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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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falschen Vorwürfe gemacht hatte – als ob es noch weiterer Beweise bedurft hätte. Sie achtete ganz genau auf Hintergrundgeräusche, weil sie nach Hinweisen suchte, wer sonst dahinterstecken könnte, daher merkte sie erst nach zwei Minuten, was der Song ihr sagte. Jede Strophe endete mit demselben Vers: »You Don’t Know Me.«
    »Wenn ich dich nicht kenne, hättest du mir das auch gleich sagen können. Hätte mir ’ne Menge Ärger erspart«, flüsterte sie grimmig, als sie den Anruf löschte. Aber irgendetwas daran sprach ihren Sinn für schwarzen Humor an, so dass sie kurz darüber lachen musste. Und obwohl die Anrufe immer noch unheimlich waren und durch das Wissen, dass Bishop nicht dahintersteckte, keineswegs erträglicher wurden, nahm sie das Ganze doch nicht mehr so ernst. Den nächsten registrierte sie daher kaum: Sie drückte schon nach fünf Sekunden auf Löschen und vergaß ihn sofort wieder.
    Wenn ihre Gedanken nicht mit anderen Dingen beschäftigt gewesen wären, hätte sie vielleicht etwas länger darüber nachgedacht. Aber im Moment hatte sie kaum genug Zeit zum Pinkeln. Sie ließ den Blick durch die immer noch belebte Nachrichtenredaktion des Herald streifen und sah dann auf die Uhr. Sie wollte sichergehen, dass sie es vor der Live-Schaltung zu Gerry Finucanes Radiosendung Crime Week schnell noch mal auf die Toilette schaffte. Gerade hatte sie ihre Tasche ergriffen, als das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. Mist. Die sprachen lieber übers Festnetz. Wahrscheinlich würden sie sie jetzt ewig in der Leitung warten lassen, bis alles so weit eingerichtet war. Sie ging aber trotzdem ran.
    »Siobhan Fallon?« Eine kultivierte Stimme – zumindest für Dubliner Verhältnisse. Es musste irgendjemand von dem Sender sein.
    »Ja, am Apparat«, sagte sie. »Aber hören Sie, könnten Sie vielleicht in ein paar Minuten noch einmal anrufen? Ich muss unbedingt noch …«
    » Deus non irridetur.«
    Siobhan schüttelte den Kopf, als ob sich irgendetwas darin gelockert hätte. »Wie bitte?«
    »Deus non irridetur« , intonierte die Stimme. »In den Worten des heiligen Paulus: ›Gott lässt sich nicht verspotten.‹«
    Ach, um Himmels willen, dachte Siobhan. Nicht noch so einer. Seit sie in Questions and Answers aufgetreten war, kamen die Irren und Spinner aus ihren Löchern gekrochen. Der Preis, den sie für ihren ach so geringen Ruhm zahlen musste, bestand darin, dass sich die Verrückten von ihr angezogen fühlten wie Motten vom Licht. Und obwohl sie die Telefonisten gebeten hatte, keine anonymen Anrufe mehr direkt zu ihrem Anschluss durchzustellen, kamen immer noch ein paar durch – dies war der vierte oder fünfte Durchgeknallte heute. Es waren ausschließlich Männer, die sagten, die dreckigen, kleinen Schlampen hätten genau das verdient, was der Priester ihnen angetan hatte – oder ähnlich widerwärtigen Unsinn.
    »Hören Sie, Kumpel, ich weiß nicht, was Sie wollen, aber ich habe kein Interesse.«
    Ein tiefes aufgebrachtes Lachen dröhnte durch die Leitung. »Das sollten Sie aber haben. Sie leben doch davon, dass Sie mit Schmutz hausieren gehen, stimmt’s?«
    »Stehen Sie darauf? Auf Schmutz?«
    Wieder das schreckliche Lachen, doch dieses Mal klang die Stimme danach härter.
    »In meinem Leben gibt es keinen Schmutz außer dem, den Sie und Ihresgleichen dort hineintragen. Ich habe Sie vor ein paar Tagen im Fernsehen gesehen, wo Sie diesen ganzen Schmutz über den sogenannten Priester erzählt haben. Und dann saßen Sie da in Ihrem tief ausgeschnittenen Top, dem Nutten-Lippenstift und haben das Symbol von Jesus’ Opfer entweiht, indem Sie es um den Hals tragen. Bedeutet es Ihnen denn gar nichts?«
    Siobhan legte verlegen eine Hand an den Hals, berührte das Ende des kleinen, silbernen Kreuzes. Es war eine instinktive Geste, mit der sie nach Sicherheit suchte, obwohl sie in Gedanken ganz woanders war und immer wütender wurde.
    »Ich kann dir ganz genau sagen, was mir nichts bedeutet, Kumpel«, fauchte sie ihn an. »Quatschköpfe wie du, die mich anrufen und das Maul aufreißen, weil sie zu jämmerlich und feige sind, sich ihren Nervenkitzel woanders zu holen.«
    Normalerweise hätte das gereicht. Dieser ließ sich damit nicht abspeisen.
    »Die Verderbtheit strömt nur so aus Ihrem Mund. Jedes Ihrer Worte trieft davon. Und Sie sind immer noch blind für die Botschaft. Sie besitzen die Unverschämtheit, einen gerechten Mann zu verurteilen.«
    Die Stimme wurde stockender, der Atem schwerer. Sie

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