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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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in Dublin ereignet. Tommy meinte, dass der andere Kerl, mit dem Rinn aneinandergeraten ist, selbst aus dem Norden kam. Aus Gweedore, um genau zu sein. Von dort stammte ja auch Rinns Großvater, der Richter am High Court. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
    »Und weiter«, fragte Mulcahy und dachte an das Ölgemälde in Rinns Haus.
    »Tommy meinte, es hieß damals, eine riesige Summe hätte den Besitzer gewechselt. Und das alles wegen einer Schlägerei? Ist doch ziemlich unwahrscheinlich, oder? Außerdem ist Rinn aus dem Seminar geflogen. Das wäre doch eine absolute Überreaktion, wenn man davon ausgeht, dass die meisten von den Seminaristen sowieso ein bisschen überdreht waren. Ich meine, sie lebten im Zölibat, hatten also keine Möglichkeit, ihre unheiligen, hormonell bedingten Bedürfnisse auszuleben. Was wiederum dazu führte, dass sie sich auf dem Sportplatz mit ihren Hurlingschlägern grün und blau geprügelt haben.«
    »Okay«, sagte Mulcahy. Vielleicht war es tatsächlich etwas seltsam, wenn er so darüber nachdachte, trotzdem wusste er nicht, worauf der Sergeant hinauswollte.
    »Also, das ist schon alles«, sagte Brennan. »Aber verstehen Sie nicht? Was auch immer die Träger der geistlichen Würden in All Hallows dazu gebracht hat, den Enkel von Oberrichter Rinn aus ihren heiligen Mauern zu verweisen, muss verdammt ernst gewesen sein. Der alte Herr war eine verdammt große Nummer bei den Ordensrittern.«
    Mulcahy dachte zurück an das Foto auf Rinns Kamin von seinem Großvater mit seinen Ordensinsignien. Der alte Richter war also ein wichtiger Mann bei den Knights of St. Columbanus gewesen, den über viele Jahrzehnte wichtigsten Drahtziehern in der irischen Gesellschaft, seit der Unabhängigkeit des Landes von England. Aber was machte das? Es wäre viel überraschender gewesen, wenn ein armer Bursche aus Donegal Richter am High Court geworden wäre, ohne bei den Rittern gewesen zu sein. Wie bei den Freimaurern in anderen Ländern waren insbesondere die Polizei und die Justiz früher mit den Ordensrittern durchsetzt gewesen. Trotzdem war an dem, was Brennan sagte, etwas Wahres dran. Es war seltsam, dass jemand mit so ausgezeichneten Verbindungen zu ihnen ausgerechnet aus dem Seminar geworfen wurde, und das auch noch in einer Zeit, als die Ritter noch sehr viel Macht und Einfluss besaßen. Bizarr, hätte Mulcahy gesagt.
    »Ich glaube daher«, fuhr Brennan fort, »dass alles letztlich damit zu tun hatte, was damals, ein paar Jahre vorher, in Donegal passiert ist. Und das muss ziemlich schlimm gewesen sein. Vielleicht wusste dieser Kerl aus Gweedore darüber Bescheid und hat gedroht, es auszuplaudern. Oder er hat es ausgeplaudert und ist von Rinn senior und den Geistlichen im Seminar bestochen worden. Vielleicht war es da aber schon zu spät, und Rinn konnte nicht mehr zurück nach All Hallows. Was immer er auch getan hat, es war einfach zu heftig, so dass es die Geistlichen im Seminar nicht ignorieren konnten.«
    »Und wie wir inzwischen erfahren haben, gab es nicht viel, was sie bei einem der ihren nicht verschleiert hätten«, pflichtete Mulcahy ihm bei.
    »Genau«, sagte Brennan. »Aus irgendeinem sehr guten Grund wollten sie ihn loswerden – und zwar sofort.«
    »Also liegt der Schlüssel für Rinn in dem, was in Gweedore passiert ist.«
    »So ist es«, sagte Brennan triumphierend.
    Mulcahy lehnte sich zurück. Das klang logisch. Und dass wahrscheinlich absolut keine Verbindung zum Priester bestand, spielte dabei überhaupt keine Rolle mehr. Wenn Rinn wirklich etwas zu verbergen hatte, könnte sich darin ein Grund finden, den Fall Caroline Coyle wiederaufzunehmen. Mit Rinn als Hauptverdächtigem. Auf die Art bekam Brennan vielleicht auch seine Ruhe.
    »Herrje, Sergeant«, lachte Mulcahy, »an Ihnen ist aber wirklich ein Kriminalpolizist verloren gegangen, das ist mal sicher.«
    Siobhan blieb noch etwas länger in Chapelizod, ging die Straßen auf und ab, betrat mit dem Notizblock in der Hand kleine Läden und Lokale und fragte, ob jemand Emmet Byrne kannte. So bekam sie zwei unterschiedliche Bilder von dem Mann. Ein paar sahen ihn als einheimisches Original, der zwar nicht ganz alle beieinander hatte, aber trotzdem ganz liebenswert und in jeder Beziehung ziemlich harmlos war. »Oh, klar, der arme Emmet, der kann keiner Fliege was zuleide tun«, sagte die Frau beim Zeitungshändler. So ähnlich äußerten sich der Friseur und die Frau im Imbiss an der Ecke, in dem Emmet oft gefrühstückt oder zu

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