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Der Priester

Der Priester

Titel: Der Priester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerard O'Donovan
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Monate brauchen, den Fall für den Generalstaatsanwalt vorzubereiten – sofern sie überhaupt den richtigen Mann gefasst hatten. Und jetzt, wo sie diesen Byrne in Gewahrsam hatten, konnte man sicher sein, dass sie sich Zeit ließen, um alles richtig hinzubekommen. Und Healy würde stur bleiben und ihm jeden Job versperren, der sich währenddessen in der Drogenfahndung auftat. Mit anderen Worten, er war total am Arsch – und musste sich jetzt um prügelnde Ehemänner, Vergewaltiger und Kinderschänder kümmern.
    Mulcahy fing an, im Geiste in seinem Adressbuch nach einflussreichen Freunden und Bekannten zu suchen. Wen könnte er anrufen, damit er ihm aus dieser Patsche half? Er wusste jedoch, dass es keinen Sinn hatte. Er hatte schon nach seiner Rückkehr aus Madrid sämtliche Gefallen eingefordert, und die hatten ihm gerade einmal auf Betreiben von Brendan Healy einen Platz beim NBCI eingebracht. Er nahm noch einen großen Schluck. Der Gedanke, dass Healy hämisch grinsend an der Kette zog und seine Karriere so das Klo hinunterspülte, war nahezu unerträglich. Vielleicht war es an der Zeit, dem Unvermeidlichen ins Auge zu sehen, dachte er und ließ den Rest vom Bier im Glas kreisen. Vielleicht war es an der Zeit, das Handtuch zu werfen.
    Er wollte gerade das nächste Bier bestellen, als er sich selbst im Spiegel sah und etwas in seinem Kopf klick machte. Was hatte ihn gestört, als Cassidy vorhin von diesem ermordeten Mädchen erzählt hatte? Paula Halpin. Aus Dartry. Das war’s. Dartry war nicht weit vom Haus seiner Eltern. Oder, um es genauer zu sagen, es war meilenweit von Chapelizod entfernt, wo Byrne wohnte und arbeitete, aber gleich um die Ecke von Palmerston Park und Rinns Haus.
    Er versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben. Es brachte nichts, sich darauf zu konzentrieren. Sie hatten schon jemanden verhaftet. Und Rinn schien ein ganz normaler, vielleicht sogar recht respektabler Mann zu sein – abgesehen davon, dass er sich über seine Vergangenheit etwas verschlossen gab. Trotzdem ließ ihn der Gedanke nicht los: Dartry. Er sah ein junges Mädchen vor sich, vierzehn Jahre alt, mit schneeweißer Haut und lockigen, kastanienbraunen Haaren, das von der Milltown Bridge aus die Dartry Road entlangschlenderte, an den alten Laundry Mills und Trinity Hall vorbei. In der Hand hielt sie ein kleines, rotes Plastik-Portemonnaie, und um ihren Hals hing ein glitzerndes Kreuz. Aber statt den Hügel hinaufzugehen in Richtung Licht und Leben, nahm sie die Abkürzung durch …
    »Wollen Sie noch eins?«
    Der Barkeeper schreckte Mulcahy auf und riss ihn aus seinen Gedanken. Er hielt ein leeres Glas hoch. Mulcahy schüttelte den Kopf und zog sein Handy aus der Tasche.

16
    Pater Touhy, der Gemeindepfarrer von St. Imelda in Chapelizod, sah aus, als hätte er seinen siebzigsten Geburtstag schon vor langer Zeit gefeiert. Ein schwacher, leicht gebeugt gehender Mann mit einem blassen, freundlichen Gesicht über der schwarzen Robe und einem so weißen Haarschopf wie die Blume auf einem Glas Guinness. Er hatte vorab nur eins wissen wollen – »Sind Sie die junge Frau, die im Fernsehen diese Frage gestellt hat?« – und sich dann, als sie das bejahte, bereit erklärt, mit ihr zu sprechen. Siobhan hatte ihn auf gut Glück einfach mal angerufen. Seine Kirche war abgeschlossen und wurde schon von Reportern und Kamerateams belagert, die draußen bis auf die Straße standen. Eine ganze Journalistenmeute war sofort dorthin geeilt, als der Garda-Pressesprecher auf eine Frage in der Pressekonferenz geantwortet hatte, dass Emmet Byrne, der Verdächtige im Priester-Fall, tatsächlich eine Verbindung zur katholischen Kirche habe – er arbeite halbtags als Gärtner für die Gemeindekirche St. Imelda in Chapelizod.
    Als sie sah, dass alle schon vor Ort waren, forderte Siobhan den Taxifahrer auf weiterzufahren. Vor allem weil sie sah, dass Anne-Marie Cowen von den RTE -Nachrichten einen Bericht in eine Kamera sprach – und sie keine Lust hatte, mit ihr zu reden. Auch gut. Nach einem kurzen Telefonat ließ der Gemeindepfarrer sie durch die Hintertür eines winzigen angebauten Presbyteriums um die Ecke hinein und bot ihr eine Tasse Tee an. Er wäre froh, dass sie ihn angerufen hätte, sagte er, da er leider davon überzeugt sei, dass mehr als göttliche Intervention vonnöten wäre, um die Gardaí zu überzeugen, dass sie mit dem »armen Emmet« den Falschen erwischt hätten. Emmet war ein Mann, wie Pater Touhy versicherte, an dem sich mehr

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