Der Prinz im zerbrochenen Spiegel (Die Märchen um Zwergenkönig Jetts Söhne)
hielt sie es nicht mehr aus, schob unterdrückt aufschluchzend die Tür wieder zu und rannte über die düsteren Flure in ihr Zimmer zurück, so schnell ihre Füße sie trugen. Dort hatte sie einen heulenden und heftigen Wutanfall. Trotzig mit den Füßen aufstampfend warf sie den goldenen Zauberring an die Wand und brüllte:
"Verdammter Devlin ! Kommst du wohl sofort her?! Ich brauche dich hier!"
Sie stieß einen erschrockenen, spitzen Schrei aus, als er tatsächlich in ihrem Zimmer erschien. "Was ist los, dass du mich mitten in der Nacht störst?", blaffte er sie an.
"Ich habe dich den ganzen Tag gerufen", klagte sie.
"Ich hatte heute keine Lust, mich mit deinen Launen abzugeben", beschied er ihr.
"Dein Bruder Hanno macht es mit meinem Vater ...", warf sie ihm vorwurfsvoll an den Kopf, als habe er diesen Umstand persönlich zu verantworten.
Devlin zuckte mit den Schultern.
" .... und mit meiner Mutter", ergänzte sie.
"Sieh an! Wer hätte gedacht, dass Hanno sich einmal zu einer Frau ins Bett legen würde", wunderte sich Devlin .
"Du weißt von den abartigen Gewohnheiten deines Bruders?", erregte sich Bea.
"Die gleichgeschlechtliche Liebe ist doch nicht abartig", wies Devlin sie zurecht.
"Weshalb hast du mir nicht davon erzählt?", fauchte Bea.
"Jeder wusste von der Beziehung zwischen deinem Vater und meinem Bruder. Nur du warst so versessen auf Hanno, dass du es nicht gesehen hast oder nicht sehen wolltest."
"Du verdammter Mistkerl. Du hast mich in dem Glauben gelassen, ich hätte eine Chance bei Hanno und mich so ausgenutzt."
"Ich habe nur deinen Wünschen entsprochen, Prinzessin."
Mit einem Aufschrei stürzte sich Bea auf Devlin und wollte ihm das Gesicht zerkratzen. Er hielt sie an den Handgelenken fest. "Welche Narben willst du mir zufügen, die ich nicht schon hätte?", fragte er.
Dies ließ sie wieder zur Besinnung kommen. "Ich hasse dich!", schluchzte sie. Eine Flut von Tränen ergoss sich über ihr Gesicht. Bea beweinte mit Energie und Hingabe ihr Schicksal. Devlin legte einen Arm um ihre Hüften, um sie zu trösten. Bald ließ sie sich von ihm zu ihrem Bett führen, wo sie sich Arm in Arm ausstreckten. Devlin küsste ihr die Tränen von den Wangen.
"Alle Welt glaubt, ich würde einen Zwergenprinzen heiraten und dabei ist weit und breit kein Bräutigam in Sicht", schniefte Bea.
Devlin versteifte sich und machte sich von ihr los. "Keine Ahnung, weshalb du so wild darauf bist, einen Zwergenprinzen heiraten zu wollen. Aber natürlich wäre es zu viel von dir verlangt, eine Ehe mit mir in Betracht zu ziehen", zischte er. "Ich habe wirklich genug von deinen Launen, so sehr deine Schönheit mich auch fesselt. Lebe wohl!"
"Warte!", rief Bea mit schriller Stimme, eilte zu ihm und griff nach seiner Hand.
"Was ist noch?"
"Lass uns heiraten!"
"Bea! Werde erwachsen! Das ganze ist kein Spiel. Wenn ich dich zur Frau nehme, werden wir eine richtige Ehe führen, ohne Kompromisse. Wir werden miteinander leben und gemeinsam in einem Bett schlafen. Verstehst du, was das bedeutet?"
"Aber natürlich!"
"Und wenn ich Brautwerber zu deinem Vater schicke und um deine Hand anhalten lasse, wirst du freudig lächelnd zustimmen?"
"Selbstverständlich!"
"Versprich es!", forderte Devlin .
"Ich verspreche es!"
"Mögen dich die Götter vor meinem Zorn bewahren, wenn du dein Versprechen nicht einhältst", sagte Devlin und verschwand so plötzlich aus dem Zimmer, wie er gekommen war.
In den darauffolgenden Tagen traf alsbald aus dem Zwergenreich eine Abordnung von Brautwerbern ein, die sich im Namen von Prinz Devlin um die Hand von Prinzessin Bea bewarben. Erfreut stellte König Rainer fest, dass seine Jüngste dieser Werbung mit einem strahlenden Lächeln zustimmte. Er hatte seiner Tochter noch gar nicht die geistige Reife zugetraut, über das Äußere Devlins hinweg dessen edle innere Werte erkennen zu können, die dieser zweifellos im Überfluss besaß.
Bea freute sich wirklich darüber, fast so viele Brautgeschenke zu bekommen wie Diana. Stundenlang saß sie in dem Zimmer, das all die wertvollen Geschenke beherbergte und ergötzte sich an dem Reichtum. Ihre Hochzeit mit Devlin fand am Rande der Krönungsfeierlichkeiten von Apos im Zwergenreich statt. Ihre Trauung war eine von König Apos ersten Amtshandlungen. Es berauschte Bea, ihr Gewicht in Gold und Juwelen aufgewogen zu bekommen. Dieser Umstand half ihr sogar für eine Weile über die Hässlichkeit ihres Ehemannes hinweg. Und wenn er ihr einen seiner wunderbaren Küsse schenkte, die
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