Der Priester
Detectives zur Überwachung von Scullys Bekannten, Verwandten, Exfreundinnen und so weiter abgestellt. Derweil wurden die meisten Neuen im Team auf den zweiten Fall angesetzt. Sie sollten in kürzester Zeit möglichst viele Informationen über Opfer, Täter und die Tat sammeln.
Im Laufe des Nachmittags kamen langsam und tröpfchenweise erste Ermittlungsergebnisse über den zweiten Überfall herein. Das wichtigste Puzzleteil war die Identität des Mädchens, die auch schnell zum Tatort führte. Bei einer Haustürbefragung in der Pearse Avenue in Fairview waren die Beamten auf eine Mrs Fidelma Plunkett getroffen, die anfing, sich zu fragen, warum ihre Tochter seit gestern Abend immer noch nicht nach Hause zurückgekehrt war. Sie hatte mit ein paar Freundinnen zusammen in einen Club gehen wollen, der nur ein Stück die Straße hinauf lag. Sämtliche Alarmglocken schrillten, die Beschreibung der Kleidung entsprach der, die das Opfer getragen hatte, so dass ein Streifenwagen hingeschickt wurde. Am späteren Nachmittag hatte ein Team aus Detectives von schockierten Freunden und Verwandten genug Informationen über das Mädchen erhalten, um die entscheidenden Daten weiterzuleiten: Die neunzehnjährige Catriona Plunkett, eine hübsche Zahnarzthelferin, war am Freitagabend mit ein paar Freundinnen zum Tanzen in den Kay Club in Killester gegangen, wo sie etwas zu viel trank, müde wurde und deshalb früher nach Hause ging. Der Türsteher, den die Polizisten aus dem Schlaf gerissen hatten, bestätigte, dass sie den Club gegen 0.45 Uhr allein verlassen hatte. Diese beiden Tatsachen konnten später durch Bilder der Überwachungskameras am Eingang des Clubs verifiziert werden. Dann verlor sich Catrionas Spur, bis sie um 5.25 Uhr halbtot im Fairview Park gefunden wurde.
Ein weiteres Team aus vier Gardaí unter der Führung von Maura McHugh war dafür zuständig, die Bilder der Überwachungs- und Straßenverkehrskameras sämtlicher Zufahrtsstraßen zur Marino Parade und zum Fairview Park zu sichten. Dabei handelte es sich allerdings um eine Mammutaufgabe, die mehrere Tage in Anspruch nehmen konnte. Ein Fakt, der aus der Masse der hereinkommenden Daten herausstach, war, dass Catriona ein Kreuz an einer Kette getragen hatte, ein hübsches goldenes – die Eltern hatten es ihr bei Fields in der Henry Street zu ihrem achtzehnten Geburtstag gekauft. Catriona liebte es und legte es nach Auskunft der Mutter nie ab, nicht einmal zum Baden. Mulcahy war sicher, dass sie es, als sie aufgefunden wurde, nicht um den Hals gehabt hatte, und die Rückfrage im Krankenhaus und bei der Spurensicherung bestätigte, dass es auch nicht zu den Gegenständen gehörte, die neben ihr im Fairview Park gelegen hatten. Er regte ein Brainstorming an über die Bedeutung von Kreuzen, Ketten, Verbrennungen, Brandzeichen und die zunehmende Gewalt bei den Übergriffen – bei dem ein paar nützliche Gedanken geäußert wurden. Andere Beamte wandten sich an die Juweliere von Fields, um mit ihrer Hilfe das Kreuz zu identifizieren, falls irgendwo eins auftauchen sollte. Es war schon nach fünf, als Mulcahy wieder aus seinem Büro kam, worauf er direkt zu Brogan gerufen wurde, die mit Healy in ein Privatgespräch vertieft zu sein schien.
»Setzen Sie sich, Mike. Claire meinte, Sie sollten sich das auch ansehen«, sagte Healy zu ihm.
»Was gibt’s?«
»Eine Art Notfall. Einen weiteren Nebenschauplatz können wir wirklich nicht gebrauchen, aber die Presse hat Wind von der Sache bekommen.«
Mulcahy zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht sehr überraschend, wenn man bedenkt, wie viele Leute wir heute dazugeholt haben.«
»Schon, aber es geht um was anderes, Mike. Ich habe gerade einen Anruf bekommen – von einer Boulevardjournalistin namens Siobhan Fallon vom Sunday Herald . Sie wollte nur mit mir sprechen. Ich sollte ihr alles über den Priester erzählen.«
»Den Priester?«
»Claire sagte, das wäre der Spitzname, den Sie unserem Täter gegeben haben.« Seine hochgezogenen Augenbrauen fragten: Was haben Sie dazu zu sagen? »Nachdem die allgemeine Stimmungslage wegen der Priesterskandale im Land ohnehin gereizt ist, hätte ich eigentlich erwartet, Sie hätten Ihre Worte in diesem Punkt etwas …«
»Einen Moment mal, Brendan«, unterbrach Mulcahy, der sich sowohl durch Healys anklagenden Ton wie auch durch die Erwähnung Siobhans in die Defensive gedrängt sah. »Dieser Spitzname stammt nicht von mir. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass …«
»Vergessen
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