Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
wird es nicht öffnen können.« Dann drehte er sich um und lief den Stollen hinab.
Aggi folgte ihm seufzend. Er fand den Mahr zu sorglos. Jemand hatte den Zugang gefunden, und ob er ihn nun öffnen konnte oder nicht, diesen Weg konnte Aggi in Zukunft nicht mehr nehmen, wenn er noch einmal in die Stadt wollte.
Almisan starrte auf die Steine. Schon wieder, dachte er. Schon wieder stehe ich vor einem geheimen Zugang in die Unterwelt, doch dieses Mal kann ich ihn nicht öffnen. Er war zur Schänke gehetzt, hatte Teis Aggi aber verpasst, nur mit viel Glück wiedergefunden und ihn gerade noch in diese Gasse einbiegen sehen. Eigentlich sollte der Mann jetzt tot zu seinen Füßen liegen, aber der Hauptmann war nun in der Erde verschwunden, und er stand vor einer steinernen Falltür, die er nicht öffnen konnte.
Sollte er Hamoch um Hilfe bitten? Der Gedanke gefiel ihm nicht. Noch weniger gefiel ihm aber der Gedanke, dass es geheime Wege in die Stadt gab. Die Berggeister hatten die Gänge doch unter Wasser gesetzt, wieso war dieser Zugang nicht überschwemmt? Er würde drei oder vier Damater in diese Gasse beordern müssen, falls Aggi so dumm sein sollte, es noch einmal auf diesem Weg zu versuchen. Er fluchte und machte sich auf den Weg in den Palast. Shahila würde nicht gefallen, was er zu berichten hatte. Andererseits ließ sich das vielleicht zum Guten wenden, denn der Ärger würde ihre Aufmerksamkeit von anderen Geschehnissen ablenken, von denen sie nichts erfahren durfte.
Auf dem Weg zur Burg bemerkte Almisan, dass etwas im Gange war, denn ohne dass er die Ursache gleich erfassen konnte, spürte er doch, dass sich eine gewisse Unruhe der Stadt bemächtigte, die irgendwie, beinahe magisch, von Gasse zu Gasse und Haus zu Haus zu springen schien. Für einen Augenblick glaubte er schon, der Aufstand, von dem Haaf geschwafelt hatte, sei gekommen, aber dann traf er auf einen Trupp Bergkrieger, die von der Mauer zur Burg trabten, und die verrieten ihm, was dort im Tal vor sich ging.
Es geht schneller, als ich dachte, zu schnell, befand er, als er die Treppen des Bergfrieds emporeilte. Man hatte ihm gesagt, die Herzogin sei dort oben, um selbst zu sehen, ob die Meldung stimme, die unglaubliche Meldung: dass das Heer des Seebundes seine Stellungen verließ.
Shahila stand an der Brüstung und starrte gebannt hinab. Die Stadtmauern verhinderten, dass sie viel von dem sehen konnte, was unterhalb von Atgath vorging, aber ja, unzweifelhaft, das Lager ihrer Feinde war in Bewegung geraten.
»H oheit, Ihr solltet einen Mantel anziehen«, riet eine vertraute Stimme, »e s liegt Frost in der Luft.«
»Z iehen sie wirklich ab, Almisan? Ist es wahr?«
»J a und nein, Hoheit. Das Heer setzt sich in Bewegung, aber Läufer von der Mauer meldeten soeben, dass sie nach Norden ziehen.«
»N orden? Aber dort ist nichts! Nur ein paar armselige Dörfer. Nein, es muss ein Täuschungsmanöver sein. Sie ziehen sich zurück.«
»U nd warum sollten sie das tun, Hoheit?«, fragte ihr Vertrauter beinahe sanft.
Shahila wirbelte herum, um ihn wütend anzufahren, aber dann schwieg sie doch. Sie hatte die Fackeln verlöschen lassen, denn sie hatten sie geblendet, und so stand sie nun mit Almisan im Sternenlicht und konnte seine Gesichtszüge nicht erkennen. Nicht dass jemals viel aus ihnen abzulesen wäre, dachte sie. Sie hatte den lästigen Jähzorn, der alle Kinder ihres Vaters plagte, schon wieder überwunden und fragte ruhig: »J a, warum sollten sie das tun? Es muss etwas geschehen sein, und offensichtlich geschah es im Norden, nicht im Süden. Aber was, Almisan?«
»I ch weiß es nicht, Hoheit.«
Shahila starrte auf die sich bewegenden Lichtpunkte im Tal. »S chicke ein paar Bergkrieger über die Mauer, am besten sofort. Sie sollen herausfinden, was da vor sich geht.«
»D as habe ich bereits veranlasst, Hoheit.«
»N atürlich, natürlich hast du das, Almisan. Ich habe nicht an deiner Umsicht gezweifelt«, sagte sie leise.
Die Kälte der sternklaren Nacht, die sie in ihrer lächerlichen Aufregung ignoriert hatte, ließ sie zittern. Plötzlich spürte sie, wie ihr Almisan seinen Umhang über die Schultern legte. »E s ist wirklich kalt, Hoheit.«
»W as würde ich nur ohne dich machen«, erwiderte sie. Es war seltsam: Seit sie denken konnte, war Almisan immer in ihrer Nähe gewesen, aber so nah wie in diesem Augenblick hatte sie sich ihm noch nie gefühlt. Wurde sie etwa sentimental? Sie riss sich zusammen und entfernte sich einen
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