er konnte erkennen, wie waghalsig und dumm der Sprung war, zu dem sie ansetzte. Caitlyn sah wild aus, wunderschön, ihr blondes Haar flatterte hinter ihr her.
    Oh Gott . Versuchte sie etwa, sich umzubringen?
    Ihm versagte der Atem, als das Pferd sich nach oben wölbte und anmutig über den wuchtigen Baumstamm segelte. Seine Hinterhufe nahmen gerade noch das unebene Hindernis – anscheinend nur um Millimeter –, dann landete es auf der anderen Seite des weichen Bachbetts. Sobald seine Hufe den Boden berührten, spritzten Schlamm und Wasser in hohem Bogen auf. Aber der Ritt war noch nicht zu Ende. Das Pferd lief weiter, ein verschwommener rotbrauner Schatten mit einer wogenden schwarzen Mähne.
    „Caitlyn!“
    Reid gab seinem Pferd die Sporen und setzte den beiden nach. Immer wieder rief er ihren Namen, fast wurde ihm der Kopf von einem tiefhängenden Ast abgeschlagen, bis er sah, dass sie sich nach ihm umdrehte. Augenblicklich verlangsamte sie den Lauf ihres Pferdes, dann kam sie auf dem laubübersäten Pfad vor ihm zum Halten. Reid war vom Pferd abgestiegen, noch bevor es richtig stehen geblieben war, und stürmte weiter. Halb half er, halb zog er Caitlyn vom Rücken des schnaufenden Tieres.
    „Verdammt noch mal, Caitlyn. Was zur Hölle sollte das?“ Er packte sie bei den Armen und schüttelte sie leicht, zutiefst erschrocken von dem, was er gerade gesehen hatte. Erst dann bemerkte er, wie aufgelöst sie wirkte. „Was ist los?“
    „Nichts.“
    „Ist dir klar, wie gefährlich das gewesen ist? Was, wenn …“
    „Ich komme allein damit klar.“
    Dennoch spürte er, wie ihr Körper unter dem dicken Pullover zitterte.
    „Du hättest dir den Hals brechen können.“
    „Es tut mir leid“, sagte sie schließlich. „Du hast recht. Es war eine dumme Idee. Sampson hätte sich verletzen können.“
    „Es ist nicht das Pferd, um das ich mir Sorgen mache.“
    Hinter ihnen schnaubten die Tiere und stampften mit den Hufen auf den Waldboden. Reid musterte Caitlyn. Sie wollte stark erscheinen, aber es war deutlich, dass die Anstrengungen der letzten Woche anfingen, sie zu zermürben. Caitlyn war hinaus in den Wald geritten, um allein zu sein, um ihrem Zorn, oder was immer sie sonst noch empfand, davonzureiten.
    „Was machst du hier draußen?“, fragte sie, trat einen Schritt von ihm zurück und wischte sich mit ihrem Pulloverärmel einen Schlammspritzer aus dem Gesicht.
    „Ich bin gekommen, um nach dir zu suchen. Auf dem Hof sagten sie mir, dass du alleine ausgeritten wärst. Das ist jetzt gerade keine gute Idee.“ Er nickte zu dem halb umgestürzten Baum hinüber. Noch war er nicht bereit, das

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