Der Prinz von Atrithau
schweifen und sah undeutlich Fresken an der Wand und dunkle Teppiche auf dem Fußboden. Würde der Ort schlichter wirken, so fragte er sich, wenn sie seine Leiche in blutigen Laken fänden?
Befehle. Sie konnten eine Stimme in eine Armee verwandeln und einen Atemzug in Blut.
Denk daran, wie lange du dies gewollt hast!
Er verspürte Furcht und Hochgefühl zugleich.
Du bist ein praktischer Typ. Stich zu und fertig!
Conphas stöhnte, bewegte sich unter den Laken, machte blinzelnd die Augen auf, starrte Martemus mit dumpfem Unverständnis an und sah dann das Messer.
»Martemus?«, stieß der junge Mann hervor.
»Wahrheit«, sagte der General mit heiserer Stimme und ließ sein Messer niederfahren.
Doch etwas blitzte auf, und obwohl sein Arm weiter im Bogen abwärts stieß, fiel seine Hand zur Seite weg, und das Messer rutschte aus Fingern, die keine Nerven mehr besaßen. Verblüfft hob Martemus den Arm und starrte entsetzt auf den Stumpf seines Handgelenks. Blut lief ihm den Unterarm herunter und tropfte von seinem Ellbogen.
Er fuhr herum und sah im Halbdunkel einen glitzernden Dämon mit verbrannter Haut stehen, dessen Gesicht sich in alle Richtungen ausdehnte, als bestünde es aus Tentakeln, an deren Enden Taschenkrebse saßen…
»Dieser verdammte Dûnyain«, stieß das Gesicht hervor.
Dann ging etwas durch Martemus’ Hals. Etwas Scharfes…
Als Martemus’ Kopf von der Matratzenkante ins Dunkel sprang, hatte er noch einen lebendigen Gesichtsausdruck. Zu entsetzt, um zu schreien, kroch Conphas aus den Laken und von der Gestalt weg, die den General getötet hatte und nun ins Finstere einer fernen Ecke zurückwich. Für den Bruchteil einer Sekunde aber hatte Conphas etwas Nacktes und Alp traumhaftes gesehen.
»Wer bist du?«, rief er.
»Ruhe!«, fauchte eine vertraute Stimme. »Ich bin’s!«
»Sarcellus?«
Das Entsetzen ließ etwas nach, doch das Erstaunen blieb.
Ist Martemus wirklich tot?
»Das ist ein Alptraum!«, rief Conphas. »Ich schlafe noch!«
»Ihr schlaft nicht – das versichere ich Euch. Aber Ihr wart nahe dran, nie mehr aufzuwachen…«
»Was ist geschehen?« Mit weichen Knien kam Conphas um sein Bett herum und stand nackt neben der zusammengesunkenen Gestalt seines Generals, der noch immer Felduniform trug. »Martemus?«
»Er hat zu ihm gehört«, sagte die Stimme aus dem Dunkel.
»Zu Prinz Kellhus«, meinte Conphas, dem die Zusammenhänge langsam dämmerten. Plötzlich war ihm alles klar, was er wissen musste: Hier war eine Schlacht geschlagen und gewonnen worden. Er lächelte so erleichtert wie bewundernd. Kellhus hatte Martemus benutzt! Ausgerechnet Martemus!
Und ich glaubte, die Schlacht um seine Seele gewonnen zu haben!
»Ich brauche eine Laterne«, stieß er hervor und setzte wieder seine gebieterische Miene auf. Was war das für ein Geruch?
»Macht kein Licht!«, rief die geisterhafte Stimme. »Mich haben sie heute Abend auch angegriffen.«
Conphas runzelte die Stirn. Lebensretter oder nicht: Sarcellus hatte kein Recht, Respektspersonen Befehle zu geben.
»Wie Ihr seht«, entgegnete er verbindlich, um keinen Undank anklingen zu lassen, »ist mein treuester General tot. Da will ich Licht haben.« Er wandte sich ab, um die Wache zu rufen.
»Seid kein Narr! Wir müssen schnell handeln, sonst ist der Heilige Krieg erledigt!«
Conphas hielt inne, sah in die Ecke, in der der Tempelritter sich verbarg, und legte den Kopf in seltsamer Neugier schief. »Sie haben Euch mit Feuer zugesetzt, was?« Er ging auf den Schatten zu. »Ihr riecht nach Schweinefleisch.«
Es polterte, als würde ein Tier fliehen, und etwas Flinkes stürmte durchs Schlafzimmer und verschwand über den Balkon.
Conphas rief nach der Wache, rannte der Gestalt nach und fegte die dünnen Gazevorhänge beiseite. Zwar konnte er in der finsteren Nacht nichts entdecken, bemerkte aber das Blut von Martemus auf seinen Armen. Dann hörte er die Wache ins Zimmer hetzen und lächelte über ihre Bestürzung.
»General Martemus«, rief er und kam von der kühlen Terrasse wieder ins Schlafzimmer, »war ein Verräter. Bringt seine Leiche zu den Wurfmaschinen und sorgt dafür, dass sie zu den Heiden geschleudert wird, wo sie hingehört. Und ruft General Sompas.«
Die Waffenruhe war vorbei.
»Und der Kopf des Generals?«, fragte der riesige Hauptmann Triaxeras mit unsicherer Stimme. »Sollen wir den auch zu den Heiden schleudern?«
»Nein«, sagte Ikurei Conphas und schlüpfte in den Umhang, den ihm einer seiner
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