Der Priester
Ich wollte nur sagen, dass mir der gestrige Abend gefallen hat, und vielleicht haben Sie ja Lust, etwas Ähnliches demnächst wieder zu unternehmen.«
Sie kam eine halbe Stunde zu spät ins Pembroke und stellte wie erwartet fest, dass Vincent Bishop nicht mehr in der Bar war, für sie jedoch eine Nachricht hinterlassen hatte, dass er im Restaurant säße und sie ihm doch gerne folgen könnte. Er hatte eine Flasche Champagner mitgenommen und bestand darauf, dass sie mit ihm auf ihren Erfolg bei der Maloney-Story anstieß. Auf »unseren« Erfolg, wie er ihn bezeichnete – für Siobhans Geschmack etwas zu laut. Bald sprachen sie allerdings über andere Themen, und Bishop kam erst nach dem Essen noch einmal auf Maloney zurück.
»Ich habe im Zuge dieser Story ein fabelhaftes Geschäft gemacht«, sagte Bishop, während er die Knöpfe seines Jacketts öffnete.
»Wie meinen Sie das?«, fragte sie. In ihrem Kopf fing eine Warnglocke leise an zu läuten, doch nach dem Essen und dem Wein war sie entspannt und fühlte sich sicher.
»Ach, wissen Sie, Marty und Suzy Lenihan leiten eine dieser Sportvermarktungsagenturen – ich hatte schon vor einiger Zeit ein Auge darauf geworfen. Am Montagmorgen, als sich die Aktien im freien Fall befanden, konnte ich mir einen ordentlichen Anteil daran sichern – Sie wissen schon, als die Gerüchte aufkamen, dass die beiden sich trennen würden. Das ist eine sehr solide geführte, kleine Firma. In ein bis zwei Wochen, wenn die Leute merken, dass mehr als nur ein einfacher Seitensprung erforderlich ist, um eine Trennung der beiden herbeizuführen, werden die Preise wieder steigen.«
»Hören Sie, Vincent, über solche Sachen möchte ich lieber nichts wissen.«
»Nein, warten Sie«, unterbrach er sie und griff in seine Tasche. »Ich möchte mich nur bei Ihnen bedanken. Ich dachte, vielleicht gefällt Ihnen das als Zeichen meiner Hochachtung.«
Er zog eine etwas abgewetzte, rote Samtschachtel aus der Tasche und schob sie über den Tisch.
»Was ist das«, fragte sie, während sich die Alarmglocke in eine laute Sirene verwandelte. Sie beugte sich vor und starrte auf die Schachtel, die in der Farbe geronnenen Bluts in seinen dürren Fingern lag.
»Sehen Sie es sich an«, drängte er. »Machen Sie. Die beißt schon nicht.«
Obwohl sie kein gutes Gefühl dabei hatte, nahm sie die Schachtel und öffnete sie. Drinnen lag ein Ring aus stumpfem, gelbem Metall, der nur gut fünf Zentimeter Durchmesser hatte, aber in einem ausgeklügelten Muster aus kleinen Wirbeln und gewundenen Wölbungen geformt und mit vier grauen Perlen besetzt war. Die Form erinnerte sie an ein Keltenkreuz, doch als sie noch einmal hinsah, fiel ihr ein gebogener Metalldorn auf der Rückseite auf, und ihr wurde klar, dass es eine Tara-Brosche war. Obwohl man ihr das Alter ansah, war sie bezaubernd.
Sie hob den Blick und starrte Bishop über den Tisch an, wobei ihr ausnahmsweise einmal die Worte fehlten.
»Ich weiß, eine Tara-Brosche ist heutzutage ein bisschen altmodisch«, sagte er fast entschuldigend. »Aber die ist etwas Besonderes. Ich zeig es Ihnen.«
Er griff nach der Schachtel, nahm die Brosche heraus, drehte sie um und zeigte ihr die flache, glatte Rückseite. Seltsamerweise wirkte sie durch die Schlichtheit des Metalls sogar noch wertvoller.
»Da, sehen Sie?«, sagte er und hielt sie ins Licht. »Das ist das Zeichen von George Waterhouse, dem Dubliner Juwelier, der den keltischen Stil wieder zum Leben erweckt hat, nachdem die Originalbrosche aus dem achten Jahrhundert an einem Fluss in Meath gefunden worden war. Dieses Stück haben sie für die erste Weltausstellung in London 1851 angefertigt. Ich habe es vor ein paar Jahren auf einer Auktion ersteigert. Die frühen Kopien waren meistens aus Silber oder Zinn, aber diese ist aufwendiger gearbeitet. Sie besteht aus zweiundzwanzigkarätigem Gold und ist mit irischen Flussperlen besetzt.«
»Sie ist … sie ist fantastisch.« Siobhan sah sich in dem kleinen Restaurant um, weil sie annahm, dass alle sie anstarrten. Das tat aber keiner.
»Dann nehmen Sie sie«, sagte er und streckte ihr die Brosche auf der Handfläche entgegen. »Es wäre schön, sie an Ihnen zu sehen, ehrlich gesagt würde ich sie an Ihrer Stelle jedoch in der Schachtel lassen. Es ist ein sehr seltenes Stück.«
Siobhan starrte ihn nur über den Tisch an. Das Ding musste Tausende wert sein.
»Was ist?« Er winkte ihr mit der Brosche wie mit einem Stück Modeschmuck zu.
»Soll das ein Witz
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