Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
Bemerkung nicht verkneifen. »FSI-Direkteinspritzer.«
»Ah, der Turbolader. Interessant.« Er nickte anerkennend. »Sparsam im Verbrauch, aber doch kraftvoll in den unteren Drehzahlbereichen und mit einem zusätzlichen Turbokick in den höheren Bereichen. Hattest du noch keine Probleme mit dem Turboloch?«
»Das ist uninteressant, Harvey«, unterbrach ihn Michelle, bevor er ihr einen Vortrag über moderne Motorentechnologie halten konnte. Sie versuchte, sich nicht über sein überraschtes Gesicht zu amüsieren, als sie seinen Vorstoß unterband. »Jedenfalls für alle, die keine Autofanatiker sind.«
Pathetisch hob er die Hand. »Das bin ich wohl. Schuldig im Sinne der Anklage. Und Frauen, die den Unterschied zwischen einem Turbo und einem Kompressor kennen, sind für meinen Geschmack ziemlich heiß.«
Das Kompliment hallte ihr durch den Kopf, obwohl es mehr als billig und geschmacklos war. Es war schon so lange her, seitdem das letzte Mal jemand mit ihr geflirtet hatte; denn normalerweise erstickte sie so etwas gleich im Keim. Harvey allerdings ignorierte sämtliche Warnungen.
Michelle setzte ihr Glas ab. Schon jetzt fühlte sie sich seltsam verletzlich. Dämlich, schalt sie sich. Wie dämlich muss man sein, ihn immer noch …
Sie ließ ihren Verstand den Satz nicht beenden.
»Kann ich dir etwas anvertrauen?«, fragte Harvey sanft.
»Solange es nichts Persönliches ist.« Michelle merkte selbst, wie zittrig ihre Stimme war, und griff schnell zum Stiel des Weinglases.
»Dein Dad hat mir einen Geschäftsvorschlag unterbreitet.« Er reihte sein Besteck neben dem Teller auf und richtete die Zacken der Gabel penibel auf gleicher Höhe mit der Messerspitze aus. »Deine Brüder haben kein Interesse an einer Übernahme des Autohauses.«
Das war eine Tatsache. »Nein«, erwiderte Michelle.
»Ihm liegt aber viel daran, das Unternehmen in der Familie zu behalten. Dafür hast du sicherlich Verständnis.«
»Natürlich. Aber nein. Ich möchte das Autohaus auch nicht übernehmen, falls das deine nächste Frage sein sollte.«
Harvey schaute auf. »Du bist die beste Autoverkäuferin, die er in den letzten fünfundzwanzig Jahren hatte, und auch ich beziehe mich da ein, Shelley. Ich bin überzeugt davon, dass es deinen Dad sehr glücklich machen würde, wenn du und ich das Unternehmen von ihm übernehmen würden. Eine sukzessive Übergabe über den Lauf der nächsten Jahre hinweg.«
»Du und ich?«, wiederholte Michelle.
Harvey nickte. »Du und ich. Wir sind doch ein gutes Team, und das weißt du auch. Wir könnten den Profit sogar noch verdoppeln. Das würde bedeuten, dass sich dein Vater in Ruhe aus dem Geschäft in den Ruhestand zurückziehen könnte.«
Michelle wurde schlecht. Unzählige Dinge gingen ihr durch den Kopf. Harveys verschlagene Art war so schwierig zu durchschauen. Was wollte er tatsächlich? Sie oder das Unternehmen? Hatte er etwa ihren Dad so manipuliert, dass er ihm dieses Angebot gemacht hatte, damit sie zu ihm zurückkam? Oder war er nur aufs Geld aus und brauchte sie an seiner Seite, um die Sache durchzuziehen?
»Dann könnte deine Mum auch aufhören, sich andauernd Sorgen zu machen«, fuhr er fort, unfähig, ihre Miene zu deuten. »Du weißt, wie sehr es sie freuen würde, wenn wir diese leidige Sache endlich hinter uns lassen und ihr weitere Enkelkinder schenken könnten. Darüber würde übrigens auch ich mich sehr freuen, wenn du es genau wissen willst.« Er zwinkerte ihr zu, sein Gesichtsausdruck ganz der kuschelige, leutselige Teddybär. »Komm schon, Shelley, wir sind doch schließlich erwachsen. Da kannst du ruhig zugeben, wenn du einen Fehler gemacht hast! Du hast jetzt lange genug Zeit gehabt, um auf eigenen Beinen zu stehen. Der Laden ist ja wirklich nett, aber er kann dir einfach nicht die gleichen Möglichkeiten bieten wie das Händlernetz deines Vaters. Komm nach Hause.«
Plötzlich hatte Michelle ein klares Bild vor Augen: Harvey, der in einem noch teureren Anzug im Büro ihres Vaters thronte und alle Mitarbeiter durch die Gegend scheuchte. Sie in einer Schürze saß allerdings zu Hause und wurde andauernd bedrängt, die Babypfunde zu verlieren, »weil ich es hasse, wie du dich gehen lässt«.
»Und wie passe ich da ins Bild?«, fragte sie angespannt, um ihn auf die Probe zu stellen. »Als Co-Geschäftsführerin? Als Miteigentümerin?«
Harveys Lächeln erlosch. »Verhandelst du gerade mit mir? Du bist immer noch die gleiche alte Shelley wie früher, was?«
»Nicht die
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