Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
schien in Gedanken versunken. Selbst im Sitzen sah es aus, als würde er alle im Raum überragen.
Gremm gab sich einen Ruck und ging hinüber. » Ich grüße dich, Sester. «
Sester Elgos hob den kantigen Schädel, blinzelte kurz, zeigte aber sonst kaum eine Regung.
» Erlaubst du vielleicht, dass ich mich setze? «
» Vielleicht. Es ist lange her, Esrahil. «
» Zu lange? «
Der andere ließ ein schwer zu deutendes Zucken über die Mundwinkel gleiten, und Gremm wusste nicht, ob es Verachtung oder Gleichgültigkeit ausdrückte. » Eher nicht lange genug, Esra. Aber setz dich. « Er schob mit dem Stiefel einen Stuhl eine Winzigkeit zurück.
» Du verkehrst also immer noch hier « , sagte Gremm, der nicht wusste, wie er anfangen sollte.
» Der Platz ist nicht schlechter als andere, vielleicht sogar besser. Voller Erinnerungen. «
» Ich weiß, was du meinst. «
» Manche von den Erinnerungen haben einen ausgesprochen üblen Nachgeschmack, Esra. «
» Das ist mir bewusst. Aber ich bin nicht hier, um über alte Zeiten zu reden. «
» Kann ich mir denken. «
Gremm bestellte eine Flasche Branntwein und zwei Gläser. » Sag, Sester, wie ist es dir ergangen? « , fragte er, als der Wirt das Verlangte gebracht hatte.
Der andere beugte den massigen Oberkörper nach vorn, sah Gremm lange ins Gesicht und sagte dann: » Du bist doch nicht hier, um dich nach meinem Befinden zu erkunden. Ich wäre dir dankbar, wenn du deine und meine Zeit nicht mit Geschwätz vertun würdest. «
Gremm nickte, begann zu erzählen, und dann sprudelte es aus ihm heraus, die ganze elende Geschichte von seinem unglücklichen Schwager, seiner Schwester und ihrem Stolz, der sie daran gehindert hatte, ein Schiff nach Süden zu besteigen.
» Die schöne Rohana ist also Witwe geworden « , stellte Elgos schwermütig fest.
» Eine Witwe mit drei Kindern, wenn du es genau wissen willst. Und sie ist in Not. Aber ich kann ihr nicht helfen, und wenn ich es doch versuche, geht alles fürchterlich schief. «
» Wusstest du, dass ich damals selbst ein Auge auf sie geworfen hatte? «
Gremm seufzte. Wer hatte das seinerzeit nicht? Seine Schwester mit ihren feuerroten Haaren war eine der begehrtesten jungen Frauen von Xelidor gewesen. Und dann war dieser gutaussehende und sehr reiche Fremde aus Cifat gekommen und hatte sie im Sturm erobert.
» Aber ich glaube, sie hätte sich nie mit einem Schmuggler wie mir abgegeben, oder? « , setzte Elgos seinen Gedankengang fort.
» Vermutlich nicht, Sester « , sagte Gremm sanft.
» Glaubst du, sie würde jetzt meine Hilfe annehmen? «
» Ich weiß es nicht, Sester. Es kann sein, dass sie inzwischen klüger geworden ist, aber, bei den Himmeln, ich bin mit ihrem verfluchten Stolz auch nie zurechtgekommen. Nein, vielleicht würde sie dich sogar noch zurückweisen, wenn du der einzige Mensch wärst, der sie retten könnte. Ich weiß nicht einmal, ob sie sich von mir helfen lassen würde. Aber was soll ich machen? Sie ist meine Schwester, ich kann sie doch nicht da unten verrotten lassen! «
Der andere sah ihn zweifelnd an, und Gremm las in seinen Augen, dass Sester Elgos ihm genau das durchaus zutraute. Aber dann sagte er: » Du bist hier, und zwar, um ausgerechnet mich um Hilfe zu bitten. Ich nehme an, dass dich das viel Überwindung gekostet hat, Esra. Wer weiß, vielleicht schlägt da irgendwo unter den Kassenbüchern in deiner Brust doch noch ein Herz. Was also kann ich in dieser Sache für dich und die schöne Rohana tun? «
Umständlich erzählte Gremm ihm von seinen Schwierigkeiten, von seinem Scheitern in der Versammlung und vor allem von dem Fischer.
Sester hörte, die mächtigen Arme verschränkt, schweigend zu, dann sagte er: » Wenn ich es richtig verstehe, geht es hier zunächst nicht um deine Schwester, sondern um dich und diesen Fischer, der den Hals nicht vollkriegt. «
» Ja, um den Fischer, erst einmal. Aber natürlich auch um Rohana « , beeilte er sich zu versichern. » Leider weiß ich nicht, wie ich sie da unten herausholen kann. «
Der andere zuckte mit den Schultern. » Bestechung könnte eine Möglichkeit sein. Ich verstehe, dass du zu viel Angst hast, selbst da runterzugehen, aber ich kann das für dich übernehmen. Wenigstens könnten wir so erfahren, wie es ihr geht, und ob sie überhaupt bereit ist, Hilfe anzunehmen. «
» Und der Fischer? «
Sester legte ihm die Hand auf die Schulter. » Natürlich, um den kümmere ich mich zuerst. Aber dir ist doch klar, dass ich es nicht
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