Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
Aber die Klinge war unversehrt und scharf. Vil nahm sie an sich.
Es war ein recht kühler Sommernachmittag, als es an der Pforte klopfte, und die Köchin Esrahil Gremm einen Besucher meldete.
Gremm schaute unwillig von den Büchern auf. In letzter Zeit schien die Unordnung in all seinen Unternehmungen stetig zuzunehmen. » Wer ist es? «
» Ein Leutnant der Wache, Herr. «
» Ein Leut… « Gremm erbleichte, versuchte, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, und gab der Köchin den Auftrag, den Gast in die Wohnstube zu führen. » Aber bittet ihn um Ruhe. Wir wollen meine Frau nicht wecken. «
In seinem Verstand rasten die Gedanken. Hatte ihn vielleicht jemand angeschwärzt? Sester Elgos hatte einen Mann zur Halde geschickt. Der hatte den Hauptmann der Wache dort bestochen, damit er ein Schreiben an seine Schwester Rohana weiterleiten sollte. Die hatte jedoch nicht geantwortet. War herausgekommen, wer der Absender war? Elgos hatte gesagt, dass diesem Schreiben nichts Verfängliches und schon gar kein Absender zu entnehmen sei, aber wer konnte das schon wissen?
Gremm versuchte, sich zu beruhigen. Er trank noch etwas von dem lang erkalteten Tee, ordnete die Bücher ohne viel Sinn und Verstand neu und ging schließlich hinüber in die Wohnstube.
Kein Gespenst, war der erste Gedanke, der ihm durch den Kopf schoss, als er den Mann sah, denn der trug nicht das schlichte Grau der Geheimen Wacht. Nein, ein stählerner Halbkürass glänzte matt über dem unscheinbaren Braun und Schwarz der Stadtwache.
» Was kann ich für Euch tun, Leutnant? « , fragte er freundlich. Der Mann wirkte nicht sonderlich auffällig. Er war nicht groß, beinahe so klein wie er selbst, und das blonde Haar kräuselte sich über einem breiten, offenen Gesicht.
» Leutnant Lizet, zu Euren Diensten, Menher. Ich bitte die Störung zu entschuldigen, aber ich habe ein paar Fragen und hoffe, dass Ihr sie mir vielleicht beantworten könnt. «
» Gerne, wenn ich kann. Doch erlaubt mir, die Tür zu schließen. Meine Frau ist leider erkrankt, und sie braucht Ruhe. «
» Ah, wie bedauerlich. Was fehlt ihr? «
» Wie? Ach, ein Fieber, das sie aus ihrer Heimat am Goldenen Meer mitgebracht hat. Es gibt Mittel dagegen, doch die sind hier nur schwer zu bekommen. «
» Wie bedauerlich « , sagte der Leutnant noch einmal.
» In der Tat « , meinte Gremm und fühlte sich sehr niedergeschlagen.
» Soll ich zu anderer Stunde wiederkommen, Menher? «
Ein Teil von Esrahil Gremm hätte am liebsten laut » Ja « geschrien, doch er würde keine ruhige Minute mehr haben, solange er nicht wusste, was den Leutnant zu ihm geführt hatte. Also sagt er: » Eine Besserung ist leider so bald nicht in Sicht, und wo Ihr nun schon einmal hier seid … «
» Ich danke Euch, Menher « , sagte Lizet mit einer kleinen, höflichen Verbeugung. » Seht, Menher, es ist etwas vorgefallen, ein Verbrechen, das ich untersuchen muss. «
Gremm fühlte kalte Schweißtropfen auf seine Stirn treten. » Ein Verbrechen? «
» Ein Mord, Menher, doch erlaubt, dass ich von vorn beginne. Vielleicht sollten wir uns setzen, denn ich fürchte, ich kann es nicht kurz machen. «
Ein Mord? Es ging nicht um das gefährliche Schreiben? » Tee? « , fragte er, um überhaupt etwas zu sagen.
Der Leutnant lehnte ab. Als sie sich gesetzt hatten, begann er: » Es gab einen Mord, vor drei Tagen, im Katzenviertel. Ich nehme an, Ihr kennt die Gegend unterhalb der Arena, wo Huren und Spieler ihr Unwesen treiben. «
Gremm nickte. Jedermann kannte das Katzenviertel. Es war ein einziges großes Bordell, und jeden Tag wechselte dort viel Geld den Besitzer. Er besaß ein Haus am Rande dieses Viertels, ein Überbleibsel aus alten Zeiten. Früher hatten die Mieterinnen ihm viel Geld erwirtschaftet, doch dann hatte er es seiner Frau zuliebe an etwas ehrbarere Menschen vermietet. Ob dort etwas vorgefallen war?
» Ein Mann ist dort auf offener Straße niedergestochen und ausgeraubt worden. «
» Ah, ein Raubmord. «
» Vermutlich, Menher, es wäre nicht der erste im Katzenviertel. Es ergaben sich jedoch … Merkwürdigkeiten. «
» Welcher Art? «
» Der Mann war ein Fischer, doch hatte er in den letzten Wochen erstaunlich viel Geld in den dortigen Schänken gelassen. «
Ein Fischer?, durchzuckte es Gremm. Sollte etwa …
» Ein Fischer mit Geld ist in diesen Tagen an sich schon erstaunlich. Noch erstaunlicher aber ist, dass seine Verwandten berichteten, er habe sein Geld an den Spieltischen gewonnen. Als
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