Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
berichten, wie Ihr davon erfahren habt? Sie werden sicher erfreut sein, dass Ihr Euch der Schwarzen Kunst zugewandt habt«, rief er. Dann fragte er: »D er Knabe– weiß er, was sein Vater getan hat?«
»I ch glaube nicht. Der Geist beschuldigte ihn jedenfalls nicht, beteiligt gewesen zu sein.«
»N un, das wird uns dennoch nicht viel nützen, fürchte ich. Wie Ihr vielleicht wisst, beschäftigen sich die guten Menschen der Stadt derzeit mit dringenderen Problemen. Es stehen Feinde vor den Toren, und es wäre besser, Ihr würdet Euch darum kümmern.«
Hamoch nickte. »I ch suche doch schon nach Möglichkeiten…«, begann er, aber der Satz versandete unter Almisans durchdringendem Blick.
»S ucht schneller!«
»U nd Eure Schattenschwester? Wenn sie so wichtig ist, kann ich weiter…«
»N ein, das muss aufgeschoben werden. Findet einen Weg, uns unsere Feinde vom Hals zu schaffen, und zwar schnell. Die Dinge spitzen sich zu. Bereits morgen kann es unerheblich sein, ob Jamade den Schlüssel hierherbringt oder nicht.«
***
Es roch nach gebratenem Fleisch. Die Westgarther hatten die Kuh des Bauern geschlachtet und brieten nun einen der Schenkel über offenem Feuer. Jamade hatte sich allerdings abgesondert. Es war eine kalte Nacht geworden, die Wolken hatten sich verzogen, und die Sterne standen hell und klar über den Bergen. Die Männer lachten, aber ihr war nicht nach Lachen zumute. Es war ein Fehler gewesen, diese Krieger mitzunehmen, ein Fehler, ein Fehler! Eigentlich hatte sie es gleich gewusst, aber sie hatte nicht auf die warnende Stimme in ihrem Hinterkopf hören wollen.
Und nun waren zwei tote Westgarther am Feuer aufgebahrt, erstochen von den Frauen, die sie hatten vergewaltigen wollen, und daneben lagen diese beiden Frauen, der Bauer, seine Söhne und die Knechte erschlagen im Schlamm. Aus der Scheune drang das Wimmern der Frauen, Mädchen und Mägde dieser Familie. Jamade war sich nicht sicher, ob alle von ihnen die rohen Schändungen durch die Krieger überlebt hatten.
»M eine Männer haben harte Zeiten hinter sich und noch härtere vor sich«, hatte Askon mit einem Achselzucken erklärt, als sie ihn zur Rede stellte. Sie machte ihm Vorwürfe, aber nicht wegen der Frauen, denn sie wollte nicht weich erscheinen, sondern wegen des unnötigen Kampfes, des Lärms und der Feuer, die weithin sichtbar waren. Und nun wollten diese Narren auch noch ihre gefallenen Brüder den Flammen übergeben. »W ir verbrennen unsere Toten, wenn wir sie nicht in der See bestatten können«, hatte Askon erklärt. »S o ist es Brauch, und so wird es auch heute geschehen.«
Jamade hatte es hingenommen, obwohl auch das ein Fehler war. Sie sollte diese Männer einfach sich selbst überlassen. Was kümmerte es sie, wenn ihre dummen Feuer entdeckt wurden, wenn vielleicht Soldaten oder andere Bauern über die Kuppe kamen, um nach dem Rechten zu sehen? Askon stand plötzlich neben ihr. »I ch kann das Sternbild des Seefahrers nicht sehen«, sagte er nachdenklich.
Sie schluckte ihren Ärger hinunter. »E s wird hinter den Bergen dort versunken sein.«
»V ermutlich. Es ist merkwürdig, so weit weg vom Meer zu sein«, meinte der Prinz.
»W illst du umkehren?«
Askon lachte leise. »B ist du verärgert, weil wir dich aufhalten, Schatten?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»N un, du wolltest uns dabei haben, und hier sind wir nun. Und wir werden nicht ohne reiche Beute auf unser Schiff zurückkehren– oder reiche Belohnung. Und es gibt doch eine reiche Belohnung für diesen Schlüssel, nicht wahr?«
Jamade nickte.
Askon lachte, aber erstmals fand sie sein Lachen nicht befreiend. Er sagte: »W arum wartest du denn auf uns? Kannst du dich nicht jederzeit unsichtbar machen und in der Dunkelheit verschwinden? Ich könnte dich nicht aufhalten.«
»K önntest du nicht?«, fragte sie mit einem Kloß im Hals.
»N ein, denn du bist ein Schatten. Bedauern würde ich es schon, wenn du gingest, sehr bedauern, Jamade. Nicht nur wegen der Belohnung.«
Seine Hand strich über ihren Nacken und löste einen wohligen Schauer aus. Er küsste sie, als sei es das letzte Mal, und Jamade vergaß die verräterischen Feuer, die Toten und die geschändeten Frauen. Mochten Askons Männer sie auch aufhalten. Auf eine Stunde mehr oder weniger würde es schon nicht ankommen.
Später in der Nacht wachte sie auf. Sie war in seinen Armen eingeschlafen, aber jetzt erwacht, weil sie seine vorsichtigen Berührungen fühlte. Aber war das ein sanftes
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