Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
immer gleich beim ersten Mal«, erwiderte sie daher und wiederholte etwas, was sie in einer von Rorys Sonntagsbeilagen gelesen hatte. »Sei nicht enttäuscht, wenn es einige Monate dauert.«
Annas Lippen verhärteten sich zu einer schmalen Linie, die gar nicht zu ihrem sanften Gesicht passte. »Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es überhaupt passiert, wenn mir nicht zufälligerweise der Erzengel Gabriel erscheinen sollte. Phil war noch nie so erpicht darauf, Kondome zu kaufen, wie jetzt. Und wenn jemand Angst haben sollte, dass seine Frau schwanger werden könnte, greift Mutter Natur gern ein und hilft, um ganz auf der sicheren Seite zu sein.« Sie starrte zu Boden und ärgerte sich ganz offensichtlich über ihre eigene Indiskretion. Doch sie hatte sich einfach nicht bremsen können, all das preiszugeben.
»Aber die Sache mit Sarah geht doch jetzt in Ordnung für die Mädchen, oder etwa nicht? Kürzlich war Chloe nämlich im Laden und hat etwas für das Baby gekauft.«
»Ja, mit Sarah ist alles wieder im Lot, aber bei uns? Das Thema Baby ist vom Tisch. Auf unbestimmte Zeit vertagt. Wegen Phil übrigens. Die Mädchen sind dazu gar nicht erst befragt worden.«
»Anna, das ist unfair. Und sehr egoistisch.« Michelle spürte gleich sichereren Boden unter den Füßen, wenn es um Phils Verfehlungen ging. »Er kann doch nicht einfach so über deinen Kinderwunsch entscheiden!«
Anna wedelte mit der Hand. »Nein, schon okay. Dann habe ich wenigstens bei anderen Dingen nicht so ein schlechtes Gewissen. Gestern Abend habe ich zum Beispiel Chloes abgestorbene Erdbeerpflanzen weggeschmissen. Ich bin eben kein Gärtner. Und wenn er Piggy-Jos Ohren angenäht haben will, soll er sich selbst darum kümmern.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, aber ich stehe voll hinter dir!« Solidarisch reckte Michelle eine Faust, woraufhin Anna schwach lächelte.
»Was haben die Dolly -Mütter diese Woche diskutiert?«, erkundigte sich Michelle, erfreut darüber, Anna zu einer Reaktion bewegt zu haben.
» Der geheime Garten und wie unendlich viel schöner es ist, das Buch noch einmal zu lesen und die wunderbare Symbolik zu verstehen, die darin verborgen ist … der verschlossene Garten, unerwünschte Kinder, die mit Liebe gehegt werden wie Blumen …« Ihre Stimme verebbte, als ihr Michelles ausdruckslose Miene auffiel. »Ich liebe dieses Buch.«
»Schön«, schloss Michelle und schlüpfte wieder in ihre Stilettos. »Hast du genügend Verkaufsexemplare da?«
»Ja. Ich habe noch drei Stück im Hinterzimmer gefunden, die stehen schon in den Regalen bereit. Hast du die E-Mail bekommen?«, fuhr Anna fort. »Von Nicky Oliphant von der Longhampton Gazette mit der Anfrage für ein Interview für die Hobbyseite?«
»Ich dachte, du könntest dich vielleicht darum kümmern. Du bist schließlich die Geschäftsführerin.«
»Sie will uns beide haben, um aus der Perspektive unserer Freundschaft zu berichten. Du sollst ihr allerdings sagen, welches dein Lieblingsbuch ist.« Anna sah sie resignierend an. »Wenn du willst, kann ich mir auch gern etwas für dich ausdenken. Das ist wahrscheinlich nicht so wichtig.«
»Nein«, erwiderte Michelle und hatte mit einem Mal ein schlechtes Gewissen. Wenn Anna ihre Versuche aufgab, sie zum Lesen zu bewegen, dann war das ein ganz schlechtes Zeichen. »Das ist wichtig. Wir betreiben den Laden zusammen, oder? Ich habe eben nur keine Zeit zum Lesen.«
»Wie wäre es denn, wenn du dir ein Hörbuch auf deinen iPod lädst?« Annas Miene hellte sich auf. »Dann könntest du es beim Joggen hören!«
»Prima Idee.« Eine Stunde würde sicherlich schon zum Anhören reichen. Immerhin war Michelle Expertin im Bluffen.
»Was würde dir denn gefallen? Irgendwas, was du als Jugendliche gelesen hast? Jilly Cooper? Shirley Conran? Ich kann Becca gern bitten, dir etwas herunterzuladen.«
»Jilly Cooper«, erwiderte Michelle automatisch. »Hier ist mein iPod. Sag Becca, sie kann sich austoben. Aber nicht, wenn sie zu tun hat.«
Als Anna das Gerät an sich nahm, verspürte Michelle eine leichte Spannung zwischen ihnen.
»Ist mit den Abschlussprüfungen alles … in Ordnung?«, fragte sie behutsam.
»Ich denke schon.« Anna hantierte an der Bedienung des iPods herum. »Ich tue alles, damit Becca ihren Schulstoff zu Hause wiederholt und nicht etwa bei … Na, du weißt, was ich meine.« Sie hielt inne und schaute auf. »Immerhin waren wir beide auch mal jung. Und ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie
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