Der Prinz im zerbrochenen Spiegel (Die Märchen um Zwergenkönig Jetts Söhne)
aufklären", sagte Hanno.
"Lass es! Sie ist wohl noch zu jung, es zu verstehen. Du würdest damit nur ihre Gefühle verletzen."
"Und was ist mit deinen Gefühlen, Dev ?"
"Meine Gefühle spielen dabei keine Rolle."
"Da bin ich aber anderer Meinung."
"Lassen wir es dabei bewenden", sagte Devlin .
Die Hochzeitsfeierlichkeiten währten eine Woche. Die zahlreichen Mitglieder der königlichen Zwergenfamilie belegten die Gästezimmer des Schlosses. Devlin und Hanno bewohnten wegen der durch die vielen Gäste der Feierlichkeiten verursachten allgemeinen Zimmerknappheit ein gemeinsames Quartier. Da Hanno seine Nächte ohnehin bei seinem Liebhaber verbrachte, hatte Devlin es die meiste Zeit für sich allein. Als wenn es einen Unterschied gemacht hätte! Während sich seine Brüder Stefano und Markus jede Nacht mit einem anderen menschlichen Edelfräulein vergnügten, gab es für ihn niemanden, der sich zärtlich seiner annahm. Devlin war daran gewöhnt, dass ihm die Frauen nicht mit derselben Begeisterung zuflogen wie seinen gutaussehenden Brüdern. Natürlich hatte auch er seine Gespielinnen unter den Gesindemädchen des Zwergenschlosses . Aber es gehörte sich nicht, solche Mädchen auf eine königliche Hochzeit mitzubringen. Am Vormittag des dritten Tages klopfte jemand an seiner Tür. Devlin war schon gewaschen und angezogen und ließ sich gerade einen heißen Tee und ein gebuttertes Hörnchen schmecken.
"Herein!", sagte er. Zu seiner Überraschung trat Bea in das Zimmer. Sie sah sich suchend in dem Raum um. Höflich erhob sich Devlin von seinem Stuhl. "Guten Morgen, Prinzessin Bea! Kann ich etwas für euch tun?"
"Ich hoffte, euren Bruder Hanno hier zu finden und wollte ihn fragen, ob er nicht Lust auf einen Ausritt hat", sagte sie mit einem enttäuschten Ausdruck im Gesicht.
"Wie ihr seht, ist er nicht hier", entgegnete Devlin und musterte Bea unauffällig von oben bis unten. Sie trug eine schmal geschnittene Bluse, eine enge Reithose und Reitstiefel, was ihre Figur sehr aufreizend betonte. Hanno würde es kaum bemerken, aber Devlin verspürte sofort ein heftiges Begehren.
"Kommt er bald zurück?"
"Das kann ich euch leider nicht sagen, Prinzessin, da ich es nicht weiß. Vielleicht wollt ihr mich statt seiner als Begleitung akzeptieren." Während er diese Worte aussprach, bedauerte er sie auch schon. Was war nur in ihn gefahren, sich Bea aufzudrängen. Ihr abweisender Gesichtsaudruck verriet ihm auch sogleich ihre Gedanken. "Warum nicht", sagte sie zögernd. Da sie nicht unhöflich sein wollte, verabredete sie sich mit ihm bei den Ställen und flüchtete fast aus dem Zimmer. Devlin suchte sich aus seiner Reisekiste Sachen heraus, die Reitkleidung am nächsten kamen .
Vor dem Stall saß Bea schon auf ihrer rotbraunen Stute. Devlin wurde von dem Stallburschen ein riesiger schwarzer, nervös herumtänzelnder Wallach gebracht. Das überspannte Tier schien für einen Zwerg mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen völlig ungeeignet zu sein. Devlin erspähte den lauernden Gesichtsausdruck Beas. Glaubte sie etwa, sie könne ihn mit diesem riesigen Pferd abschrecken? Er trat zu dem Pferd. Als es seine Nähe spürte, wurde es sofort ruhiger. "Na, mein Schöner", sprach er das Tier sanft an. Willig beugte es den Kopf zu ihm herunter und ließ sich über die weichen Nüstern streicheln. Es stand ganz still, als Devlin die Steigbügel auf die für ihn richtige Stellung einstellte. Bea und die Stallburschen sahen ihm mit wachsendem Staunen zu.
"Soll ich euch helfen aufzusteigen, euer Hoheit?", fragte einer der Stallburschen höflich, als Devlin sich anschickte, auf das Pferd zu gelangen. Bevor der Bursche seine Worte zuende gesprochen hatte, saß Devlin auch schon auf dem Pferd und zügelte es. "Nicht nötig!", beschied er ihm kühl. "Seid ihr soweit?", fragte er Bea, die ihn anstierte. "Wie ...?", fragte sie mit offenem Mund. Devlin zuckte mit den Schultern und ließ sein Pferd antraben. Natürlich war er nicht in der Lage, sich ohne Hocker oder mit eigener Muskelkraft auf ein so riesiges Tier zu setzen, auch wenn er ein ziemlich kräftiger Mann war, schließlich war er der beste Waffenschmied des Zwergenreiches . Seine magischen Talente hatten ihm auf das Pferd geholfen, aber er hatte es natürlich so aussehen lassen, als habe er sich auf das Tier geschwungen. Bea folgte ihm durch den Schlosspark zu den Feldern, wo sie ihn einholte.
"Ihr seid ein sehr guter Reiter", sagte sie mit unfreiwilligem Respekt in der Stimme.
"Und ihr
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