Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
gleiche alte Shelley wie früher«, entgegnete Michelle. »Die neue Michelle.«
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und nahm all ihren Mut zusammen. Diesen Augenblick hatte sie zwar anders geplant, doch sie musste es jetzt tun, während sie noch diese Wut spürte, die durch ihren Körper wogte.
»Hast du mir darum all die Blumen geschickt? Damit ich zurückkomme und du dir dann Dads Unternehmen unter den Nagel reißen kannst?«, wollte sie wissen. »Und was sollte das mit dem Hund im Tierheim? Das war wirklich mies von dir, Harvey. Du adoptierst einen Hund , obwohl du doch genau weißt, wie sehr ich Flash vermisse?«
Wie gewohnt tat er, als habe sie ihn absichtlich missverstanden. »Warum Flash? Ich wollte einfach nur, dass du nach Hause kommst, weil du meine Frau bist und ich dich liebe!«, entgegnete er wütend. »Und weil ich mir um deine Familie Sorgen mache – die sich, nebenbei bemerkt, übrigens Sorgen um deinen Geisteszustand macht, so, wie du dich verhältst. Du meine Güte, du bist wirklich unglaublich.«
Michelle starrte ihn an; wie ein Bulle schnaufte er durch die Nase.
Eine leise Stimme hatte ihr dies schon von Beginn an zugeflüstert – dass sich nämlich ein so attraktiver und erfolgreicher Mann wie Harvey nur wegen ihrer Familie für sie interessierte und nicht wegen dem, wer oder was sie war.
»Ich finde, es ist Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen«, erklärte sie. »Ich möchte die Scheidung in die Wege leiten.«
»Wie bitte?« Der freundliche, leutselige Ausdruck in seinem Gesicht erlosch und wurde durch Verwunderung abgelöst. Eiskalte Verwunderung.
»Ich komme nicht zurück, Harvey. Es wird Zeit, sich damit abzufinden, solange wir beide noch jung genug sind, um mit Leuten, die besser zu uns passen, einen Neubeginn zu wagen.« Ihr Mund war plötzlich staubtrocken.
»Vögelst du mit einem anderen?«
»Nein!« Seine derbe Wortwahl und der Tonfall nach seiner anfänglichen Sanftmut ließen Michelle zurückschrecken.
Er beugte sich vor. »Du bist immer noch meine Frau!«
»Du wiederholst dich.« Michelle spürte, wie ihre alte Angst wiederkehrte, doch sie zwang sich weiterzureden. In diesem Restaurant war sie die Einheimische. Hier gab es keine Kellner, die ein plumpes Benehmen Harveys tolerieren würden, wie damals, als er ein großzügiges Trinkgeld gezahlt hatte, nachdem er den Teller seiner Frau jedes Mal hatte zurückgehen lassen, bevor sie Zeit gehabt hatte aufzuessen. »Ich bin schon seit Jahren nicht mehr deine Frau. Eine Scheidung ist heutzutage keine Schande mehr. Es bedeutet nur, dass wir uns auseinandergelebt haben. So etwas passiert. Keinen trifft irgendeine Schuld. Wir waren damals einfach zu jung.«
Eigentlich wollte sie noch hinzufügen: »Na ja, ich wenigstens«, traute sich dann aber nicht mehr.
Harvey schaute fort, als könne er ihren Anblick nicht mehr ertragen. Michelle fragte sich schon, ob sie vielleicht zu weit gegangen war und ihn verletzt hatte. Doch dann drehte er sich wieder zu ihr um. »Wenn du glaubst, dass die Männer Schlange stehen, um mit dir auszugehen, dann denk noch einmal gut nach. Anständige Männer, meine ich. Männer, denen es nicht egal ist, mit wem sie zusammen sind.«
Bei dieser fiesen Gemeinheit zuckte Michelle zusammen.
»Hast du dir darüber schon einmal Gedanken gemacht?«, fuhr er hämisch fort. »Was passiert wohl, wenn du ihnen von deiner Vergangenheit erzählst? Denn das wirst du tun müssen. Du musst das alles noch einmal durchmachen, jedes einzelne Detail.«
»Das werde ich nicht. Das spielt keine Rolle mehr. Denn es hat nichts damit zu tun, wer ich heute bin.« Ihre Stimme zitterte, und sie presste ihre Fingernägel tief in die Handflächen.
»Täusch dich mal nicht«, entgegnete Harvey, faltete die Hände und weidete sich an ihrem Unwohlsein, nachdem er die Situation nun wieder unter Kontrolle hatte. »Frauen sind wie Autos, Michelle. Bevor Männer beim Kauf zuschlagen, wollen sie wissen, ob alles scheckheftgepflegt ist. Ob alle Stempel ordnungsgemäß vorhanden sind, ob alles getestet ist. Alles muss sauber und ordentlich sein. Denn wer will schon eine olle, klapprige Mühle, die zu viele Kilometer auf dem Kasten hat? Und in irgendeiner Hinterhofgarage gestanden hat?«
Er fixierte sie, und sie hatte noch nie einen so gehässigen, niederträchtigen Blick gesehen.
»Du kannst die Details vielleicht überspringen«, fuhr er erbarmungslos fort. »Doch Männer haben ein Gespür dafür. Wir können schon eine Meile
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