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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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Hause in ihrem alten Kinderzimmer gestanden. Darunter befanden sich allerdings auch ein paar Kartons, die nach ihrem beschämenden Rauswurf direkt von ihrem Internatszimmer auf den Dachboden gewandert waren und, dreizehn Jahre lang ungeöffnet, nun auf dem Weg in ihr Gästezimmer waren.
    Den Inhalt der ersten drei Kartons sortierte Michelle jeweils in Tüten für den Buchladen, für den Secondhandladen nebenan, für die Altpapiersammlung und den Hausmüll. Als sie bei den Kartons angelangt war, die immer noch mit Klebeband und ihrem alten Schulwappen versehen waren, hielt sie jedoch inne.
    Bevor sie das Klebeband durchschnitt und die Laschen des Kartons auseinanderklappte, holte sie erst einmal tief Luft. Als sie jedoch einen ersten Blick hineinwarf, kam ihr die Vergangenheit wie eine Woge entgegengespült.
    Obenauf lagen ihre Schulbücher aus der Oberstufe, die ihr, wenn schon nicht dem Inhalt nach, so doch von den Farben her noch vertraut erschienen. Die lilafarbenen Shakespeare-Heftchen, die steingraue Geschichte der Kunst ; alles in der Reihenfolge in die Kisten gestopft, in der die Bücher auf ihrem Regal gestanden hatten. Sie konnte sich nicht daran erinnern, die Sachen zusammengepackt zu haben, doch wer auch immer sie in die Kartons verfrachtet hatte, hatte einfach alles genommen und hineingeworfen, bis alle Spuren von Michelle Nightingale, Hauptfach Kunst, in diesem Internatszimmer beseitigt gewesen und die Kartons mit Klebeband verschlossen worden waren.
    Zu Hause dann waren die Kartons nie ausgepackt worden, da Michelle für keine Abschlussprüfung mehr hatte lernen müssen. »Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass es Michelle leider nicht mehr gestattet ist, an unsere Schule zurückzukommen und hier ihren Abschluss zu machen. Ein Wechsel an eine andere Schule dürfte eventuell zu arrangieren sein.« Mit Ausnahme der Tatsache, dass nichts dergleichen je arrangiert worden war.
    Sie bog eine Seitenlasche des Kartons weiter zur Seite und entdeckte das Stiftemäppchen, das in den Zwischenraum gestopft worden war, die Postkarten, die einfach von der Wand gerissen worden waren und an denen der Klebestreifen noch klebte, den Plan zur Wiederholung ihres Lernstoffs, bei dem erst drei Tage durchgestrichen waren. Die CDs, die achtlos hineingeworfen worden waren; Blur, Pulp, Nick Drake – Musik, die sie danach nie wieder gehört hatte, die aber nun in ihrem Kopf ertönte, wie eine Jukebox, die plötzlich zum Leben erwachte.
    1999 – in einem Umzugskarton. Ihr achtzehntes Lebensjahr, eingefroren, das jetzt darauf wartete, ausgepackt zu werden. Der Atem und das Wispern jener Monate, die aus den Buchseiten befreit werden wollten. Selbst jetzt noch – oder bildete Michelle sich das nur ein? – hatte sie den beißenden Geruch des Reinigungsmittels in der Nase, der jede Ecke des Schlafsaals durchdrungen hatte.
    Michelle klappte die Lasche zurück und brachte den Karton mit zitternden Händen wieder in den Zustand, wie er gewesen war, bevor sie das Klebeband durchschnitten hatte.
    Die anderen Tüten würde sie zum Müll und zu den Läden bringen, aber diese Kartons hier würden direkt auf den Dachboden wandern. Es gab einige Dinge, die sie einfach nicht auspacken wollte.

22

    »Als Teenager habe ich die Bücher von Francine Pascal geradezu verschlungen. Dabei habe ich mir vorgestellt, eine Zwillingsschwester zu haben, die unverschämter als ich ist, sowie einen Führerschein mit sechzehn und ein heißes Date hat, das angezogen ist wie die Typen aus Miami Vice .«
    Natalie Hodge
    M ichelle war es gar nicht gewohnt, bei ihrem Bankberater auf Granit zu beißen. Deswegen dauerte es eine Weile, bis sie begriff, dass Martin Leonard, der stets behauptete, sie sei seine Lieblingskundin, ihr auf eine recht umständliche Art und Weise zu verstehen gab, dass sie ihren Kredit nicht weiter aufstocken könne und es höchst unwahrscheinlich sei, ein Darlehen für »eine weitere Immobilie« bewilligt zu bekommen.
    Es war Juni, und Longhampton erlebte gerade eine Hitzewelle, doch die Schweißperlen auf Martins Stirn hatten mit der schwächelnden bankeigenen Klimaanlage nichts zu tun, sondern waren auf Michelles stechenden Blick und die Präsentation, die sie vorbereitet hatte, zurückzuführen. Er schob die Dokumente immer wieder hin und her und ließ sich keine Zusage entlocken.
    Nachdem bei Michelle endlich der Groschen gefallen war, irgendwo nach der Neun-Minuten-Marke, breitete sich ein dumpfes, schweres Gefühl in ihrer

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