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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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fest.
    »Genau!«
    Sie starrte stur auf die Straße vor sich und beobachtete, wie die vertrauten Straßenschilder ihres gewohnten Alltags an ihr vorüberflogen. Die Schule, der Supermarkt, das Krankenhaus, das Stadtzentrum. Was sie schnell wieder in ihre Erziehungsrolle zurückversetzte.
    Sie mussten sich darüber einmal unterhalten. Dringend. Aber keinesfalls heute. Heute konnte Anna für nichts garantieren, was ihr über die Lippen kommen würde.

21

    »Ich würde ja gern erzählen, wie sehr mich der psychoanalytische Subtext von Wo die wilden Kerle wohnen angesprochen hat, aber in Wirklichkeit haben mir einfach nur die Bilder gefallen.«
    Matt Dunn
    E s war schon ziemlich ironisch, dachte Anna, dass sich der enorme Stress von Chloes und Beccas Klausuren letztlich doch als eine gute Sache erwies. So hatte nämlich die ganze Familie dadurch ein anderes Thema als Sarahs Baby, über das man klagen und jammern konnte.
    Es erlaubte ihr zudem ein etwas wählerischeres Vorgehen beim Abhaken ihrer niemals enden wollenden To-do-Liste. Was auch immer während Sarahs Besuch eingerastet war, hatte sich nach ihrem Abflug nicht wieder normalisiert. Und obwohl Anna sämtliche Titel von Beccas Lektüreliste gelesen hatte, um beim Abendessen mit ihr darüber diskutieren zu können, und sie Chloe erlaubt hatte, die besondere »Hirnfutter«-Diät aus dem Internet zu machen, hatte sich Anna nicht mehr die Mühe gemacht, wie früher die Socken der Mädchen in die individuellen Sockentaschen an der Rückseite ihrer Zimmertüren zu stopfen oder irgendetwas zu bügeln.
    Niemandem schien dies etwas auszumachen, mit Ausnahme von Phil, doch ihm hatte sie aufgetragen, dies auf die Aufgabenliste der Putzfrau zu setzen und ihr dafür zusätzliche 10 Pfund zu zahlen.
    »Ich kann es nicht fassen, dass du das aus Spaß liest«, stellte Becca eines Nachts fest, als sie nach unten in die Küche gelaufen kam, um sich ein letztes Glas Milch zu holen, und dort auf Anna stieß, die Jane Eyre las, anstatt die Wäsche zu falten. »Du erledigst mehr von der Lektüreliste als ich.«
    »Der Roman ist besser, wenn man anschließend keinen Aufsatz darüber schreiben muss«, erwiderte Anna. »Ehrlich. Lies ihn in fünf Jahren noch einmal.«
    »Hast du auch auf dem Dachboden nachgesehen, ob sich dort verrückte erste Ehefrauen verstecken?«, scherzte Becca und öffnete den Kühlschrank. Bei diesem Geräusch spitzten sich unter dem Tisch sofort Pongos Ohren. »Ich habe gehört, das soll der beste Ort sein, um sie loszuwerden. Hätte ich vielleicht mal Dad sagen sollen.«
    »Ich bin sicher, dass auch deine Mutter ihren ersten Ehemann am liebsten auf dem Dachboden eingesperrt halten würde«, entgegnete Anna und griff nach den Schokoladenkeksen, die sie während des Tages versteckt gehalten hatte. »Möchtest du über Jane Eyre sprechen?«
    »Lieber nicht.« Lustlos schob Becca auf der Suche nach etwas Essbarem Chloes Biojoghurts beiseite. Trotz Annas Versuchen, sie umzustimmen, hatte sie bislang noch nichts zu Abend gegessen. Chloe dagegen hatte ihre Fischfrikadellen alle aufgegessen (»Ich brauche die zusätzlichen Omega-3-Fette. Für meine Gehirnleistung.«).
    »Oder über … irgendetwas anderes?«
    Becca schloss die Kühlschranktür und kam mit ihrem Milchglas zum Tisch. Ihre Zöpfe hingen an beiden Kopfseiten herunter, und sie hatte dunkle Ringe unter den blauen Augen. Ihre alabasterfarbenen nackten Füße, die Anna abgesehen von dem giftgrünen Nagellack an ein Gänsemädchen aus einem europäischen Märchen erinnerten, schauten unten aus ihren weiten »Lernhosen« heraus.
    »Anna«, sagte Becca und setzte sich an den Tisch. »Kannst du mir eine Frage ganz ehrlich beantworten?«
    »Ich hoffe es.« Anna legte das Buch beiseite und wappnete sich.
    »Owen und ich.« Becca schien die Sache unangenehm zu sein, doch dann platzte es aus ihr heraus. »Ist es ein Problem für dich und Michelle? Also, wenn wir miteinander gehen?«
    »Bitte?« Mit der Frage hatte Anna nicht gerechnet. »Ähm, nein, natürlich nicht, es ist nur … na ja …«
    Becca sah sie mit einem stechenden Blick an, der Annas Meinung nach in einem Gerichtssaal ziemlich wirkungsvoll sein würde. Es ließ sich nicht bestreiten; das Verhältnis zwischen Michelle und ihr war nicht mehr so herzlich wie früher, aber das lag nicht einfach nur an Owen. Anna war sich nicht sicher, inwieweit Michelle verstand, wie sehr die Enttäuschung über ihre Nicht-Schwangerschaft sie bedrückte, deswegen hatte sie

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