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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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konnte sich nur zu gut vorstellen, was am anderen Ende der Leitung vorging.
    »Gerecht haben Sie gesagt? Das ist doch lächerlich. Glauben Sie, ich wüsste nicht, was hier abläuft? Glauben Sie, ich hör das nicht, Sie jämmerlicher Wichser? Ich geb Ihnen einen Rat: Verpissen Sie sich und verschwenden Sie die Zeit von jemand anderem, wenn Sie an sich rumspielen. Sonst lasse ich diesen Anruf zurückverfolgen, und dann werden Sie nicht sich selbst eine Freude bereiten, sondern einem zwei Meter zehn großen Junkie in einer Gefängniszelle am Arsch der Welt.«
    Sie knallte den Hörer aufs Telefon. Sie spürte, wie Paddy Griffin hinter sie trat und ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Sein Näschen für Ärger war so untrüglich wie immer.
    »Alles okay mit dir, meine Liebe? Was war das denn gerade?«
    »Einmal darfst du raten.« Sie sah zu ihm auf, und automatisch kehrte ein Lächeln in ihr Gesicht zurück. Lass dir nie anmerken, dass dich etwas beunruhigt – ihr fiel gerade wieder ein, dass er ihr diesen Rat gegeben hatte.
    »Ein Verrückter, was?«, erwiderte Griffin. »Den hast du aber sauber abblitzen lassen.«
    »Ich war vor allem besorgt wegen dem, was er in der Hand hatte.« Sie ballte eine Faust und bewegte sie obszön auf und ab.
    »Ach, du meine Güte.« Griffin zog eine Grimasse, und sein Lachen wurde durch sein Mitleid verwässert. »So ist das heilige christliche Irland nun mal – voller Wichser.«
    »Ja«, sagte sie abwesend. In Gedanken war sie schon wieder bei dem Radio-Interview und dachte an die knappe Zeit. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch einen Moment hatte. Erst da merkte sie, dass ihre Hand immer noch zitterte.
    »Bester Paddy«, sagte sie und griff nach ihrer Tasche. »Kannst du eben für mich auf das Telefon achten? RTE wird wegen des Crime-Week -Interviews anrufen, aber ich muss dringend noch mal eben aufs Klo.«
    Die Tür zu Brogans Büro stand offen, also klopfte Mulcahy nur einmal kurz und ging sofort hinein. Brogan starrte aufmerksam auf ihren Computermonitor, und als sie aufblickte, tat sie das mit dem müden, argwöhnischen Lächeln, mit dem sie ihn auch schon die letzten Tage bedacht hatte, als er sie über die vielversprechendsten Hinweise informierte, die sie per Telefon von den Anrufern bekommen hatten.
    »Haben Sie was für mich?«, fragte sie.
    »Ja, schon möglich«, sagte er. »Wie läuft’s denn? Gibt’s heute schon irgendwas Neues?«
    Es waren noch ein paar Stunden bis zum abendlichen Briefing, und sie hätte ihn bitten können, bis dahin zu warten, stattdessen lächelte sie jedoch und forderte ihn auf, sich zu setzen, während sie ihre E-Mails zurückscrollte und dann eine anklickte. »Bei Scully haben Sie wohl recht gehabt«, sagte sie. »Wir haben am Vormittag einen Anruf von der englischen Polizei bekommen – mit Scullys Bankkarte wurden am Fährterminal in Harwich 250 Pfund abgehoben. Bis die mitgekriegt hatten, wonach sie eigentlich suchen, war er allerdings längst wieder weg. Ich nehme an, rüber auf den Kontinent, wenn auch nicht unter seinem richtigen Namen. Er stand jedenfalls nicht auf den Passagierlisten.«
    »Von Harwich geht eine Fähre nach Hoek van Holland, also würde ich auf Amsterdam tippen. Das könnte eine Stadt nach seinem Geschmack sein. Wir können die Holländer bitten, die Hotels für uns zu überprüfen.«
    »Das wird nicht viel bringen«, erwiderte sie. »Healy meinte, wir sollen das der Drogenfahndung überlassen. Ist jetzt in erster Linie deren Angelegenheit.«
    Als Antwort auf Mulcahys fragende Miene deutete sie auf ein anderes Dokument auf dem Bildschirm. »Wir haben die letzten Ergebnisse von der Spurensicherung gekriegt. Im Laderaum des Transporters haben wir nichts gefunden. Das Haar ist definitiv nicht von Jesica – und damit ist diese Spur auch so gut wie tot. Es gab zwar tatsächlich Blutspritzer, die passen aber zu Scullys Vater, der endlich eine Blutprobe abgegeben hat. Hatte sich offenbar an einem Rohr geschnitten.«
    Mulcahy lächelte mitleidig, sagte jedoch nichts. Er hatte eigentlich kein anderes Ergebnis erwartet.
    »Und diese Fasern waren auch eine Niete«, fuhr Brogan fort. »Es gab im Lieferwagen nichts, was auch nur im Entferntesten ähnlich wäre.«
    »Wissen die inzwischen, was das für ein Zeug ist?«
    Brogan schüttelte den Kopf. »Die von der Spurensicherung sagen, sie sind sich nicht sicher. Das heißt, sie haben keinen Schimmer. Eindeutig ist nur, dass die Fasern, die sie an Jesicas Kleidung

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