Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Und Euer Haus, Esrahil, wird heute enden. «
» Tesir, nein, ich bitte Euch. Ich habe doch versucht zu helfen, ich habe Briefe geschrieben, ich habe … « Gremms Flehen versandete, denn er hörte selbst, wie lächerlich all das klang, was er vorbringen konnte. » Gnade « , sagte er schließlich. » Gnade, Tesir, Euer Bruder hätte das nicht gewollt … «
Merson zog seinen schmalen Dolch. » Ihr wagt es, Euch auf Aretor zu berufen? « Die Klinge zitterte leicht in seiner Hand. » Gebt mir nur einen guten Grund, Euch leben zu lassen, Gremm, nur einen, und ich werde es mir vielleicht überlegen. Nein? Nichts? Dann lebt wohl auf der anderen Seite! « Er erhob sich, packte Gremm am Schopf und holte aus. Kalter Hass stand in seinen Augen.
» Wartet! « , schrie Gremm in höchster Not. » Wartet! Aretors Kinder, sie leben! «
Das Messer verharrte einen Fingerbreit von seiner Brust entfernt.
» Was redet Ihr da? «
» Viltor und Tiuri, sie leben noch! Sie sind der Halde entkommen und halten sich versteckt. Aber ich kann Euch zu ihnen bringen. «
Das Messer stand immer noch über seinem Herzen. Gremm vermeinte, die Spitze schon zu spüren, wie sie gleich in sein Fleisch eindringen und sein Leben beenden würde.
» Wenn das nur ein Versuch ist, Euch zu retten, Gremm … «
» Nein, ich schwöre es, Merson, sie leben. Doch schien es uns besser, alle Welt glauben zu lassen, sie seien tot. «
Die Klinge verschwand. » Wo? «
» Hier in Xelidor. Ich weiß, das klingt leichtsinnig, aber niemand sucht noch nach ihnen. Sie führen sogar ein Geschäft, im Katzenviertel. Es geht ihnen gut, Merson, es geht ihnen gut. «
» Und habt Ihr ihnen von mir erzählt? «
» Nein, das schien mir zu gefährlich. «
» Das war klug von Euch. Aretors Kinder leben also noch. Ihr werdet uns zusammenbringen, Gremm. Ich will sehen, ob etwas von meinem Bruder in diesem Jungen steckt. Aber erst werde ich erledigen, was zu erledigen ist. Und wagt nicht, mich zu hintergehen. Ihr würdet es nicht überleben, Schwager. «
Vil trug ein neues Gewand. Er hatte den Schneider in der Scherengasse damit glücklich gemacht, denn der Mann konnte endlich mit Stoffen arbeiten, die er sonst nie in die Finger bekam. Nun trug er Hosen aus einem Stoff, der im fernen Tenegen angeblich von Schmetterlingsraupen gewoben wurde, ein silbergestepptes Wams aus feinstem Hirschleder und darüber einen schwarzen Umhang aus oramarischem Kamelhaar, kurz, er sah aus wie ein junger Adliger aus einer der besten oder wenigstens reichsten Familien Xelidors.
Wachen streiften über den Tempelberg, aber sie beäugten ihn nicht misstrauisch wie bei seinem letzten Besuch hier oben. Es schien eher, dass sie respektvoll Haltung annahmen, als er zwischen all den vornehmen Patriziern über den Obermarkt schlenderte. Er fing sogar ein paar wohlwollende Blicke von Bürgerstöchtern auf, die mit ihren Freundinnen kicherten, wenn er einen Blick erwiderte.
Vielleicht ist die Tarnung doch ein wenig zu gut, dachte er. Er ließ den Markt hinter sich, durchquerte die Kaisergärten und bog schließlich ins Perlenviertel ein. Die Laternenanzünder waren schon unterwegs, obwohl die Dämmerung dieses milden Frühherbsttages gerade erst eingesetzt hatte. Er fand, dass ungewöhnlich viele Wachen unterwegs waren. Sie standen praktisch an jeder Ecke, schenkten ihm aber keine Beachtung.
Das Haus des Richters lag am Tempelplatz, und er sah auch dort eine Menge Wachen. Sogar Reiter der Silbernen Garde patrouillierten auf dem Platz.
Kinder liefen ihnen nach, so wie er es selbst früher getan hatte, wenn diese Reiter in ihren protzigen Rüstungen irgendwo aufgetaucht waren. Aber das schien Jahrhunderte her zu sein. Nun fand er es befremdlich, die Reiter zwischen all den Menschen zu sehen, die den frühen Abend für einen Spaziergang über den Platz nutzten, um Bekannte zu treffen, zu plaudern, Geschäfte anzubahnen und Kontakte zu knüpfen.
Vil mied das Haus des Richters. Er näherte sich dem Nachbarhaus, dessen Eingang in einer ruhigen Seitenstraße lag. Gibean hatte herausgefunden, dass der Besitzer, ein verwitweter Kauffahrer, auf Reisen in Damatien war, und zur Bewachung seines Besitzes hatte er angeblich nur einen alten, schwerhörigen Diener zurückgelassen.
Das klang gut, aber dann stellte Vil fest, dass es doch nicht so einfach war: An der nächsten Kreuzung standen zwei Soldaten, die sich zwar unterhielten, aber doch auch ein Auge auf die Gasse hatten.
Er konnte schlecht stehen bleiben,
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