Der Prinz und der Soeldner
Vorsichtsmaßnahme mit der Kette verfallen würde, was ihn letztendlich fast umgebracht hätte.
Höchstenfalls war dies ein Fall für die Sicherheitsabteilung der Streitkräfte, schon das war schlimm genug, oder für normale Bestrafung.
Er ließ seine Zehen über die Kante des Bettes baumeln, das in einer Reihe von Betten im leeren Lazarett stand, und schob die letzten Bissen seines Essens auf dem Tablett hin und her. Der Sanitäter kam wieder herein und warf einen Blick auf die Essensreste.
»Fühlen Sie sich jetzt wohl, Sir?«
»Gut«, sagte Miles mürrisch.
»Sie haben aber nicht aufgegessen.«
»Das tu ich oft nicht. Ich bekomme immer zu viel.«
»Jawohl, ich glaube. Sie sind ziemlich … hm …« Der Sanitäter gab eine Notiz an seinem Berichtspanel ein, beugte sich dann über Miles, um seine Ohren zu untersuchen, und bückte sich, um die Zehen zu prüfen, indem er sie mit erfahrenen Fingern herumdrehte. »Es sieht nicht so aus, als würden Sie hier irgendwelche Teile verlieren. Sie haben Glück.«
»Behandeln Sie viele Erfrierungen?« Oder bin ich der einzige Idiot?
Der gegenwärtige Augenschein legte diesen Gedanken nahe.
»Oh, wenn erst mal die Rekruten ankommen, dann ist es hier bald knüllevoll. Erfrierungen, Lungenentzündungen, Knochenbrüche, Quetschungen, Gehirnerschütterungen … hier wird es richtig lebhaft, wenn mal der Winter gekommen ist. Von Wand zu Wand lauter Idi … – Rekruten, die Pech gehabt haben. Und ein paar vom Pech getroffene Instruktoren, die sie mit sich mitgerissen haben.« Der Sanitäter stand auf und tippte ein paar weitere Eingaben an seinem Panel ein. »Ich fürchte, ich muss Sie nun als genesen eintragen, Sir.«
»Sie fürchten?« Miles hob fragend seine Augenbrauen.
Der Sanitäter richtete sich auf und nahm unbewusst die Haltung eines Mannes an, der offiziell eine schlechte Nachricht zu überbringen hat. Dieser alte Gesichtsausdruck, von ›Man hat mich beauftragt Ihnen dies zu sagen, es ist nicht meine Schuld‹.
»Sie sollen sich im Büro des Kommandanten melden, sobald ich Sie hier entlasse, Sir.«
Miles erwog einen plötzlichen Rückfall. Nein. Es war besser, die unangenehmen Dinge hinter sich zu bringen. »Sagen Sie mir, Sanitäter, hat jemals zuvor jemand ein Scatcat versinken lassen?«
»Oh, sicher. Die Rekruten verlieren fünf oder sechs in jeder Saison. Dazu noch ein paar kleinere Schäden. Die Techniker werden richtig stocksauer deshalb. Der Kommandant hat ihnen versprochen, das nächste Mal würde er … hm.« Der Sanitäter verstummte.
Wunderbar, dachte Miles. Ganz großartig. Er sah nun, was auf ihn zukam. Ja, ganz gewiss sah er das.
Miles eilte zurück zu seiner Unterkunft, um schnell seine Kleider zu wechseln, denn er vermutete, dass Lazarettkleidung für das bevorstehende Gespräch nicht passend wäre. Er bemerkte sofort, dass er sich in einer Klemme befand. Seine schwarze Arbeitsuniform erschien ihm zu leger, seine Ausgehuniform, zu formell als Dienstkleidung irgendwo außerhalb des Kaiserlichen Hauptquartiers in Vorbarr Sultana. Die Hosen seiner Interimsuniform und seine Halbstiefel befanden sich noch auf dem Grund des Sumpfes. Er hatte von jeder Uniformausführung nur ein Exemplar mitgebracht, seine Ersatzkleidung war noch nicht eingetroffen, vermutlich war sie noch unterwegs.
Er war auch nicht in der Lage, sich eine von einem Kameraden auszuborgen. Seine Uniformen wurden privat für ihn maßgeschneidert und kosteten etwa viermal soviel wie die von den Streitkräften gestellte Kleidung. Ein Teil dieser Kosten entstand durch das Bemühen, sie äußerlich vom maschinellen Schnitt ununterscheidbar zu machen und gleichzeitig durch die Geschicklichkeit manueller Schneiderei die Eigentümlichkeiten seines Körpers teilweise zu verbergen. Er fluchte leise und zog seine grüne Ausgehuniform an, dazu spiegelblanke Stiefel, die bis zu den Knien reichten. Wenigstens machten die Stiefel die Beinschienen überflüssig.
General Stanis Metzov , stand auf dem Schild an der Tür, Standortkommandant . Miles war seit ihrem ersten unglücklichen Zusammentreffen dem Standortkommandanten geflissentlich aus dem Weg gegangen. In Ahns Gesellschaft war das nicht schwer, obwohl in diesem Monat die Besatzung von Kyril reduziert war, Ahn ging jedermann aus dem Weg.
Jetzt wünschte sich Miles, er hätte sich mehr bemüht, mit seinen Offizierskameraden in der Messe ins Gespräch zu kommen. Es war ein Fehler gewesen, dass er sich erlaubt hatte, isoliert zu bleiben,
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