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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Dachboden, der beinahe leer war, nur ein paar Kisten und Möbel waren in einer Ecke gestapelt, dick mit Staub bedeckt. Irgendwo hier musste es einen Ausgang zum Dach geben.
    Er fand ihn verriegelt, und der Riegel war offenbar so lange nicht benutzt worden, dass er festgerostet war. Vorsichtig klopfte Vil mit dem Griff seines Messers gegen den Mechanismus. Er rührte sich nicht. Er klopfte energischer, legte schließlich einen Zipfel seines Mantels über den Riegel und hämmerte auf ihn ein. Es dröhnte auf dem leeren Dachboden so laut, dass er glaubte, man müsse es bis auf die Straße hören. Er hielt inne, lauschte, aber es blieb ruhig. Er hämmerte weiter, und endlich löste sich der Verschluss. Leise kletterte er hinaus auf das Dach. Er hielt inne. Irgendetwas sagte ihm, dass er nicht allein war. Er zog das Messer. Es war niemand zu sehen, aber er spürte trotzdem eine fremde Präsenz. Er schlich zum Schornstein, um Deckung zu haben. Plötzlich löste sich etwas von den Ziegeln und fauchte ihn an.
    » Mistvieh! « , fluchte Vil, der sich fast zu Tode erschreckt hatte, und er verscheuchte die Katze mit einem Tritt, der das Tier aber nicht erwischte. Sie fauchte noch einmal und verschwand über die Dächer.
    Die Dächer der Villen glänzten matt im Licht des schwachen Herbstmondes. Sie waren hier oben wie verschmolzen, und er brauchte einen Augenblick, um sicher zu sein, welches davon zum Haus des Richters gehörte. Er schlich über die leise knirschenden Dachziegel hinüber und suchte die Luke. Ihm wurde klar, dass er ein Problem bekam, wenn diese ebenfalls verschlossen sein sollte. Er fand sie, fasste sie, hob sie vorsichtig an – verschlossen. Oder nur verklemmt? Er zog, hob, rüttelte leicht – sie rührte sich nicht.
    » Dann eben nicht « , dachte Vil und schlich über das Dach hinüber zur Platzseite. Die Villa des Richters stand direkt am Tempelplatz, dem Palast des Archonten gegenüber. Sie musste ein Vermögen wert sein, und sie war repräsentativ – ihm war nicht entgangen, dass es an der Vorderfront einen Balkon gab, von dem aus die Bewohner den Platz überblicken konnten.
    Vil konnte ihn sehen, er lag etwa eineinhalb Stockwerke unter ihm im gedämpften Licht der angrenzenden Kammer. Unten standen Menschen im Schein der Laternen und unterhielten sich, aber die Laternen waren nicht stark genug, die Fassade dieses Hauses zu beleuchten. Es mochte also dunkel genug für einen Versuch sein. Vil prüfte die Festigkeit der bleiernen Regenrinne. Sie schien ihm nicht sehr vertrauenerweckend. Aber er hatte keine andere Wahl. Warum habe ich eigentlich kein Seil mitgenommen?, dachte er. Er kannte die Antwort, es hätte sich schlecht mit seiner Tarnung vertragen.
    Er zog sich über den Rand des Daches. Die Regenrinne ächzte. Er versuchte sich an der Fassade abzustützen, um die Last zu reduzieren, aber sie gab weiter nach. » Ach, verdammt « , murmelte er und ließ sich fallen.
    Er landete hart, und sein Versuch, sich abzurollen, endete schmerzhaft an der Balustrade. Er zog sich rasch vom steinernen Geländer zurück, denn die Leute vor dem Haus, zwei Familien vielleicht, unterbrachen ihr Geplauder. Hatten sie ihn bemerkt? Vil hörte sein Herz klopfen, aber er hörte keine Alarmrufe, und unten wurde die Unterhaltung wieder aufgenommen. Es war also noch einmal gut gegangen. Es gab eine große Flügeltür, teilweise mit kostbaren bleigefassten Scheiben durchsetzt. Aber der Laden, der vor der Kälte schützen sollte, stand offen.
    Wie leichtsinnig, dachte Vil grimmig. Vorsichtig stemmte er die Tür mit dem Messer auf. Schwerfällig schwang sie zurück. Er war im Haus.
    Skari hatte gesagt, dass sie ihn gesehen hatte, vor einem Fenster mit Blick auf den Palast des Archonten. Das war weniger genau, als er gehofft hatte, denn man sah den Palast von jedem Fenster dieses Hauses aus.
    Der Richter habe drei Söhne, die jedoch schon lange aus dem Haus waren, und eine zänkische Ehefrau, hatte Gabba herausgefunden. Er beschäftige auch » ein paar « Bedienstete, genauer hatte Gibean es nicht zu sagen gewusst. Vil zog die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und band sich sein Tuch vors Gesicht. Er wollte keine Zeugen töten müssen, wenn sich das doch mit einem Stück Stoff vermeiden ließ.
    Vorsichtig schlich er auf den Gang hinaus. Aus dem Erdgeschoss drangen halblaute Stimmen. Nach einer Weile nahm Vil an, dass es sich um die Dienerschaft handelte. Dann hörte er noch etwas: leises Bellen und das Lachen eines Mannes. Es

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