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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nach links, nach rechts, schneller, als Lizet ihm folgen konnte. Drei, vier Bolzen, die Lizet schon im Ziel wähnte, flogen vorbei. Dann schoss Melid. Es war ein schlechter Schuss, der den Schatten sicher um drei oder vier Ellen verfehlt hätte, aber der wich einem weit besser gezielten Schuss aus und lief genau in Melids Bolzen hinein.
    Der Mann wurde für einen kurzen Augenblick sichtbar. Lizet erkannte ihn, es war wirklich Merson, und der Bolzen steckte in seiner Schulter. Die Wachen, die mit ihren gezogenen Schwertern ratlos im Saal gestanden hatten, sahen den Feind endlich und stürmten auf ihn los. Eine dumme Idee, dachte Lizet, der einen Schuss abfeuerte.
    Merson verschwand in den Schatten, die Männer liefen ins Leere – und in die Bolzen der Scholaren. Schmerz- und Entsetzensschreie erfüllten den Saal.
    » Er ist an der Hauptpforte! « , schrie Lizet und rannte schon.
    Er sah das Flackern um die Männer der Silbergarde herumtanzen, dann wurde die Pforte aufgerissen. Bolzen bohrten sich ins Holz, aber der Schatten war hindurch.
    » Ihm nach! « , brüllte Lizet.
    Er rannte hinaus auf den Platz. Es war dunkel geworden, aber er sah im Licht der Laternen Menschen, die erschrocken vor etwas Unsichtbarem zurückwichen. Das musste er sein.
    » Dort entlang! « , rief er und stürmte voran.
    Auf der anderen Seite des Platzes erschien ein Mann auf dem Balkon einer Villa und rief: » Mord! Mord! Richter Titior ist ermordet worden! «

Vil rannte einen Mann über den Haufen, der sich ihm ziemlich unentschlossen in den Weg gestellt hatte. Er hörte Hufgetrappel. Die verfluchte Silbergarde war hinter ihm her. Also sprang er über eine Hecke in die Kaisergärten. Hier war es dunkler, das Licht von den Laternen der Straße der Sieger drang kaum unter das Blattwerk der Bäume.
    Er hörte Soldaten über die Straße trampeln, Männer brüllten Befehle, und dazwischen schrien Frauen vor Angst und Entsetzen.
    Hatte er dieses Chaos ausgelöst? Irgendjemand brüllte immer wieder etwas von einem Schatten. Er hastete voran, preschte durch Gebüsche und Hecken und rannte über die kleinen Straßen, die den Prachtgarten durchschnitten. Der Lärm schien noch zuzunehmen. Auch vor ihm klang Hufgetrappel über das Pflaster. Er fand einen Baum, zog sich hinauf und versuchte, seinen Puls zu beruhigen. Er brauchte einen klaren Kopf, wenn er entkommen wollte.
    Was konnten die Zeugen gesehen haben? Einen Mann in einem schwarzen Umhang. Er legte den Umhang ab und verstaute ihn in einer Astgabel. Dann wischte er sich mit dem schwarzen Tuch den Schweiß ab und band es an einen Ast. Es würde noch ein paar Wochen dauern, bis der Herbst so weit fortgeschritten war, dass man diese Dinge finden würde.
    Unter ihm rannten jetzt Wachen mit Fackeln durch die Gärten. Sie riefen immer noch etwas von einem Schatten, und bei ihnen waren auch Scholaren, leicht zu erkennen an ihren weißen Roben, die sich ziemlich seltsam verhielten. Einer kam nahe genug heran, dass Vil im Fackelschein eine Art breiten Messingring erkennen konnte, den der Mann sich ins Auge geklemmt hatte. Er presste sich nah an den Baum und wartete, bis die erste Welle der Verfolger vorüber war.
    Dann glitt er leise vom Stamm, klopfte sich, so gut es ging, den Schmutz von seinem Wams und machte sich auf den Weg. Er ging langsam, spazierte durch die Gärten, als sei nichts gewesen, und hielt die Hände in den Hosentaschen, um das Zittern zu verbergen.
    » Halt! Ihr da! Was macht Ihr da? « Zwei Soldaten verstellten ihm den Weg.
    » Nichts Besonderes, Menhers, ich gehe nur spazieren. Was ist denn geschehen, dass hier so eine Aufregung herrscht? « Vil gab sich leicht herablassend, wie er es bei jungen Adligen beobachtet hatte.
    » Mord, Herr, Mord! Und Ihr wollt davon nichts mitbekommen haben? « Der Soldat hielt seine Fackel etwas näher an Vil heran. Trug er etwa doch verräterische Spuren an seinem Wams?
    » Oh, ich war verabredet, mit einer jungen Dame, wenn Ihr versteht. «
    » Eine Dame? «
    » Eigentlich eine Magd, eine echte Wildkatze, doch leider bekam sie es bei all dem Lärm mit der Angst und wollte nach Hause, bevor ihre Herrschaft etwas merkt. Dabei hatte ich sie gerade so schön im Laub. «
    » Das sieht man, Herr « , meinte der Soldat grinsend. » Ihr solltet Euch vielleicht waschen, bevor Ihr nach Hause geht, denn Euer feines Wams hat im Laub ein wenig gelitten. «
    » Ich danke Euch für Euren Rat, meine Mutter wäre wahrlich nicht begeistert, wenn sie davon wüsste.

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